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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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kleine Unterschlagung begangen hat. Er hat seiner geschiedenen Frau gedroht, sie umzubringen. Die Selektoren sind zu ihm gekommen, bevor er an sie rankam. Wir glauben, daß die Frau sie geholt hat. Sie ist gar nicht auf die Idee gekommen, sich zuerst mal an uns zu wenden. Sie muß ihn wirklich gehaßt haben.«
    Mary versuchte zu rekonstruieren, was geschehen war. Die Verschleppung der drei Unglücklichen – mit verbundenen Augen oder betäubt oder beides – durch ausgebildete, zuverlässige Selektoren ins Dominium, die Vorbereitung der Höllenkrone und der Klammern, das Pseudo-Gerichtsverfahren, das Urteil und die Verklammerung innerhalb von zwölf Stunden nach dem Urteil, die Freilassung ein oder zwei Tage später auf den Straßen von LA – sollten sie sehen, wie sie zurechtkamen. Die meisten, die unter die Klammer gekommen waren, brauchten irgendeine Therapie; manche brauchten sie dringend.
    Nur wenige wurden je wieder rückfällig.
    Sie schürzte die Lippen und schüttelte langsam den Kopf. »Die sollten sich selbst verklammern«, murmelte sie.
    Der CEC rieb sich den Nacken. »Sie leiten die Untersuchung der Ost-Comb-Eins-Morde, Ermittlerin M Choy?«
    »Ja.«
    Er streckte die Hand aus, und sie packte sie mit festem Griff. »Viel Glück bei der Jagd«, sagte er. »Glauben Sie’s mir: Es wäre ein böser Rückschlag, wenn diese Clowns Goldsmith vor Ihnen zu fassen kriegen. Und es heißt, daß sie schon hinter ihm her sind. Vielleicht haben wir Shlege deshalb nicht erwischt. Kann sein, daß er jetzt draußen in den Zinken ist, um ihn aufzuspüren.«
    »Danke für den Hinweis«, sagte Mary.
    Das älteste Opfer, Lon Joyce, kam zu sich und begann zu schreien.
    Mary drehte sich um und floh die Treppe hinunter.

 
13
     
    Martin Burke strampelte auf einem Pushbike zur Bushaltestelle – dank der Rebellion der Landbesitzer gegen das Vordringen der Stadt mit ihren Leitstraßen und die darauf folgende Kopfsteuer von fünf Riesen pro Jahr, Kinder unter zwei Jahren ausgenommen, fuhr in dieser Gegend kein Bus –, klappte es zusammen und verstaute es in einem Spind (fünfundzwanzig pro Tag), sprach sein Ziel in ein Aufnahmeohr und wartete. Zehn Minuten, und unter das durchsichtige Seemuscheldach kam brummend und ächzend ein großer Autobus gefahren, zwanzig Meter lang und segmentiert wie ein Wurm, eine weißgoldene doppelköpfige Schlange, ein Gebilde, das nur aus Sitzplätzen, Ziehharmonikafenstern und einer Ziehharmonikatür bestand. Martin stieg ein, stellte den Fuß auf die Sicherheitsstange, ließ sich einen Gurt übers Herz spannen und versank ins Leitstraßengegrübel.
    Der Zündstoff des Dilemmas war fürs erste abgebrannt. Er dachte an nichts sonderlich Wichtiges. Wenn er Straßen sah, nahmen sie ihn ganz und gar gefangen.
    In Kalifornien kostete der Betrieb eines vollständig im Privatbesitz befindlichen Personenwagens in der Grundausstattung zweihundertfünfundzwanzig- tausend Dollar: hunderttausend Dollar pro Jahr Leitstraßenbenutzungssteuer, fünfzigtausend Fahrzeugsteuer, jeweils zwanzigtausend Umsatzsteuer an das Land und an den Staat, fünftausend für die Leitstraßenforschung, zweitausendfünfhundert Parkgebühren für den Parkplatz im Haus, zweitausendfünfhundert Stromzuteilungslizenzgebühr, fünfhundert pro Monat Haussteckerwartungsgebühr, zweihundert Überlastungszählergebühr und fünfzig Teilnahmesteuer an LA City of Angels/California Transportation Operations (CALTROPS, was soviel wie ›Fußangeln‹ bedeutete; die Formulare waren alle entworfen und das Logo war eingesetzt worden, bevor ein gewitzter Bürger darauf hinwies, und sie fanden es trotzdem nicht komisch). Der umfassend von einer Agentur betreute und vollbeschäftigte, therapierte Bürger verdiente durchschnittlich dreihundert Riesen im Jahr, die nicht von Agenturen erfaßten, untherapierten Schattenbewohner im Schnitt ein Drittel davon; eine Jahreskarte für den Bus kostete zwanzig Riesen, und trotzdem waren die Leitstraßen immer noch rappelvoll.
    Drei LitVid-Komödien drehten sich um den Fliegenden Holländer der Leitstraßen, der die Straße nie verließ, sich kein Haus leisten konnte, seine Familie in einem engen Bürgerfahrzeug gründete und von den Steuerbehörden gejagt wurde; in zweiundzwanzig LitVid-Unterhaltungssendungen ging es um Los Angeles und/oder die Highways von Südkalifornien in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, der Zeit der romantischen Abenteuer. Sie waren nicht umsonst Freeways genannt

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