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König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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Er war einfach nur innerlich zerrissen.
    „Nimm das“, sagte er. Er ergriff Judas Hand, legte etwas hinein und schloss die Finger wieder. Juda hatte nicht einmal hingesehen. Noch immer blickte er starr und teilnahmslos vor sich hin.
    „Wie willst du es bewerkstelligen?“, fragte der Sekretär des Kajafas.
    Für einen kurzen Moment wachte Juda aus seiner Starre auf.
    „Ich werde euch durch das Pilgerlager direkt zu ihm führen“, stammelte er. „Er lagert immer ein wenig abseits, weil er oft nachts noch einmal durch die Gegend streift. Keiner von uns weiß, was er dann macht… Ich führe euch hin und zeige ihn euch.“
    „Woran erkennen wir, welcher der Richtige ist?“
    Juda schluckte. Seine Kehle fühlte sich plötzlich rau an und schmerzte. „Ich… ich werde ihm den Friedenskuss geben, zum Zeichen unserer Versöhnung. Daran sollt ihr ihn erkennen.“
    Eljoënai starrte ihn fasziniert an. Dann nickte er.
     
    Wenig später kam Juda Iskariot aus dem Amtssitz des Kajafas gestolpert. Er blieb vor der Tür stehen und schloss einen Augenblick die Augen. Seine Lippen waren fest aufeinander gepresst, seine Fäuste geballt. Als er schließlich die Augen wieder öffnete, sah er sich wie jemand um, der nicht weiß, wie er an diesen Ort gekommen ist. Er blinzelte in die Sonne und erneut lief eine einzelne Träne seine Wange hinab.
    Dann hob er zitternd seine rechte Hand. Er öffnete die Finger und blickte beinahe ungläubig auf die silbernen Geldstücke, die auf seiner Handfläche lagen. Dreißig Silberlinge, der Preis für seine Seele. Mehr war sie nicht wert gewesen.
    Juda schauerte. Dann ließ er die Geldstücke achtlos fallen und stolperte davon.

Asasels Geheimnis
     
    Der Kampf auf dem Dach der alten Kirche von Stratton nahm eine ungute Wendung. Innerhalb weniger Augenblicke standen nun sieben Geister in ihrer menschlichen Gestalt vor Raphael. Keiner von ihnen würde ihn angreifen, dafür waren sie nicht mächtig genug. Doch ohne Hilfe würde er sie nicht in die Geisterwelt zurückschicken können.
    Das einzig Positive war, dass die sieben Geister einstweilen keine neuen Geister herbeirufen konnten, denn Raphael stand direkt vor ihnen. Keines der kleinen, formlosen Seelenlichter, welches vom Boden des Friedhofs an den Mauern der Kirche emporzuschweben versuchte, kam an ihm vorbei. Er drängte die sieben vor sich gegen die Wand des Kirchturms und schirmte sie zugleich mit seinen weit ausgebreiteten Flügeln vor den anderen ab. Niemand würde an ihm vorbeikommen. Niemand.
    Und dennoch war die Situation für ihn nicht zu gewinnen. Griff er einen der Geister vor sich an, würde ihm das jedes Mal so viel Energie entziehen, dass einige der Geisterlichter an ihm vorbeischlüpfen könnten, während er sich regenerierte.
    „Wir müssen ihm helfen!“, schrie Eleanor. Er kann sie nicht allein besiegen. Dafür sind es zu viele.“
    „Was sollen wir denn tun?“, rief Michael zurück. „Wir haben keinerlei Möglichkeiten, in diesen Kampf einzugreifen.“
    Eleanor schrie erneut vor Qual auf, als sie nach oben blickte und sah, wie einer der Geister erfolglos an Raphael vorbei durchzubrechen versuchte. Es war ein junges Mädchen, dessen leuchtende Gestalt dort oben an ihm vorbeilaufen wollte. Er hatte sie jedoch gesehen und trieb sie nun mit einigen mächtigen Flügelschlägen vor sich her zurück in die Gruppe der anderen sechs Geister. Das Mädchen schrie voll Angst auf, als eine seiner Schwingen ihr zu nahe kam. Um nichts in der Welt wollte sie von ihm berührt werden und ihre wiedergewonnene menschliche Gestalt einbüßen.
    „Mein Gott. Das ist Elizabeth!“, hauchte Eleanor erschrocken.
    „Was? Das Mädchen aus Stratton Hall?“, fragte Michael. „Die, die uns hierher geführt hat?“
    Eleanor schlug die Hände vor dem Mund zusammen und nickte stumm. Sie spürte, wie ihre Augen feucht wurden. Dann rollten die ersten Tränen über ihre Wangen.
    „Er darf ihr ihren Körper nicht nehmen“, schluchzte sie. „Sie hat so lange auf diesen Augenblick gewartet.“
    „Er muss es tun!“, widersprach Michael erregt. „Sie wird alle anderen berühren und sie in die Menschenwelt holen. Und dann gibt es keine Chance mehr, diesen Irrsinn zu beenden!“
    „Aber das ist Elizabeth!“, schrie Eleanor auf. „Sie ist nicht wie all die anderen. Sie ist nicht böse und sie hätte eigentlich gar nicht hier sein sollen!“
    Sie wollte auf die Kirche zulaufen, doch Michael erkannte ihre Absicht und stellte sich ihr in den Weg. In

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