König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
dass das Volk sich gegen sie richtet.“
„Willst du etwa eine Armee aus dem Volk schaffen?“, fragte Mattai ungläubig.
„Was kann aus einer Armee Gutes erwachsen?“, erwiderte Jeshua, während er sich an einem Feldrand niederließ. Seine Begleiter sammelten sich um ihn und bereiteten sich ebenfalls auf ihre nächtliche Rast vor. Sie legten ihre wenigen Gepäckstücke ab und ließen sich um Jeshua herum nieder.
„Nein, Mattai“, fuhr Jeshua fort. „An einer Armee, die Furcht und Gewalt verbreitet, habe ich kein Interesse. Aber jene Priester, die den Tempel in Jerusalem in ihrer Gewalt haben, glauben nicht an mich und meine Botschaft. Wenn aber das Volk ihnen sagt, dass es an uns glaubt, dann werden sie uns ernst nehmen müssen. Sollten sie sich gegen den Glauben des Volkes stellen, werden sie fürchten müssen, dass das Volk sie selbst auch nicht länger ernst nimmt. Wenn das geschieht, haben sie all ihre Macht verloren.“
Einige der Jünger nickten, andere kümmerten sich bereits um die Zubereitung eines einfachen Abendmahls. So verging der Abend, während die kleine Gruppe beisammen saß und sich über ihre Erlebnisse an diesem Tag unterhielt. Viele hatte der mächtige Tempel des Herodes tief beeindruckt und nun schwärmten sie von seiner Größe und Erhabenheit. Jeshua ließ sie gewähren, wenngleich er selbst nicht so empfunden hatte. In seinen Augen war dieses Haus verkommen und korrupt, da nützte auch die erhabenste Erscheinung nichts, wenn doch das Innere vollkommen verfault und verkommen war.
Erst spät in der Nacht begab sich auch der Letzte von ihnen zur Ruhe und es kehrte endlich Stille am Wegesrand ein. Jeshua horchte eine Weile auf ihr Atmen und leises Schnarchen. Über ihm erstreckte sich der nächtliche Sternenhimmel, dessen Glitzern und Funkeln so lebendig wirkte und zugleich doch so kalt und furchteinflößend. Irgendwo dort draußen war Gott, auch wenn er nicht zu sehen war.
Von einer plötzlichen Unruhe befallen erhob sich Jeshua. Er blickte noch einmal auf seine kleine Gruppe, die friedlich schlief. Dann begann er scheinbar ziellos den Feldrand entlang zu gehen. Zu seiner Rechten trug das Feld noch immer Korn, es würde erst in der kommenden Woche geerntet werden und so standen die Halme hier hoch und voll. Einer Eingebung folgend trat Jeshua in das Feld. Er hob die Hand und ließ die Ären durch seine Finger gleiten. Dieses Feld würde reiche Ernte einbringen und viele Menschen ernähren, doch nicht aus diesem Grund stand Jeshua jetzt hier. Während eine warme Brise von Westen über das Feld strich und die Halme in Wellen unter sich beugte, sie zauste und bog, ging Jeshua tiefer in das Feld hinein, bis er vom Wegesrand aus nicht mehr zu sehen war.
„Sei gegrüßt, Jeshua, Sohn des Josef“, erklang vor ihm eine vertraute Stimme.
„Sei gegrüßt, Asasel, gefallener Engel“, erwiderte Jeshua.
Der Angesprochene verzog den Mund, als er sich aus den langen Halmen des Feldes erhob und nun in ganzer Größe vor Jeshua stand. Wie schon beim letzten Mal musste Jeshua den Kopf in den Nacken legen um dem riesigen Engel ins Gesicht blicken zu können.
„Sag, was habt ihr heute im Haus meines Vaters in Jerusalem getan?“, fragte er schließlich.
Asasel schwieg einen Augenblick, bevor er antwortete. „Ich habe die anderen, die Meinesgleichen sind, von dir zu überzeugen versucht.“
„Wenn selbst Engel zweifeln, wie soll ich dann Glauben von den Menschen erwarten können?“, sprach Jeshua leise zu sich selbst.
„Sie zweifeln nicht an dir und nicht an deiner Botschaft. Aber sie können sich nicht vorstellen, wie deine Botschaft mit unserem Auftrag, der von Gott selbst kam, in Einklang zu bringen ist.“
Jeshua dachte einen Moment lang nach. Dann erwiderte er: „Du hast recht. Was ich die Menschen zu lehren versuche, kann kein Weg für euch gefallene Engel sein, wenn Gott selbst euch hierher gesandt hat um hier Unheil zu stiften. Es scheint, als würde ich mich gegen Gott stellen, wenn ich euch dazu brächte, mir zu folgen. Aber ich will nicht glauben, dass Gott von euch einen Dienst fordert, der euch so weit von ihm entfernt, dass ihr dabei eure Seelen verliert.“
Asasel ließ die Schultern hängen und senkte den Blick. „Dann sind wir verloren“, sagte er leise. „Wenn selbst du uns nicht helfen kannst, wird es niemand tun können. Gott hört uns nicht und er hilft uns nicht. Wir sind verdammt.“
Mit diesen Worten fiel er auf die Knie. Sein Kopf sank ihm auf die Brust
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