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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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um, wie es angebracht gewesen wäre. »Wie eilig hast du’s damit?«
    »Wenn ich Goldsmith bis morgen nicht in diesem Land aufspüre, bin ich übermorgen unterwegs nach Hispaniola.«
    »Ich kann mal mit meinen Freunden reden. Aber wenn du nicht fliegst, vergessen wir die Sache.«
    »Kontakte in den Schatten kann ich immer brauchen«, sagte sie.
    »Laß mir meinen Willen. Die brauchst du nicht.«
    Die Arbeiter brachten den Lunch. Als erstes kam der urnenförmige Arbeiter; er trug ein Tablett mit zwei Weingläsern. Der Kubist rollte mit einem Tablett voller Sandwichköstlichkeiten hinterdrein.
    »Mary, du weißt, ich bete dich an«, sagte Ernest beim Essen. »Ich würde auf eine Menge verzichten, um gesetzlich mit dir verbunden zu sein.«
    Mary lächelte, dann erschauerte sie. »Nichts wäre mir lieber, aber ich will nicht, daß einer von uns auf etwas verzichtet. Wir sind beruflich noch nicht ganz oben. Erst, wenn wir das geschafft haben.«
    Ernest hatte ihr Erschauern gesehen. »Treib keine Scherze mit mir. Sonst geb ich’s vielleicht auf und schnapp mir ein Barrio-Schätzchen.« Er schenkte ihr eine Tasse Tamarindo ein. Ernest trank keinen Alkohol nahm keine Drogen. »Aber das sag ich fast jedesmal, oder?«
    Sie prosteten einander zu. Mary hob die Hand und starrte sie an, als ob sie nicht zu ihr gehörte.
    »Also, was ist sonst noch los?« fragte Ernest sanft.
    »Theo hat angerufen.«
    »Die nervöse Theodora«, sagte Ernest. »Hat sich ihr Herzenswunsch erfüllt?«
    Mary schüttelte den Kopf. »Sie ist wieder übergangen worden. Zum drittenmal.«
    »Das hab ich nicht gemeint«, sagte Ernest.
    »Oh?«
    »Du sagst, sie ist deine Freundin, Mary, aber so eine Freundin habe ich noch nie gesehen. Sie sonnt sich in deinem Glanz. Sie liebt dich nicht. Sie will so sein wie du, aber sie haßt dich, weil du anders bist als sie.«
    »Oh.« Sie setzte ihr Glas ab.
    »Hat sie sich bei dir ausgeweint?«
    »Lunch bei dir ist wie Liebe mit dir«, sagte Mary nach einer Pause. »Tut mir aufrichtig leid, daß ich nicht länger bleiben kann.« Sie hob ein mit gewürzten Zuchtshrimps gefülltes, erlesen dekoriertes Sandwich, als wollte sie einen Toast auf ihn ausbringen.
     
    Die Bürgeraufsicht nahm die ersten sieben Stockwerke eines Geschäftsturms des frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts ein, der am Wiltshire im alten Beverly Hills aufragte. Die Warteräume im ersten Stock versuchten gar nicht erst, einen Anschein von Stil zu erwecken; sie waren karg unbequem weiß und hell erleuchtet.
    Mary wartete geduldig, während die Minuten bis zu ihrem Termin vorrückten und dann weiterliefen. Drei andere PDs aus Long Beach und den Torrance Towers, die ihr gegenübersaßen, warteten genauso geduldig. Sie sprachen wenig miteinander. Sie waren nicht in ihrem Element.
    Die Aufsicht gebot über Informationen, an die das PD auch durch Gerichtsbeschluß nicht herankam. Solche Informationen zu erhalten war eine Kunst, die viel mit Politik gemeinsam hatte. Einzelne PDs oder PD-Bezirke, die zu häufig anfragten, wurden schnell als unmäßig gebrandmarkt.
    Überall in den USA verfolgten Vidmonitoren und andere Sensoren die Aktivitäten der Bürger in Privatwagen Bussen Zügen Flugzeugen und sogar auf den Gehwegen, überall dort, wo Bürger öffentliche Plätze oder Gebäude benutzten. Die Akten privater Dienstleistungsunternehmen, Bankunterlagen, Krankenblätter und Therapieunterlagen, alles ging zur Aufsicht, und in jedem Staat wurden jährlich neue Beamte vom Volk gewählt, um die so gewonnenen Informationen zu verwalten.
    Die Aufsicht hatte ihren Wert hundertemale unter Beweis gestellt, indem sie soziale Statistiken herausgegeben hatte, Rohdaten, die erforderlich waren, um Pläne zu machen Trends zu erfassen und eine Nation von einer halben Milliarde Menschen zu verstehen und ihr zu dienen.
    Anfangs, als man die Aufsicht vorgeschlagen und geschaffen hatte, war es ihr strengstens verboten gewesen, irgendwelche Daten über einzelne Bürger oder auch nur spezifische Gruppen von Bürgern zu veröffentlichen, ganz gleich, aufgrund welcher Aktivitäten sie mit der Justiz oder dem PD zu tun hatten. Aber schon vor Raphkind war die Mauer zwischen der Aufsicht und den Gerichten sowie dem PD dünner geworden. Während der sieben Amtsjahre von Raphkind hatte man die Mauern weiter ausgedünnt und schließlich durchbrochen, und die Informationen waren ungehindert an das PD und das Bundesamt geflossen. Jetzt schwang das Pendel zurück, und die Aufsicht gab dem

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