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König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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es nicht aus eigener Kraft aus der Finsternis zu mir schaffst, werde ich dir jemanden schicken. Dann sende ich dir einen Begleiter, der dich dort herausbringt. Du hast mein Wort! Ich schwöre es dir!“
    Judas Schluchzen erstarb und er hob den Blick. Es war noch nicht lange her, dass Jeshua den Menschen in einer Predigt schlichtweg verboten hatte, zu schwören.
    ‚Ich aber sage euch: ihr sollt überhaupt nicht schwören, denn das ist dem Herrn ein Gräuel“ hatte er gesagt. Nun aber gab er Juda einen Schwur.
    Juda begann unter Tränen zu lachen. Ein irres, verzweifeltes Lachen, das die Verzweiflung in ihm spiegelte und doch kaum von seinen Schluchzern zu unterscheiden war.
    „Du schwörst es mir?“, lachte er. „Wie kannst du das? Wirst du mir wirklich helfen, wenn ich in der Hölle verloren gehe?“
    „Das werde ich!“
    Judas Lachen erstarb. Er blickte Jeshua mit leerem Blick an und begann langsam den Kopf zu schütteln.
    „Ich kann das nicht“, flüsterte er. „Ich kann das einfach nicht.“
    Dann riss er sich plötzlich von Jeshua los und rannte in die Dunkelheit davon.
     
    Der Mond war schon ein gutes Stück weitergezogen, als Juda ein erstes Mal wieder tief durchatmete. Er war planlos in die Dunkelheit hinausgelaufen. Nur fort von Jeshua, fort von den anderen Jüngern und dem Pilgerlager. Jetzt sah er sich atemlos um und stellte fest, dass er im Tal von Gehenna vor den Toren Jerusalems angekommen war. Entkräftet ließ er sich auf einen großen Stein am Wegesrand niederfallen. Die Tränen waren mittlerweile versiegt, doch noch immer saß dieser heiße Klumpen aus Furcht und Verzweiflung in seinem Magen.
    Wie sollte er seine Seele der Hölle überantworten, wenn seine Angst so groß war? Nein, das würde er nie über sich bringen können.
    Aber was nun? Es wäre wohl das Beste, wenn er die Gruppe um Jeshua verließ. Das musste ja nicht bedeuten, dass er all das, was er gelernt hatte, nun für immer vergessen musste. Nach Jeshuas Lehren zu leben wäre sicher ein guter Weg. Dazu stand er nach wie vor.
    Juda atmete noch einmal tief durch. Vor sich sah er die nächtlichen Mauern Jerusalems. Morgen, wenn die Tore wieder geöffnet wurden, würde er sich dorthin begeben und Proviant für seine Reise besorgen. Er könnte in die Dekapolis gehen, wo ihn niemand kannte und wo er ein neues Leben beginnen könnte.
    „Warum bist du nicht an der Seite deines Meisters?“, erklang in diesem Moment eine Stimme zu Judas Rechten. Juda fuhr herum und sah dort, etwa zwanzig Ellen von ihm entfernt, eine unglaubliche Gestalt auf dem Weg stehen. Es war ein Engel, daran konnte es absolut keinen Zweifel geben. Er strahlte ein warmes, goldenes Licht aus, welches pulsierte und den Weg hell erleuchtete. Der Engel hatte seine gewaltigen Schwingen halb ausgebreitet und sah Juda nun aufmerksam, ja streng an.
    Juda hätte gern etwas gesagt, da der Engel ganz offensichtlich auf eine Antwort wartete, doch er brachte nicht viel mehr als ein krächzendes Geräusch heraus. Dann sank er schließlich voll Ehrfurcht auf die Knie.
    „Vergeude deine Zeit nicht“, sprach der Engel nun. „Dein Herr verlässt sich auf dich. Du hast einen Auftrag, den du erfüllen musst, damit die Mission Jeshuas zu einem Ende kommen kann.“
    „Aber Herr“, erwiderte Juda mit rauer Stimme. „Ich will nicht in die Hölle. Ich werde mir nie vergeben können, was zu tun mir aufgetragen wurde.“
    Ein unheilschwangeres Leuchten fuhr durch den Körper des Engels. Von einem Augenblick auf den anderen erstrahlte er in einem furchteinflößenden, dunkelroten Glühen. Er breitete seine Schwingen zu voller Größe aus und wirkte plötzlich riesig und bedrohlich. Wie eine Schlange auf den Hasen bewegte er sich mit starrem Blick auf den völlig verängstigten Juda zu und blieb nur wenige Zentimeter vor ihm stehen. Er beugte sich zu dem schlotternden Menschen hinab und flüsterte drohend.
    „Willst du den Willen deines Herrn in Frage stellen? Willst du dich deiner Bestimmung entgegenstellen?“
    Juda krümmte sich vor Angst. „Nein“, greinte er. „Aber ich will nicht sterben.“
    „Der Tod ist dir sicher, wenn du dich gegen deinen Herrn stellst. Dann ist deiner Seele die Verdammnis bis in alle Ewigkeit vorherbestimmt!“
    Juda brach weinend zusammen. Unter Tränen streckte er seine Hände flehend aus, er wand sich und wimmerte.
    „Du weißt, was du zu tun hast“, zischte der Engel voll Abscheu. Er blickte den Menschen an, als sei dieser ein widerliches Insekt.

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