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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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bin, wird man mich finden und mich töten. Ein Spiel! Das ist das Spiel, das ich jeden Tag in meinem Kopf spiele, um die Worte zum Fließen zu bringen, aber es funktioniert immer seltener, und das könnte bedeuten,
    daß es
wahr
ist.
     
29
     
    Martin hatte den Vormittag und den Mittag in dem ihm zugewiesenen Zimmer in Albigonis Villa verbracht, hatte das Frühstück und den Lunch eingenommen, die ihm von den teuren Arbeitern gebracht worden waren, und sich weiter mit Goldsmiths Schriften befaßt. Es widerstrebte ihm, irgendwohin zu gehen, wenn er nicht dazu aufgefordert wurde. Dieses Widerstreben ließ um halb zwei nach. Er zog sich einen einteiligen Anzug und ein Armcape an, betrachtete sich im Spiegel und wagte sich dann hinaus.
    Er betrat den langen Speisesaal, der ebenfalls leer war, und ging an der linken Stuhlreihe vorbei, beeindruckt von der Stille. Das Sonnenlicht fiel sauber und ohne Stäubchen durch die hohen Fenster des Speisesaals herein. Stirnrunzelnd unterzog er die gewaltigen Eichenbalken einer eingehenden Musterung, trödelte ein bißchen in der riesigen, mechanisierten Küche herum und schlenderte weiter, wie ein Kind in einem Märchenschloß.
    Im Arbeitszimmer traf er Lascal, der mürrisch vor einer Tafel saß und eine Textseite las.
    »Wo ist Albigoni?« fragte Martin.
    Lascal sagte guten Morgen. »Mister Albigoni ist im Familienzimmer. Den Flur entlang, am Eingang vorbei und nach links, die halbe Treppe hoch und dann die zweite Tür rechts.«
    »Ist er allein?«
    Lascal nickte erneut. Er hob den Blick kein einziges Mal vom Bildschirm. Martin blieb einen Moment lang neben ihm stehen, fröstelte leicht und folgte seinen Angaben.
    Albigoni hockte im Familienzimmer vor einem hohen Weihnachtsbaum. Um ihn herum lagen eingepackte Geschenke. Als Martin eintrat, schaute er auf und begann die Pakete befangen wieder an ihren Platz zu legen.
    »Störe ich?« fragte Martin.
    »Nein. Wir hatten… das alles schon vorbereitet.« Er zeigte auf den Baum und die Pakete. »Sie liebte Weihnachten. Betty-Ann. Ich habe nichts dagegen, glaube ich. Es erinnert mich an die Zeit, als sie noch klein war. Seit ihrer Geburt hatten wir hier drin jedes Jahr einen Weihnachtsbaum.«
    Martin sah den Mann mit schmalen Augen an. Albigoni stand langsam auf, wie ein lethargisches Faultier oder ein müder Gorilla. »Wenn die Beerdigung vorbei ist, geben wir die Pakete der Wohlfahrt. Sie hat uns ihre Pakete noch nicht geschickt… noch nicht gebracht.«
    »Das tut mir sehr leid«, sagte Martin.
    »Es ist nicht Ihr Kummer.«
    »Man kann auch zu nüchtern sein«, sagte Martin. »Manchmal ist das Problem größer als der Schmerz.«
    »Kümmern Sie sich nicht um den Schmerz«, sagte Albigoni. »Kümmern Sie sich um das Problem.«
    Er schob sich an Martin vorbei und drehte sich um. All die Falten in seinem breiten, väterlichen Gesicht zogen seine Miene nach unten. Er wedelte mit den Fingern, ohne eine Hand zu heben, und sagte: »Sie können auf diesem Grundstück tun und lassen, was Sie wollen. Es gibt einen Pool und eine Sporthalle. Eine Bibliothek natürlich auch. Und LitVid-Geräte. Vielleicht hat Paul Ihnen das ja schon gesagt.«
    »Hat er.«
    »Morgen treffen wir uns in La Jolla. Haben Sie Ihre Liste zusammengestellt, Ihren Reiseplan…?«
    Martin nickte. »Physische Diagnose von Goldsmith, mentaler Scan, dann will ich mir die Ergebnisse ansehen.«
    »Für all das habe ich erstklassige Neurologen engagiert. Carol hat uns ein paar Namen gegeben… verschwiegene Leute, Profis. Sie werden alles vorfinden, was Sie brauchen.«
    »Da bin ich ganz sicher«, sagte Martin. Faust-Aufträge. Mit welchen Versprechungen waren Carols Neurologen geködert worden? Was würde man ihnen erzählen?
    Albigoni hob den Blick und sah Martin in die Augen.
    »Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, Mr. Burke, im Moment kommt mir nichts von dem, was wir tun, sonderlich sinnvoll vor. Aber wir werden es trotzdem tun.« Er verließ das Zimmer. Martin spürte den Weihnachtsbaum hinter sich wie eine Erscheinung. Dunkle Eichen- und Ahornmöbel; vernichtete Wälder.
    »Dann werde ich mal schwimmen gehen«, sagte er leise. »Alles ist in besten Händen.«

Für mich ist Hispaniola wie Guinée, John. Die verlorene Heimat. Nicht Afrika, nur Hispaniola. Wir haben ja schon darüber gesprochen, daß ich ein Gedicht für Sie schreiben soll. Darf ich heimkommen? Ich weiß nicht, was für Gepäck ich mitbringen werde.
     
30
     
    Nadine redete nun schon eine geschlagene Stunde über

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