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König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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in Stratton aus dem Bus, von denen zwei still und in sich gekehrt schienen, während die beiden anderen gelöst und in bester Stimmung waren. Eleanor lachte und rannte ausgelassen einige Meter hinter Michael her, der ihr nach einem Scherz einen spielerischen Schubs verpasst hatte und dann geflüchtet war. Sie hatte ihn schnell eingeholt und revanchierte sich fröhlich mit einem Rempler, der ihn beinahe in eine Hecke beförderte. Bess nahm diese Szene mit einem säuerlichen Grinsen zur Kenntnis, während sie den beiden folgte. Raphael hingegen nahm seine Umwelt kaum noch war. Er hatte sich so gänzlich in sich selbst zurückgezogen, dass er mit abwesendem Blick hinter den dreien einherging und auf nichts länger achtete. Es hatte leicht zu Nieseln begonnen und die graue, nasse Straße schlängelte sich wie ein dunkles Band unter einem bewölkten Himmel durch die grünen Wiesen auf den Wald zu, hinter dem Stratton Hall lag.
    Michael und Bess verabschiedeten sich von Eleanor und Raphael am Ortsausgang von Stratton. Michael mit einem Ausdruck des Bedauerns und zugleich dem Lächeln eines Siegers, der die Angebetete endlich erfolgreich auf sich aufmerksam gemacht hatte. Bess hingegen war nach ihrer erfolglosen Rückfahrt an der Seite Raphaels ungeduldig und wollte nach Hause, um dem sich ankündigenden Regen zu entkommen. Die Verabschiedung fiel jedoch allseits herzlich aus, selbst Michael raffte sich zu einem kollegialen Kopfnicken und einem Lächeln gegenüber Raphael auf und dieser riss sich so weit zusammen, dass man ihm zumindest ebenfalls keine Unhöflichkeiten vorwerfen konnte.
    Einige Augenblicke später machten Eleanor und Raphael sich auf den Weg, die düstere Landstraße entlang nach Stratton Hall. Es dauerte jedoch eine Weile, bis Eleanor die Stille unterbrach. Raphaels trübe Stimmung hatte sie von ihrem sorglosen Spaß mit Michael zurück in die Realität gebracht. Einer Realität, die beängstigend sein musste, wenn selbst ein Wesen wie Raphael sich Sorgen macht.
    „Sprich mit mir“, sagte sie beschwörend, während sie die Straße entlang gingen. Raphael reagierte zunächst nicht, sondern starrte weiter auf den grauen Asphalt zu seinen Füßen.
    „Wer ist Lilith?“, hakte Eleanor zögernd nach. Der Name kam ihr nur schwer über die Lippen. Sie hatte beinahe das Gefühl, er könnte allein durch das bloße Aussprechen Macht über sie und Raphael gewinnen. Ein kalter Schauer lief über ihren Rücken.
    Raphael blieb stehen und blickte Eleanor an.
    „Du fragst mich, wer Lilith ist?“, begann er zögernd. „Lilith ist vielleicht das gefährlichste Lebewesen auf diesem Planeten. In diesem ganzen Universum.“
    Eleanor öffnete vor Schreck den Mund. Unwillkürlich trat sie einige Schritte von Raphael zurück und sah ihn ungläubig an.
    „Wie… wie meinst du das?“, fragte sie tonlos. Ein sanfter Regen hatte erneut eingesetzt, graue Regenwolken jagten über den Himmel und das Rauschen von Wind und Wasser lag in der Luft. Vereinzelt flogen trotz der Nässe Blätter über den Asphalt, wurden von einem stürmischen Wind vorangetrieben, der den kommenden Herbst mit Macht ankündigte und Eleanor erschauern ließ.
    „Lilith kam einige Zeit nach uns Engeln auf diese Welt“, begann Raphael mit rauer Stimme. „Sie ist kein Mensch und kein Engel, doch sie steht uns Engeln näher als euch…“
    Raphael schwieg einen Augenblick. Er schien nach Worten zu suchen wo er keine zu finden vermochte und so dauerte es eine Weile, bis er wieder fortfahren konnte.
    „Als wir aus den Himmeln Gottes verbannt wurden, gab es viele unter uns, die so vollkommen von Bitterkeit zerfressen waren, dass sie nur danach trachteten, an den Menschen ihren Zorn über ihre Vertreibung von Gottes Seite auszulassen. Auch Samael gehörte zu ihnen, wie du weißt. Doch damals – in der Anfangszeit unserer Gefangenschaft aus der Welt – haben viele von uns die Menschen nicht nur durch das Verderben ihrer Seele zu bestrafen versucht. Einige wollten auch durch andere Methoden die Menschen schädigen. Vor Tausenden von Jahren lebte in einer Stadt namens Ur in Mesopotamien ein Mädchen, das so wunderschön und einzigartig war, dass selbst Fürsten bereit waren, um sie Kriege zu führen. An dieses Mädchen wandte sich Samael, um sie auf die Seite des Bösen zu ziehen. Er bot ihr Reichtum an, ein langes Leben, Macht. Aber sie widerstand ihm und lehnte jedes Angebot ab, bis Samael schließlich aufgab und von ihr abließ. Da endlich offenbarte sie

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