König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
gekommen, dass seine Theorie auf Eleanor so belustigend wirken könnte.
„Warum nicht?“, grinste er. „Kannst du einen besseren Vorschlag machen?“
Eleanor schüttelte lachend den Kopf.
Michael atmete unwillkürlich auf und lachte mit. Eleanor lachen zu sehen machte ihn glücklich. Es hatte etwas unendlich Befreiendes für ihn, es war, als wenn in diesen Augenblicken der Schatten von ihrer Seele genommen würde. Der Schatten, der auf ihr lag, wann immer niemand hinsah, wann immer sie sich unbeobachtet glaubte. Wenn Eleanor lachte, ging in Michaels Seele die Sonne auf.
„Du lachst nicht oft…“, stellte er schließlich fest, als sie beide sich etwas beruhigt hatten. Eleanor blickte zu ihm auf und wurde schlagartig ernst.
„Ich habe auch nicht viel zu lachen“, sagte sie schließlich leise und wie zu sich selbst. „Für manche Menschen ist das Leben einfach. Für mich ist es schwer.“
Michael nickte. „Das denkt jeder hin und wieder“, sagte er. „Die einen denken es öfter, die anderen seltener.“
Eleanor lächelte ihn dankbar an. Es war gut zu wissen, dass er sie verstand. Eine Weile gingen sie wieder schweigend nebeneinander her. Es war schwer, ein Gespräch in Gang zu halten, wenn ohnehin der eine wusste, was der andere dachte. Und Eleanor wusste genau, was Michael in diesem Augenblick durch den Kopf ging. Schließlich gab sie sich einen Ruck.
„Ich weiß, warum du hier bist“, sagte sie. „Ich weiß es, weil du so genervt auf Raphael reagierst, wenn ihr euch begegnet.“
Michael schwieg. Dann antwortete er deutlich schroffer, als er beabsichtigt hatte. „Und? Hab ich eine Chance?“
Eleanor zuckte innerlich zusammen und lief rot an. Seine Worte klangen wie eine Ohrfeige und doch wusste sie, dass er sie nie im Leben so gemeint hätte. Zudem hatte sie keine Ahnung, wie sie mit dieser neuen Situation umgehen sollte. Jahrelang war sie in den Augen ihrer Umwelt etwas gewesen, was man nicht einmal wirklich wahrnahm. Sie war überhaupt nur im Sanatorium von Stratton Hall gelandet, weil sich nie jemand für sie interessiert hatte. Zumindest niemand, an dem sie selbst Interesse gehabt hätte. Anstatt mit so etwas leben zu können, war es um so vieles einfacher gewesen, dem eigenen verkorksten Leben selbst ein Ende zu setzen. Und nun gab es gleich zwei, die in ihrer Nähe sein wollten. Und einer von ihnen, Raphael, hatte sogar seine Seele für sie aufs Spiel gesetzt.
Michael hingegen hätte sich für seine letzten Worte am liebsten geohrfeigt. Wie ungeschickt von ihm, Eleanor mit solch harten Worten zu verletzen. Er könnte es ihr kaum verübeln, wenn sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Aber in einem hatte sie Recht gehabt – er hasste Raphael. Er hasste ihn dafür, dass er Erfolg bei Eleanor hatte, wo er selbst keinen vorweisen konnte. Er hätte gern gewusst, was Raphael hatte und was ihm selbst fehlte. Aber er wusste nur zu gut, dass Liebe etwas war, das nicht auf Vorzüge oder Nachteile sah. Entweder sie war da, oder eben nicht. Gründe für sie gab es nicht. Umso erstaunter war er, als Eleanor ihm antwortete.
„Wenn ich dir sagen würde, dass Raphael anders ist als alle anderen, würdest du das als leere Worte abtun“, sagte sie. „Deshalb sage ich es nicht. Aber du kannst sicher sein, dass es nichts mit dir zu tun hat. Ich liebe Raphael, weil er es war, der mich aus meiner Einsamkeit gerissen hat…“
„Hätten wir uns etwas früher kennengelernt, hätte ich das sein können“, stellte Michael bedrückt fest.
Eleanor sah ihn gequält an. „Ja, vermutlich…“, flüsterte sie.
Die Landstraße bog jetzt nach links und zu ihrer Rechten sahen sie in der Kurve das große, schmiedeeiserne Tor von Stratton Hall zwischen den Bäumen auftauchen. Michael blieb mit hängenden Schultern stehen.
„Wir sind da“, sagte er tonlos und betrübt.
Jetzt blieb auch Eleanor stehen und wandte sich zu ihm um.
„Michael“, hauchte sie. „Tu das nicht. Ich weiß, dass es nicht fair ist. Aber gib mich nicht auf…!“
Michael atmete tief durch. Er konnte ihr in diesem Moment unter keinen Umständen in die Augen sehen. Stattdessen nickte er nur, dann wandte er sich ab und ging eilig und ohne ein weiteres Wort die Landstraße nach Stratton zurück. Eleanor sah ihm innerlich zerrissen nach. In diesem Augenblick hätte sie viel darum gegeben, Michael nicht so unglücklich zu sehen. Erst als er hinter der Wegbiegung verschwunden war, wandte sie selbst sich dem Eingangstor zu.
„Dieses
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