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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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geändert; er klang jetzt mürrisch und verärgert. »Sie haben mich vor dem Generalinspektor nicht gut aussehen lassen.«
    Mary sagte nichts.
    »Sehen Sie, was hier vorgeht? Wir geraten in Schwierigkeiten«, sagte Soulavier. »Die Opposition tritt hervor. Es hat finanzielle Probleme gegeben; Banken haben zugemacht. Kredite sind nicht zurückgezahlt worden. Besonders die Dominikaner sind wütend.
    Glauben Sie, diese Truppen sind im Einsatz, um ausländische Invasoren zurückzuschlagen?« Er sah sie durchdringend an; eine Augenbraue war dramatisch und fragend hochgezogen.
    »Ich weiß nichts über eure Politik«, sagte Mary.
    »Dann sind Sie der Dummkopf, Mademoiselle. Sie sind als Spielfigur eingesetzt worden, aber Sie haben keine Ahnung von Ihrer Rolle.«
    Sie sah Soulavier mit neuem Respekt an. Der Tadel war ein Echo auf manche ihrer eigenen, selbstanklagenden Gedanken. Sie war nicht so unwissend; trotzdem, es mochte das Beste sein, ihn in dem Glauben zu lassen, daß sie ahnungslos war.
    »Sie bringen mich in Gefahr, indem ich mit Ihnen rede«, fuhr er fort. »Aber wenn Sie wirklich unschuldig sind, dann sollten Sie die Umrisse der Falle kennen. Das ist alles, was ich für Sie tun kann.«
    »In Ordnung«, sagte Mary.
    »Wenn Sie mit mir nach Leoganes kommen, sind Sie weg von Port-au-Prince und allem, was hier passieren könnte. Leoganes ist kleiner, friedlicher. Sie gehen unter dem Vorwand dorthin, daß wir Sie schützen. Die Dominikaner in der Inlandsarmee… Sie sind gegen Colonel Sir. Er hat sie jahrelang durch Zugeständnisse beschwichtigt, aber wir sind in schlechter Verfassung. Die Rohstoffpreise sind weltweit gesunken. Eure Nanotechnologie, die von der industrialisierten Welt so streng bewacht wird… Ihr gewinnt Rohstoffe aus Abfall und Meerwasser, viel billiger als durch Bohren und Schürfen.«
    Mary verlor die Orientierung. Sie kam sich jetzt beinahe körperlos vor. Diese Unterhaltung über Wirtschaftstheorie war so deplaziert.
    »Ihr setzt unsere Truppen nicht ein, ihr kauft keine Waffen mehr von uns, ihr hört auf, unsere Rohstoffe, unser Holz zu verwenden… Und jetzt wird uns auch noch der Tourismus abgewürgt. Was sollen wir tun?
    Wir wollen unsere Kinder nicht wie Insekten verhungern sehen. Das ist es, worüber sich Colonel Sir den Kopf zerbrechen muß. Er hat keine Zeit für Sie und mich.« Er hob ihr die Hände entgegen und schüttelte sie heftig, als ob er Wassertropfen wegschleudern würde. Dann lehnte er sich in den Sitz zurück, verschränkte die Arme und hob das Kinn. »Er ist ein belagerter Mann. Überall um ihn herum sind Leute, die früher Freunde waren, jetzt zu Feinden geworden. Das Gleichgewicht, wissen Sie. Das Gleichgewicht. So erklären ihm zum Beispiel die Gerichte und Richter Ihres Volkes – die Justiz –, daß er ein Verbrecher ist. Gemischte Signale, während ihn der Präsident und die Exekutive früher als hochgeschätzten Partner behandelt haben. Das gießt Öl in die Flammen, Mademoiselle. Ich gehe schon Risiken ein, indem ich jetzt über diese Dinge spreche. Aber Ihnen gebe ich trotzdem Rat. Das tue ich nur für Sie.«
    Mary musterte ihn einen Moment lang. Ob er ehrlich war oder nicht, er rückte ihr ein paar Dinge in die richtige Perspektive. Wenn Colonel Sir die Kontrolle entglitt, konnte sie in größeren Schwierigkeiten stecken, als sie glaubte. »Danke«, sagte sie.
    Soulavier hob die Schultern. »Werden Sie mit mir von Port-au-Prince und von diesen verdammten… Maschinen der Inlandsarmee wegfahren?«
    »In Ordnung«, sagte sie. »Ich brauche im Bungalow ein paar Minuten für mich allein, um mich zu beruhigen.«
    Erneut hob er großmütig die Schultern. »Danach werden wir nach Leoganes fahren.«

Vielleicht brauchen Philosophen Argumente, die so massiv sind, daß sie im Gehirn widerhallen: Wenn der Betreffende die Schlußfolgerung nicht akzeptieren will, stirbt er. Na, wäre das nicht ein massives Argument?
    – Robert Nozick, Philosophical Explanations
     
46
     
    Sie hing wie eine Klette an ihm. Vor einiger Zeit hatte sie etwas darüber gesagt, daß sein Zustand sie zum stabilen Faktor in dieser Dualität machen würde – etwas in dieser Richtung –, ihre Worte ein dumpfes Gemurmel in Richards Erinnerung. Sie sprach ihn an, und er verspürte den leisen Zwang, ihr zuzuhören, statt völlig in seinen privaten Gedanken zu versinken.
    »Erzähl mir was von dir«, schlug sie vor. »Seit zwei Jahren sind wir hin und wieder mal zusammen, aber ich weiß überhaupt nichts

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