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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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eben… einen kurzen Blick in den Hörsaal geworfen. Alles bis auf den Puffer scheint da zu sein, wo es hingehört.«
    »Es reicht«, bestätigte Carol. Martin versuchte, sie nicht direkt anzusehen. Er fühlte sich jetzt besonders verletzlich. Sein Puls raste. Er machte regelmäßige, tiefe Atemzüge und konnte nicht stillstehen.
    »Wie geht es Goldsmith?«
    »Als ich das letztemal mit ihm gesprochen habe, gut«, sagte Albigoni. Der Initiator der ganzen Sache machte einen gelassenen Eindruck, ein Zentrum friedlicher Entschlossenheit, um das Martin kreisen würde, wie er sah, ein Elektron des Kerns des Verlegers. Unwichtig. Warum war er überhaupt hier? Es war alles vorbereitet; sie konnten es genausogut ohne ihn machen.
    »Dann wollen wir ihn uns mal ansehen«, sagte Martin und zog sich den dritten Sessel zurecht, so daß er auf den Hauptschirm schauen konnte. Lascal saß auf einer Arbeitsplatte hinter ihnen. Carol ließ die Steuerung in der Armlehne ihres Sessels aufschnappen und aktivierte den Schirm. »Zimmer eins, bitte«, sagte sie.
    Goldsmith saß zusammengesunken auf der Kante des ordentlich gemachten Bettes und hielt ein Buch auf Kniehöhe vor sich. Schwarze Haare zerzaust Kleidung zerknittert aber heitere Miene. Martin musterte das Gesicht in aller Ruhe, bemerkte die schläfrigen Augen mit den schweren Lidern tiefe Charakterfalten um Mund und Nase stetig hin und her gehende Augen totale Konzentration auf das Buch.
    »Was ist das für ein Buch?« fragte Martin.
    »Der Koran«, antwortete Albigoni. »Eine Sonderausgabe, die ich vor fünfzehn Jahren auf den Markt gebracht habe. Es war das einzige Buch, das er dabeihatte.«
    Martin sah Lascal über die Schulter hinweg an. »Hat er das die ganze Zeit gelesen?«
    »Ab und zu«, sagte Lascal. »Er hat den Islam als >Die Religion der Sklavenhändler< bezeichnet. Sagte, falls er eingesperrt werden sollte, müßte er die Mentalität von Herrenmenschen kennen.«
    »Die Moslems sind häufig auf Sklavenjagd gegangen«, meinte Carol.
    »Weiß ich«, sagte Martin. »Aber er selbst ist kein Moslem, oder? In dem Material über ihn steht nichts davon.«
    »Er ist kein Moslem«, bestätigte Albigoni. »Soweit ich weiß, glaubt er an gar keine formelle Religion. Vor ein paar Jahren hat er sich so nebenbei ein bißchen mit Voodoo beschäftigt, aber nicht sehr eingehend. Hat früher immer einen Laden in LA aufgesucht, um rituelle Dinge zu kaufen, mehr zu Forschungszwecken als aus spirituellen Bedürfnissen heraus, denke ich.«
    Zwei Patienten des IPR waren als Moslems geboren worden. Ihre Heimatländer waren kompliziert und verstörend gewesen, vom Forschungsaspekt her jedoch großartig, mühelos zehnmal soviel wert wie die drei oder vier Artikel, die er darüber geschrieben hatte, aber nicht nach Martins Geschmack. Er hatte gehofft, Islamforscher ausbilden zu können, um dieses spezielle kulturelle und religöse Terrain zu bearbeiten, aber man hatte ihm nicht genug Zeit dafür gelassen.
    »Er scheint innerlich ruhiger zu sein als ich«, meinte Martin.
    »Er ist auf alles gefaßt«, sagte Albigoni. »Ich könnte jetzt sofort mit einer Pistole oder einer Höllenkrone da hineingehen, und er würde mich willkommen heißen.«
    »Ein Massenmörder als Märtyrer und Heiliger.« Carol warf Martin ein kleines, verschwörerisches Lächeln zu, als wollte sie sagen Die perfekte Herausforderung, was?
    Martins Antwortlächeln war nicht mehr als ein kurzes Zucken der Mundwinkel. Sein Magen war so straff wie eine Trommel. Es war ein Unterschied, ob man gefaustet wurde oder Faust war. Er war im Begriff, die Linie zu überschreiten.
    Goldsmiths Hände waren wie feines Leder strukturiert, die Finger lagen locker um das Buch. Sauber. Kein Blut.
    Martin stand auf. »Wird Zeit, daß wir an die Arbeit gehen. Carol, laß uns mit den Vieren treffen und die nächsten paar Tage planen.«
    Albigoni sah ihn ein wenig überrascht an.
    »Wir machen das nicht alles auf einmal, Mr. Albigoni«, erklärte Martin, froh, etwas anderes als ruhige Erwartung auf dem Antlitz seines Wohltäters zu sehen. »Wir planen, wir treffen Vorbereitungen, wir proben. Ich hoffe, Sie haben uns hier genug Zeit verschafft.«
    »Soviel Sie brauchen«, sagte Lascal.
    Martin nickte knapp und nahm Carols Arm. »Gentlemen, entschuldigen Sie uns.« Sie verließen zusammen den Raum. Martin schüttelte zweifelnd den Kopf, als sie an den Wachen vorbei durch den Flur zum Unterstützungs- und Überwachungsraum gingen.
    »Ich wünschte, die

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