König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
Ein ekliger Käfer, den er am liebsten totgetreten hätte.
„Geh jetzt und erfülle deinen Auftrag.“
„Herr…“, schluchzte Juda noch einmal.
„Geh, oder du bist des Todes! Gleich hier und jetzt!“, brüllte der Engel. Die Sterne schienen sich für einen Augenblick zu verdunkeln und ein eiskalter Wind fegte aus der Wüste in Judas Gesicht, legte sich um seinen Körper, drang in seine Knochen und vertrieb jedwede Wärme aus ihm. Vor den Füßen des Engels krümmte er sich vor Schmerz.
„Eine Berührung von mir und du verbrennst langsam und qualvoll“, fauchte der Engel. „Du wirst nicht vor mir fliehen können und du wirst dich nicht wehren können.“
Vollkommen verängstigt blickte Juda hinauf in das Gesicht des Engels. Es wirkte unsagbar zornig und aufgebracht, furchteinflößend und gewalttätig. Unbeholfen rappelte Juda sich auf und stolperte einige Schritte zurück. Dann wandte er sich um und rannte, so schnell ihn seine Beine trugen auf das Stadttor Jerusalems zu.
Asasel sah ihm hinterher bis er außer Sicht war. Dann stahl sich ein hämisches Grinsen auf sein Gesicht. Mochte Jeshua doch seinen abstrusen Plan durchführen. Mochte er doch darauf bestehen, dass die Menschen ihre Welt und ihre Seelen selbst retteten. Asasel glaubte nicht daran. Die Menschen waren schwach. Man könnte ihnen die Lösung all ihrer Probleme auf einem silbernen Tablett reichen, so wie Jeshua es plante, und dennoch würden sie nichts begreifen. Sie würden sich nie richtig verhalten, denn sie wurden allein von Habgier, Hass und Gewalt bestimmt. Die meisten von ihnen waren blind und würden es bleiben. Aber wenn Jeshua es so haben wollte, wenn er einen grausamen Tod und die Vernichtung seines Lebenswerkes einem schnellen und umfassenden Erfolg vorzog, dann sollte er es so haben.
Asasel ballte zornig die Fäuste und dachte voll Zorn an Jeshua. Nie wieder würde er einem Menschen so vertrauen, wie er ihm vertraut hatte. Jeshua sollte den Tod bekommen, den er sich gewünscht hatte. Sollte er doch leiden…
Am Morgen vor dem Tag des Passah-Festes waren die Menschen in Jerusalem früh wach. Heute würde die Stadt voller als gewöhnlich sein, denn schon in den vergangenen Tagen waren die Pilger aus dem ganzen Land hierher geeilt, um sich in den zahlreichen Herbergen der Stadt einzumieten, oder hier lebende Verwandte mit ihrem Besuch zu belästigen. Die Stadt war vollkommen überfüllt, es war heiß, staubig und fliegenverseucht. An den öffentlichen Stätten, die für die Reinigung vorgesehen waren, wie dem Teich Bethesda, drängten sich die Besucher, um sich vor dem Besuch im Tempel rituell von Unreinheiten zu säubern und so in den Tempel vorgelassen zu werden. Glücklicher dran waren die Einheimischen, die ihre Waschungen zu Hause verrichten konnten.
Die Sonne ging gerade erst auf, doch das Chaos begann bereits auszubrechen, in einigen Stunden würde es mörderisch sein. Zahlreiche Menschen strömten schon jetzt festlich geschmückt durch die Straßen, besuchten die vielen Gebetshäuser, kauften die letzten Zutaten für das traditionelle Passah-Mahl oder trafen sich zu größeren Gruppen, um gemeinschaftlich den Tempel aufzusuchen. Römische Patrouillen kontrollierten das Stadtgebiet, um jede mögliche Erhebung der Juden sofort im Keim zu ersticken. Bei so großen religiösen Festen konnte man sich nie sicher sein, dass die Begeisterung der Gläubigen nicht plötzlich und schlagartig in religiösen Fanatismus und offene Rebellion umschlug.
Auch Marcus Tullius Longinus war sich dessen nur zu wohl bewusst. Er stand mit seinen Kameraden der zweiten Kohorte am südlichen Stadttor unweit der Quelle von Siloah Wache.
Jeder wurde von ihm und seinen Jungs genauestens gemustert, wenn er in die Stadt wollte. Die Anweisung, etwaige Ruhestörer auszusondern, war von ganz oben gekommen und wurde nun aufs Genaueste befolgt. Man achtete auf jedes Gesicht, das irgendwie ungewöhnlich aussah und Ärger versprach. An der Kohorte des Longinus kam niemand so einfach vorbei.
So fiel die Gestalt des jungen Mannes sofort auf, die sich unmittelbar nach Sonnenaufgang dem Stadttor näherte. Schon von weitem bemerkte Longinus, das mit dem Mann etwas nicht stimmen konnte. Er wankte, torkelte beinahe und schien desorientiert. Als er sich näherte, erkannte Longinus den gequälten Ausdruck auf dem Gesicht des Mannes. Die tiefen Ringe unter seinen Augen und die verschmierten Wangen zeugten von den Tränen, die er vergossen haben musste. Er
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