König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
sank er kraftlos vor Jeshua auf die Knie.
„Warum denkst du, dass ich dich heilen kann?“, fragte Jeshua verblüfft.
Der Aussätzige sah mit blindem Blick empor. „Ich weiß nicht, ob du von Gott gesandt wurdest“, röchelte er. „Aber ich weiß, dass nur Gott die Macht hat, mich zu retten. Wenn du von Gott kommst, kannst du mich heilen. Du… du kannst es…“
Ein Lächeln zog sich über Jeshuas Gesicht. Er streckte die Hand aus und berührte den stinkenden, faulenden Körper des Mannes.
„Sei geheilt!“, sagte er sanft.
Ein Zucken ging durch den kranken Körper des Mannes zu Jeshuas Füßen. Dann fiel jede Spannung von seinem Körper ab und er sank in sich zusammen. Eine Weile schien er nichts weiter als ein übergroßes Lumpenbündel zu sein. Dann jedoch kam plötzlich wieder Bewegung in ihn und er hob langsam den Kopf. Ein Schrei zerriss die angespannte Stille auf dem Platz und eine Frauenstimme schrie: „Seht doch! Seht doch sein Gesicht!“
Ein Aufruf des Erstaunens ging durch die Menge, als sie das Gesicht des Kranken sahen. Vor ihrer aller Augen verheilte seine Haut in einer unglaublichen Geschwindigkeit. Seine Nase bildete sich vollkommen neu, ebenso seine Finger, Zehen und Zähne. Das graue, verfilzte Haar, von dem nur einige wenige Büschel geblieben waren, färbte sich erneut tiefschwarz und wuchs voll und üppig nach. Nur wenige Augenblicke später kniete ein junger Mann vor Jeshua und sah dankbar zu ihm hinauf.
„Ich danke euch, Herr!“, stammelte er. „Ich danke euch!“
„Dein Glaube hat dir geholfen“, sprach Jeshua freundlich, während er seine Hand auf den Kopf des Mannes legte. Dann wandte er sich an die staunende Menge. „Dieser Mann war blind und doch hat er mehr gesehen als ihr alle!“, rief er.
Eine Frau sank vor Jeshua zu Boden. „Du bist von Gott gesandt“, sagte sie ehrfürchtig. „Verzeih, dass wir dich nicht erkannt haben.“
Auf einem der Dächer Bethaniens oberhalb des kleinen Platzes stand Asasel und blickte auf die Szene unter sich. Anerkennend nickte er, dann jedoch legte er den Kopf schief. Nie zuvor hatte er einen Menschen so etwas tun sehen, wie das, was Jeshua soeben getan hatte. Es konnte keinen Zweifel geben – Gott hatte Jeshua Macht verliehen. Das aber musste heißen, dass Jeshua tatsächlich gegen das Böse in der Welt ankämpfen sollte. Konnte es dann falsch sein, wenn Asasel Jeshuas Weg folgte? Asasel lächelte still. Ja, es schien tatsächlich, als sei ein neues Zeitalter für Menschen und Engel angebrochen. Ein Zeitalter, das den gefallenen Engeln vielleicht endlich Erlösung bringen könnte. Er atmete tief durch. Der Duft von Oliven und gekochtem Fisch lag in der Luft, dazu das trockene Aroma der Wüste. In diesem Augenblick fühlte er sich wie von einer großen Last befreit. Er schlug ein paar Mal mit den Flügeln, um durch das peitschende und rauschende Geräusch Jeshuas Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Tatsächlich blickte Jeshua zu ihm hinauf und die beiden tauschten ein kurzes Lächeln. Niemand hatte Asasels Anwesenheit wahrgenommen. Niemand hatte bemerkt, dass ein Engel an diesem Ort war.
…
Die Unbeschwertheit, mit welcher der Tag begonnen hatte, war dahin, seit Raphael auf dem Jahrmarkt von Bude schlagartig so merkwürdig geworden war.
„Lilith? Wer ist Lilith?“, wisperte Eleanor zu Raphael hinauf, damit Michael und Bess nichts von dem mitbekamen, was gerade geschehen war.
„Nicht hier!“, flüsterte Raphael zurück. „Geh einfach weiter und tu so, als ob nichts weiter wäre.“
„Das fällt mir verdammt schwer. Du hättest dich mal eben erleben sollen. Ich hätte nicht geglaubt, dass irgendein Lebewesen auf dieser Welt eine solche Reaktion in dir auslösen könnte.“
„Geh einfach weiter und genieße den Tag“, wiederholte Raphael, indem er Eleanor sanft weiterschob. „Ich bin bei dir. Dir wird nichts geschehen.“
Unsicher sah Eleanor sich in der Hoffnung um, die Person namens Lilith zu entdecken, vor der Raphael sich offenbar erschreckt hatte. Doch konnte sie in der Menge um sich herum niemanden erkennen, der furchteinflößend oder doch zumindest ungewöhnlich genug ausgesehen hätte, um Raphaels Reaktion zu erklären. So ging sie zögernd weiter, achtete aber nun verstärkt darauf, den Kontakt zu Raphael in ihrem Rücken nicht zu verlieren.
Bess und Michael schienen nichts mitbekommen zu haben. Sie lachten und alberten noch immer so unbeschwert und fröhlich herum, dass Eleanor begann, sie um
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