Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
besonders im Zorn oder aus Unzufriedenheit zu verhindern.
    – Katherine Dunham, Island Possessed
     
45
     
    Als sie vom Strand zur Citadelle hinübergingen, blieb Soulavier stehen, um die breite Uferpromenade entlangzuschauen. Seine Miene verriet plötzliche Sorge oder erhöhte Wachsamkeit. Mary drehte sich um und sah eine Kolonne von Militärfahrzeugen – zehn bis fünfzehn gepanzerte Mannschaftswagen und zwei schnittige deutsche Kettenpanzer – auf der Uferstraße näherkommen. Schwarze Soldaten saßen wachsam und müßig auf diesen Fahrzeugen oder spähten von innen durch Schlitze nach draußen. Sie musteren jeden beiläufig und argwöhnisch. Ein Trupp von vier Soldaten folgte jedem Panzer zu Fuß, wobei sie häßlich aussehende Maschinengewehre vor dem Leib hielten. Sie trabten leichtfüßig und unermüdlich dahin, bis die Kolonne um eine Ecke verschwand.
    »Das ist nichts«, sagte Soulavier kopfschüttelnd. »Nur ein Manöver.«
    Mary folgte ihm gezwungenermaßen mit großen Schritten, als er zum Eingang der Citadelle sprintete. »Bitte bleiben Sie hier«, sagte er, als er durch die Doppeltür am Kopf der Regenbogenschlange ging. Ein paar Minuten später kam er mit einem breiten Lächeln wieder heraus. »Der Generalinspektor ist jetzt bereit, Sie zu empfangen.«
    Hinter dem nun leeren Büro von Aide Ti Francine Lopez hielt ihr Soulavier auf dem Weg ins innerste Heiligtum eine dicke Holztür auf, und sie betrat einen großen, schmalen Raum mit einer Reihe leerer Schreibtische, die vor einem großen Panoramafenster endete. Ein schmaler Durchgang links von den Schreibtischen führte zu einem noch größeren Schreibtisch am anderen Ende des Raums, hinter dem Legar saß.
    Der Generalinspektor, ein kleiner, zarter, gutaussehender Mann mit drei stammestypischen, winkelförmigen Petronarben auf der linken Wange, strahlte ruhige Sorglosigkeit aus. Er lächelte freundlich und bat Mary und Soulavier mit einer Handbewegung, auf alten Holzstühlen vor dem ramponierten, mit Papier übersäten Schreibtisch Platz zu nehmen.
    »Ich hoffe, Sie haben einen angenehmen Aufenthalt auf Hispaniola«, sagte er.
    »Unangenehm war er nicht«, erwiderte Mary. »Ich bedaure die Schwierigkeiten, die unsere Länder miteinander zu haben scheinen.«
    »Ich auch«, sagte Legar. »Ich hoffe, Sie haben deswegen nicht allzu viele Unannehmlichkeiten.«
    »Bis jetzt nicht.«
    »Nun.« Legar beugte sich vor und nahm ein Printout der Papiere zur Hand, die Mary zusammen mit Dokumenten auf elektronischem Wege von Los Angeles und Washington hatte herschicken lassen. »Das scheint alles in Ordnung zu sein, aber ich bedaure, Ihnen sagen zu müssen, daß wir Ihnen nicht helfen können.«
    »Haben Sie den Reisenden identifiziert, der das Flugticket von Emanuel Goldsmith benutzt hat?« fragte Mary.
    »Es gab keinen solchen Reisenden«, sagte Legar. »Der Platz war leer. Das hat uns unser Reisedirektor trotz des vorhergehenden Durcheinanders versichert. Ich habe gerade heute morgen mit ihm gesprochen. Ihr Verdächtiger ist nicht auf Hispaniola.«
    »Unseren Unterlagen zufolge war der Platz besetzt.«
    Legar zuckte die Achseln. »Wir würden Ihnen gern helfen. Natürlich unterstützen wir die Festnahme und die Bestrafung von Verbrechern in solchen Fällen. Sie würden vielleicht sogar größere Befriedigung daraus ziehen, wenn Sie Monsieur Goldsmith – falls er hier ist – unserem Rechtssystem überließen, das möglicherweise effektiver ist… Aber wenn Goldsmith hier wäre«, sagte er und runzelte die Stirn, als ob er unter einer plötzlichen Magenverstimmung leiden würde, »wäre er natürlich ein Bürger der Vereinigten Staaten und als Ausländer vor allen derartigen Handlungen unsererseits geschützt… Falls wir nicht zuvor die Einwilligung Ihrer Regierung bekämen, selbstverständlich.«
    Ihr wollt doch bloß die Touristen nicht nervös machen, dachte Mary.
    »Es ist interessant, daß Sie behaupten, dieser Flüchtling sei ein Bekannter von Colonel Yardley. Ich habe natürlich nicht bei Colonel Sir nachgefragt, der sehr beschäftigt ist, aber ich bezweifle, daß das überhaupt möglich ist. Was hätte Colonel Sir davon, mit einem Mörder bekannt zu sein?«
    Mary schluckte. »Goldsmith ist ein namhafter Dichter. Er ist in der Vergangenheit mehrmals auf diese Insel gekommen und hat Yardley – Colonel Yardley – jedesmal besucht, anscheinend auf die Bitte des Colonels hin. Die beiden haben einen umfangreichen Briefwechsel gepflegt. In den Vereinigten

Weitere Kostenlose Bücher