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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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finden.«
    »Wenn es in dieser Komödie überhaupt Wahrheit gibt und nicht nur betrogene Betrüger. Aber es wird mir eine Freude sein, in Konstantinopel weiterzusuchen. Ich brauchte freilich etwas Gold, ein gutes Pferd und Kleidung, in der man mich nicht für einen Bettler hält, und vielleicht auch …«
    Der Erzbischof lächelte. »Das ist keine Aufgabe für einen Mönch! Außerdem hat der Kaiser nach dir gefragt.«

    »Der Kaiser?« Der Dichter erhob sich. Sollte Friedrich ihn an seinen Hof berufen wollen?
    »Er war etwas ungehalten. Er fragte nach der Hymne, die du über ihn dichten wolltest. Ich habe ihn vertröstet und ihm Acerbus Morena empfohlen. Sicher, er ist ein besserer Chronist, nur klingen seine Verse so hölzern. Allerdings vollendet er sie wenigstens.«
    »Das habt Ihr nicht getan, Herr!« Der Mönch suchte nach einem Lächeln im Gesicht des Erzbischofs, einem Zwinkern in den Augenwinkeln. Doch Rainald blieb ernst. »Morena! Der hält einen Alexandriner für einen ungläubigen Ägypter. Was weiß er über Versmaß und rhetorische Figuren …«
    »Verzichte auf Konstantinopel, und ich werde ein Wort für dich beim Kaiser einlegen.«
    »Aber Ihr braucht einen Schriftkundigen, der die Spur der Könige weiterverfolgt. Nur ein Gelehrter kann für Euch den dritten König finden.«
    »Du bist auf andere Weise einzigartig.« Ein anzügliches Lächeln umspielte die Lippen des Erzbischofs. »Deine Mühen sind vergeblich. Diese Reise ist anderen bestimmt. Und nun geh. In meinem Küchenzelt wartet Wein auf dich.«
    Wein, dachte der Dichter enttäuscht. Was waren Wein und eine fragliche Gunst im Vergleich zu einer Reise nach Konstantinopel? Es hieß, die Kirchen dort seien aus Gold, und selbst die Bettler würden besser leben als hierzulande die Gutsherren. Als er schon vor der Tür zu Rainalds Kammer stand, drehte er sich noch einmal um. »Eine Strophe aus dem Kaiserhymnus habe ich auf der Rückkehr aus Mailand vollendet, Herr.

    Carmine, Novaria, semper meo vives,
Cuius sunt per omnia commendandi cives,
Inter urbes alias eris laude dives,
Donec desint Alpibus frigora vel nives.
     
    Ewig wirst du durch mein Lied, du, Novara, leben,
Dessen Bürger würdig sind, dass wir sie erheben.
Mehr als andre Städte wirst du an Ruhm gewinnen,
Bis den Alpengipfeln gar Schnee und Eis entrinnen.«
    »Warum Novara?«, fragte der Erzbischof mit schlecht gespielter Gelassenheit.
    Der Mönch zuckte mit den Schultern. »Man hört, es seien Krieger aus Novara gewesen, welche die reichste Beute aus Mailand fortbrachten.«
    »Vorsicht, mein Freund! Eine Zunge kann so scharf sein, dass derjenige, der sie im Munde führt, daran verbluten mag.«
    Der Mönch verbeugte sich. »Wie stets werde ich mir Euren Rat zu Herzen nehmen, Fürsterzbischof, und wieder einmal meine Zunge mit Wein lähmen.« Doch so viel Wein gibt es nicht, dass ich Konstantinopel vergessen könnte, dachte er bitter.
     
    Mit ruhigem Flügelschlag stieg die Taube in den stahlblauen Frühlingshimmel. Sie drehte drei Runden über der Kaiserpfalz, bis sie schließlich nach Süden davonflog.
    Aufmerksam beobachtete Lupo den Flug der Taube. Dann nahm er dem Falken ohne Hast die lederne Haube vom Kopf. Der Raubvogel plusterte das Gefieder und schlug unruhig mit den Flügeln. Lupo hob den Arm mit dem schweren
Handschuh. Wie ein Pfeil schnellte der Falke von seiner Faust und stieg in steiler Kurve in den wolkenlosen Himmel. Die Taube war weit und breit die einzige Beute. Als sie den Falken bemerkte, versuchte sie einen kleinen Wald zu erreichen, um sich zwischen den Ästen in Sicherheit zu bringen. Mit angelegten Flügeln stürzte sie sich aus dem Himmel. Erst einige Schritt über dem Boden spreizte sie ihr Gefieder wieder und begann wild mit den Flügeln zu schlagen.
    Der Falke folgte ihr. Immer kürzer wurde der Abstand. Doch auch das rettende Gehölz war schon nahe. Der Raubvogel breitete das Gefieder wie einen Fächer aus. Seine Fänge waren weit vorgestreckt. Messerscharfe Krallen bohrten sich in den Rücken der Taube. Der Jäger stieß einen schrillen Schrei aus.
    Lupo trieb sein Pferd an. Es war nicht weit. Er fand die Taube nur vier Schritt vor dem Wald auf der anderen Seite der Wiese. Das frische Gras war rot von ihrem Blut. Gierig schlug der Raubvogel den gekrümmten Schnabel in das Gefieder, um sich seinen Teil der Beute zu nehmen. Mit Augen wie Bernstein musterte er den Falkner, als dieser vom Pferd stieg.
    Lupo interessierte nur das kleine Lederröllchen am

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