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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Soulavier herum. Soulavier trat in den Raum, nahm ihren Arm und führte sie auf den Flur hinaus.
    »Das ist ein seltenes Privileg«, sagte er. »Ich selbst habe noch nie mit Colonel Sir gefrühstückt. Kommen Sie jetzt bitte mit. Die Fahrt von hier zum Gefängnis dauert zwei Stunden. Die Straßen sind nicht die besten, und es wird viel Militär unterwegs sein. Schließlich ist es nicht allzuweit von Santiago entfernt.«

 
     
     
DRITTES
BUCH

Wie im Chaos das Stoffliche als Möglichkeit angelegt war, so ist in diesem Geschöpf der Geist als Möglichkeit angelegt, wie ein fünftes Glied, das latent im Menschen vorhanden ist, von seiner Struktur her dazu bestimmt, Sinn zu schaffen und zu manipulieren, so wie die Faust von ihrer Struktur her dazu bestimmt ist, stoffliche Dinge anzufassen und zu betasten.
    – Maya Deren, Divine Horsemen:
The Living Gods of Haiti
     
56
     
    Während Martin darauf wartete, endlich ganz in die Landschaft einsteigen zu können, bat er mental um Zugang zum Werkzeugkasten, und seine Bitte wurde erfüllt. Er langte mit seiner rechten Hand, die er immer noch nicht scharf sehen konnte, nach oben, um ihn herunterzuholen. Der Werkzeugkasten war das einzige, was er deutlich sehen konnte: eine simulierter knallroter Behälter, in dem ein Display schwebte, das die Gegebenheiten bei der Sondierung anzeigte. Wenn man den Werkzeugkasten aktivierte, kam auch eine Suchlauf- und Abstimmungskombination zum Vorschein, mit der Martin seine Verbindungsstelle von Neuron zu Neuron, von Frequenz zu Frequenz oder von einem Kanal zum anderen verlagern konnte. An einer Seite des roten Kastens hing eine Reißleine für den Notfall.
    Er hatte die Reißleine noch nie benutzt. Bei der gegenwärtigen Sondierung würde ein unmittelbarer Ausstieg aus der Landschaft schwierig, wenn nicht gar unmöglich sein; ohne Puffer würde eine gezogene Reißleine einfach nur die Verbindungen zwischen der Versuchsperson und dem Forscher unterbrechen. Alle latenten Erlebnisse, die noch interpretiert werden mußten, würden weiterhin sowohl im Forscher als auch in der Versuchsperson ablaufen.
    Im mehrdeutigen Zeitmaßstab der Landschaft mochte die Latenzphase Sekunden oder Minuten betragen, sehr selten auch Stunden.
    Diesmal war die äußere Ebene von Goldsmiths Landschaft ein warmes Grau, ein Bereich der Zufuhr verarbeiteter Informationen zum bewußten Wahrnehmungsvermögen, der im Moment nicht aktiv war. Goldsmith befand sich in einem Zustand kontrollierten neutralen Schlafs ohne Traumaktivität.
    Martin spürte Carols Anwesenheit als eine größere Wärme im Grau. Während er den Werkzeugkasten testete und sich dabei mit ihm als festem Trabanten manuell über die Landkarte dieser speziellen Ebene bewegte, probte er die sprachliche Kommunikation mit ihr.
    | Kannst du mich hören?
    |  Knister knaster.
    | Versuch’s nochmal.
    |  Brumm.
    | Ich höre dich nur undeutlich.
    | Jetzt besser?
    | Ja, ich hab dich. Probieren wir’s mit dem emotionalen Transfer, schlug Martin vor.
    Sie sandte ihm etwas, was er als kollegiale Zuneigung und als ungeduldige Erwartung deutete, daß es endlich losging. Sie konnten es beide kaum erwarten; Martin hatte sich in der vergangenen Nacht richtig ausgeschlafen und fühlte sich nun so bereit wie noch nie, eine Landschaft zu erforschen.
    | Ich empfange deine Erregung, sagte Martin. Ich glaube, es gefällt dir, hier mit mir zu arbeiten.
    | Das ist schon ziemlich dicht dran. Von dir empfange ich eine mehr als kollegiale Wärme, die von der Ablenkung durch die vor uns liegende Aufgabe gemildert ist.
    | Ziemlich dicht dran, stimmte Martin reuevoll zu. Hier herrschte eine ungeheure Freiheit und Offenheit; in Kürze würde keiner von ihnen mehr imstande sein, seine Gefühle vor dem anderen zu verheimlichen, ebensowenig wie die Versuchsperson ihre tieferen psychologischen Prozesse verbergen konnte.
    | Ich bringe uns auf eine aktive Ebene und suche nach einer Eintrittsstelle. Dann gebe ich dir deinen eigenen Werkzeugkasten, und wir können getrennt arbeiten, falls es nötig ist.
    | Verstanden. Ich glaube, ich sehe da vorn einen Wald. Sind wir schon an der Eintrittsstelle? Nein, warte einen Moment… kein Wald. Ich sehe Potentiale für einen Haufen verschiedener Bilder. Was ist das, Martin?
    | Vielleicht kriegen wir immer noch Fahneneffekte vom Hinterhauptslappen rein.
    | Ohne Puffer ist das viel schärfer, viel unmittelbarer, nicht?
    | Anscheinend. Aber eigentlich sehen wir noch nichts. Ich wechsle

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