Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht
kümmern. Und sobald Ihr wieder wohlauf seid, werdet Ihr den Befehl über die Leibwache der Kaiserin übernehmen. Ich wüsste keinen Besseren als Euch für diese Aufgabe.«
Rother schwindelte. Sein Leben veränderte sich schneller,
als er überhaupt denken konnte. »Danke, Herr … Ich … Ihr meint, ich darf mir jedes Wappen aussuchen, das mir beliebt?«
Friedrich nickte. »Solange es kein anderer Ritter des Reiches führt. Habt Ihr einen besonderen Wunsch?«
»Mein Wappen sollen drei goldene Kronen auf rotem Grund sein!« Er hatte entschieden, sein Leben unter den Schutz der Heiligen Drei Könige zu stellen.
»Drei Kronen …« Das Lächeln des Kaisers erlosch. »Mir scheint, Ihr wollt noch hoch hinaus, Rother.«
Rother brauchte einen Augenblick, bis er den Sinn der Worte des Kaisers erfasste. Dann schüttelte er entschieden den Kopf. »Die Drei Kronen stehen für die Drei Könige, an deren Särgen ich in Mailand betete, und das Rot steht für all das Blut, das vergossen wurde, nur um dorthin zurückzukehren.«
»Das Wappen sei Euch gewährt. Ich werde Euch nun meinen Wundarzt schicken.« Der Kaiser wendete sein mächtiges Ross, hielt jedoch mitten in der Bewegung inne und deutete auf den Toten neben Rother. »Der Kerl dort … Ist er nicht der Ritter, der mich beinahe getötet hätte? Dreht ihn herum! Ich will sein Gesicht sehen.«
Heinrich stand auf und erfüllte den Wunsch des Kaisers.
Rother kniff die Augen zu. Ihm war wieder schwindelig. Der Schmerz wütete in seinem Körper. Es kostete ihn all seine Kraft, sitzen zu bleiben, so, wie es der Anstand gebot, solange der Kaiser in der Nähe war.
»Der Bursche ist ja fast noch ein Kind«, sagte Friedrich leise und in einem Ton, als empfände er eine ehrliche Trauer beim Anblick des Toten.
… fast noch ein Kind. Die Worte des Kaisers hallten in
Rothers Ohren wider. Er öffnete die Augen und blickte dem Toten ins Antlitz. »Das ist das Spiel des Teufels …« Er war verflucht! Was immer er tat, wandte sich zum Bösen!
Dort lag Angelo! Ihm verdankte er sein Leben, seinen Ritterschlag und nun die Erhebung zum Baron.
Angelos Lippen waren in einem grimmigen Lächeln erstarrt. Er hatte die Gefahr für sein Leben nicht kommen sehen und war in dem Augenblick gestorben, als er glaubte, er würde den Kaiser töten, der diesen grausamen Krieg über seine Stadt gebracht hatte.
Eine Hand packte Rother und zog ihn sanft zurück. »Wer auch immer dieser Junge war, zeig deine Gefühle nicht«, flüsterte eine warme Stimme. »Du brüskierst den Kaiser, wenn du um den weinst, der ihn hat töten wollen.«
»Was ist mit mit unserem jungen Baron?«, fragte Friedrich besorgt.
»Nichts, Herr«, antwortete Heinrich. »Es war seine erste große Schlacht. Er ist verwundet und über alle Maßen erschöpft. Er braucht ein wenig Ruhe.«
11
»Die Stadt ist verloren, und Ihr wisst es, Obert!« Erzbischof Obert ging unruhig in seinem Gemach auf und ab. Für einen Moment schien es, als habe er gar nicht gehört, was sein geheimer Gast ihm erklärt hatte. Das Fett des Kirchenfürsten war in den letzten
Wochen des Hungers dahingeschmolzen, so dass ihm die schlaffe Haut in breiten Falten vom Kinn herabhing. »Es muss doch einen Weg geben!« Er hob die Arme zur freskengeschmückten Decke. »Herr, hilf uns! Lass nicht all unser Leiden vergebens gewesen sein!«
»Mailand muss sich ergeben«, fuhr der Falkner ungerührt fort. »Nur wenn wir leben, können wir den Kampf gegen den Kaiser wieder aufnehmen, sobald wir zu Kräften gekommen sind. Ihr wisst, wie es um die Stadt steht! Man sieht weder Katzen noch Hunde in den Gassen, die Ritter schlachten ihre abgemagerten Pferde, manche stellen sogar den Ratten nach. Die Kaiserlichen halten alle Straßen besetzt. Jedem Schmuggler, den sie erwischen, wird die Hand abgehackt. Wenn Ihr Eure Gemeinde liebt, Obert, dann …« Lupo stockte kurz. »… setzt Euren ganzen Einfluss im Magistrat ein. Bestehen die Konsuln darauf, diesen Krieg fortzusetzen, wird der Tag kommen, an dem das Volk die Paläste stürmt, um ihre Herren dem Kaiser auszuliefern.«
Der Erzbischof streckte wieder die Hände zum Himmel. »O großer Gott, was hat Mailand dir getan, dass du uns die Plagen des Alten Ägyptens schickst. Wie die Heuschrecken fallen die Staufer über unser Land her, ein unerklärliches Feuer hat all unsere Vorräte vernichtet und zugleich alle Hoffnung, gegen die Zeiten des Mangels gewappnet zu sein. Müssen wir nun auch noch unsere Tore öffnen, um den
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