König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
warf Eleanor ein.
Turiel lachte auf. „Mit ‚Wir‘ meinst du ja wohl uns!“ Er zeigte aufgebracht auf Raphael und sich selbst. „Wie stellst du dir das vor? Es ist nicht so leicht einen Engel zu überwachen, wenn er es nicht zulassen will.“
„Ich denke, dass du recht hast mit dem, was du vorhin gesagt hast“, mischte Raphael sich nachdenklich an Turiel gewandt ein. „Wir sind ihm auf die Schliche gekommen. Er wird davon ausgehen, dass er nun beobachtet wird und wahrscheinlich so schnell keinen neuen Versuch starten.“
„Und wenn er es doch tut?“
Ein unangenehmes Schweigen folgte. Turiel wusste genau, was er sagte. Asasel gewähren zu lassen, war ein viel zu hohes Risiko. Ein Risiko, das man unmöglich akzeptieren konnte.
„Was, wenn ihr andere Engel mobilisiert, um ein Auge auf ihn zu werfen?“, fragte Michael.
„Warum sollte einer von ihnen uns helfen?“, murrte Turiel.
„Aus demselben Grund, aus dem du uns geholfen hast: weil du wusstest, dass der Tag des Jüngsten Gerichts nur von Gott bestimmt werden darf. Nicht von einem Engel, der dieser Welt entfliehen will.“
Turiel stutzte, dann nickte er bedächtig. „Du dürftest recht haben, Menschlein. Wir könnten sicher genug Engel mobilisieren, um Asasel zu beobachten…“
„Willst du dich darum kümmern?“, fragte Raphael.
Turiel nickte. Wortlos erhob er sich und ging durch die Kirche davon. Seine Füße schienen den steinernen Boden kaum zu berühren, so gleitend waren seine Bewegungen. Langsam wanderte sein goldener Lichtschein den dunklen Hauptgang des Kirchenschiffes entlang und verschwand schließlich hinter der Tür. Die drei sahen ihm nach, bis sein Licht verschwunden war.
„Meint ihr, wir können uns auf ihn verlassen?“, fragte Eleanor verunsichert.
„Wir müssen es. Eine andere Wahl haben wir nicht“, erwiderte Raphael mit fester Stimme. Dann erhob auch er sich und sah die beiden anderen auffordernd an. „Es ist Zeit zu gehen.“
Die drei verließen die Kirche und gingen über den Friedhof zurück ins Dorf. Von Turiel war bereits nichts mehr zu sehen. Das Unwetter hatte sich verzogen, es regnete kaum noch, allein weit im Osten loderten vereinzelt Lichtblitze in der Nacht, wo das Gewitter sich jetzt austobte. Nichts erinnerte hier in Stratton mehr an die Geschehnisse der letzten Stunde. Das Meer der düsteren Seelenlichter war verschwunden und der Friedhof lag friedlich und verlassen in der Dunkelheit.
„Was ist mit Elizabeth geschehen?“, fragte Michael, während sie das kleine schmiedeeiserne Friedhofstor passierten. Doch weder Raphael noch Eleanor antworteten ihm.
„Was habt ihr?“, fragte Michael noch einmal. „Warum sagt ihr nichts?“
„Es geht ihr gut“, antwortete Raphael ausweichend.
Verwirrt blickte Michael zu Eleanor. „Und das heißt…?“
„Nun… sie…“, begann Eleanor. Doch Raphael wies in diesem Augenblick die Straße hinab auf das Haus der Familie Jones und unterbrach sie.
„Was machen wir jetzt mit dir, Michael?“, fragte er. „Neben Lilith wissen jetzt schon zwei Engel von deiner Gabe. Beide können dir potentiell gefährlich werden. Turiel ebenso wie Asasel. Im Augenblick mag Turiel auf unserer Seite sein, weil er nicht zulassen will, dass Asasel die Toten aus der Qual ihrer Welt entlässt. Für ihn ist es das Größte, die Toten weiter leiden zu lassen. Aber das bedeutet nicht, dass er sich nicht gegen dich wendet, wenn er den Augenblick für geeignet hält.“
„Ich weiß“, erwiderte Michael. „Ich bin kaum sicher, wenn ich jetzt nach Hause gehe. Außerdem muss ich damit rechnen, dass dieser üble Geist wieder da ist…“
„Du meinst Jonathan?“
„Sein Name ist Jonathan?“
„Jonathan Towers. Er lebt seit etwa zweihundertfünfzig Jahren in eurem Haus. Hat seine Ehefrau umgebracht. Mit einer Axt.“
„Woher weißt du das plötzlich?“
„Er war einer der Toten, die ich auf dem Dach eliminiert habe. Als ich ihn während des Schlages berührte, habe ich alles über ihn erfahren.“
„Das geht?“
„Ja, ich war selbst erstaunt. Schließlich habe ich so etwas vorher noch nie getan. Aber als ich ihre Energien absorbierte, strömten jede Menge Emotionen und Gedanken zu mir hinüber. Es war ein wenig so, als wenn ihr gesamtes Leben vor meinem inneren Auge abliefe. Im Falle von Jonathan Towers kein angenehmes Erlebnis.“
„Das klingt wie das, was Leute erzählt haben, die dem Tod gegenüberstanden“, schaltete sich Eleanor interessiert ein. „Sie sagten
Weitere Kostenlose Bücher