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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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an seiner Seite sein.« Sie zog ein reich besticktes Tüchlein aus ihrem Ärmel.
    »Die Lombardei ist ein seltsames Land. In diesem Winter ist kein Schnee gefallen. Es hat immer nur geregnet, Wochen um Wochen. Man sagt, es sei ungewöhnlich. Ich habe den Winter vermisst. Den Frost und den knirschenden Schnee unter den Schuhen. Wisst Ihr, dass Ihr mich an den Winter erinnert, Heinrich? Ihr seid kühl, und doch seid Ihr auch wunderbar, wenn man Euch im richtigen Lichte sieht. Ich weiß, Ihr liebt mich nicht.« Sie lächelte zurückhaltend. »Ich werde trotzdem auf Euch warten. Es heißt, dass in Jerusalem und den meisten Ländern des Ostens niemals Schnee liegt, aber Ihr seid ein Mann des Winters, Heinrich. Deshalb habe ich einen besonderen Schmuck für mein Tuch ausgewählt. Es sollen Schneeflocken sein. Das Tuch ist aus Seide. Es ist schon einmal unbeschadet durch die Länder des Ostens gereist, um zuletzt zu mir zu gelangen. Ich hoffe, dies ist ein gutes Omen und dass es ein zweites Mal zu
mir gelangen wird.« Sie schlug scheu die Augen nieder und reichte ihm das Tüchlein.
    Heinrich wurde die Kehle eng. Er wollte Clara noch einmal in die Arme nehmen, so wie damals am Ufer der Adda. Doch nun war sie kein Kind mehr! Er musste sich verschließen.
    Ein Schrei erklang vom Hof, dort, wo man eine zweite prächtige Halle baute, in der in Zukunft das Gefolge des Kaisers untergebracht werden sollte.
    Clara trat einen Schritt auf ihn zu und reckte sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. Es war nur eine flüchtige Berührung, dann trat sie zurück. Auf dem Hof erklangen hastige Schritte, und Männer riefen alarmiert durcheinander.
    »Ich muss zurück in die Gemächer der Frauen«, hauchte Clara. »Alle glaubten, ich hätte dieses Tuch für Rother gestickt. Ich … Vielleicht ist es ja besser so, wenn unser Abschied kurz ist und ohne …« Sie zögerte. »Ihr werdet doch zu mir zurückkehren, nicht wahr, Heinrich?«
    »Ja.« Seine Stimme klang heiser. »Ja, ich verspreche es. Ich werde wiederkommen.«
    Clara zog ihr Tuch über den Kopf und verharrte noch einen Augenblick, so als warte sie auf eine Geste von ihm. »Auf Wiedersehen, Ritter des Winters.« Sie eilte die Treppe hinunter und hielt sich danach im Schatten der Mauern.
    Heinrich sah ihr nach, bis sie in der Dunkelheit verschwunden war. Unschlüssig betrachtete er das Tuch in seiner Hand. Es wäre gewiss das Klügste, es nicht mit auf die Reise zu nehmen, doch das käme ihm wie ein Verrat vor. Wenn er es aber mitnahm, würde es ihn ständig an Clara erinnern.

    Auf dem Hof hatte sich mittlerweile eine ganze Gruppe von Menschen versammelt. Einige trugen Fackeln. Heinrich wickelte das Tuch sorgsam um seinen Gürtel und stieg hinab. Der Weg zum Tor führte an der aufgeregten Menschenmenge vorbei. Heinrich schnappte Gesprächsfetzen wie Gottesurteil und heimlicher Sünder oder Himmelsstrafe auf.
    Er sah eine Gestalt in brauner Kutte am Boden liegen. Zwei Männer hoben sie auf ein breites Brett, das zum Baugerüst gehört hatte. Als sie den Toten bewegten, konnte Heinrich einen Moment lang dessen Gesicht sehen. Es war Johannes, der junge Mönch, der auf Geheiß des Erzbischofs neue Gewänder für die Heiligen Drei Könige hatte schneidern sollen. Sein Gesicht war blutverschmiert. Neben ihm lag ein großer, behauener Stein, der sich offenbar aus dem frisch gefügten Mauerwerk gelöst und den Mönch getroffen hatte.
    Entsetzen berührte Heinrich wie eine eisige Hand, die in seinen Nacken griff. Wieder hatten die heiligen Gebeine einem Menschen den Tod gebracht, der sich in ihrer Nähe aufgehalten hatte. Darüber, ob es ein Unfall gewesen war oder ob jemand dem Unglück nachgeholfen hatte, wollte er lieber nicht nachdenken.
     
    Mein lieber Freund, am Anfang des Sommers werden drei meiner Vertrauten in der Stadt eintreffen. Hilf ihnen nach Kräften, und es soll nicht dein Schaden sein.
    Papst Alexander wendete das kleine Pergamentstück. Die Rückseite war unbeschriftet.
    Erzbischof Obert, der ihm den Brief gebracht hatte, trat vor Aufregung von einem Bein auf das andere. Seit der
Belagerung von Mailand war er dünner, aber auch nervöser geworden. »Nun, Euer Heiligkeit, was haltet Ihr davon?«
    »Wenn ich ehrlich bin, so muss ich sagen, dass ich damit wenig anzufangen weiß.«
    »Es stammt aus der Kaiserpfalz, vom Cölner Erzbischof! Und wie Ihr bemerkt habt, ist es in griechischer Sprache abgefasst. Meint Ihr nicht, dass Rainald beginnt, eine große Intrige zu

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