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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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loszukommen, er wird es ein zweites Mal schaffen. Warum willst du ihn unnötig quälen? Die Schmerzen sind unerträglich.« Er hatte gefunden, was er suchte, zerkrümelte eine der kleinen dunkelbraunen Kugeln und legte Rackham die Bröckchen auf die Zunge. Sein Patient schluckte instinktiv, öffnete aber die Augen nicht.
    »Halt den Arm ganz fest. Er darf nicht zucken!« Hamilton griff
einen großen Stein. Rackham stöhnte, als Anne seinen Arm so behutsam wie möglich in die gewünschte Position brachte. Mit beiden Händen bemühte sie sich, ihn so zu halten, dass Calico im entscheidenden Moment nicht zurückzucken konnte. Dann schloss sie die Augen. Hamilton setzte den Keil an der Wurzel des Mittelfingers an und schlug mit aller Kraft zu. Rackham stieß einen unmenschlichen Schrei aus und sank in eine tiefe Ohnmacht. Ohne zu pausieren, wiederholte Hamilton die grausige Prozedur mit dem Ringfinger und löste als letztes den kleinen Finger vom Handrücken. Rackham war noch immer bewusstlos. Hamilton gab Anne einen Schubs und hob die blutende Hand hoch.
    »Schnell! Ich brauche frisches Wasser und ein Tuch.« Mit einem kleinen scharfen Messer schnitt er das restliche brandige Fleisch von der Hand und wusch die Wunde aus. Dann nahm er eine gläserne Phiole aus seiner Kiste und bestrich die ganze Hand mit einer braunen, scharf riechenden Tinktur. Anne war kalkweiß.
    »Nicht schlapp machen jetzt. Halt den Arm fest. Ich versuche die Blutung zu stillen.« Hamiltons Stimme klang zufrieden. »Die Finger hätte er nie mehr benutzen können. Er wird lernen, auch ohne sie zurechtzukommen.« Rackham rührte sich nicht. Das Opium wirkte. Der Arzt sah ihn mitleidig an.
    »Mehr können wir im Moment nicht für ihn tun. Er braucht Ruhe, und wenn er zu Bewusstsein kommt, geben wir ihm etwas zu trinken und noch mehr von diesem Teufelszeug.« Er deutete auf das Opium. »In zwei, drei Tagen wissen wir, ob er die Sache übersteht.«
    Die erschöpften Freibeuter erholten sich schnell. Virgin war noch immer gefesselt. Nachdem Mary von den ermordeten Sklaven berichtet hatte, berieten die Piraten über sein Schicksal. Die Mehrheit war dafür, ihn entweder zu töten oder in einem der Boote auszusetzen. Anne ergriff das Wort.
    »Es ist schon so viel Blut geflossen. Ich bin dafür, dass wir ihn am Leben lassen. Er soll uns sein Ehrenwort geben, dass er keinem von uns schadet.« Mary sah sie ungläubig an.
    »Nach allem, was ich eben erzählt habe, willst du ihn hierbehalten. Was ist das Ehrenwort von so einem Schuft schon wert!« Die Piraten stimmten ihr zu.

    »Hier auf der Insel hat keiner etwas davon, wenn er einem anderen ein Leid antut. Wir können es nur schaffen, wenn wir zusammenhalten, und er weiß, dass er sofort des Todes ist, wenn er sich nicht an die Regeln hält«, widersprach Anne. Ihr Vorschlag wurde mit knapper Mehrheit angenommen. Sie löste Virgins Fesseln.
    »Ich hoffe, du weißt, wie tief du in meiner Schuld stehst. Und merk dir eins: Nur eine Kleinigkeit, und du kannst dein letztes Gebet sprechen.« Sie sah ihn drohend an. Virgin rieb seine aufgescheuerten Gelenke und nickte.
    Eine Woche nach dem Eingriff hatte sich Rackhams Zustand kaum gebessert. Dank des Opiums verbrachte er die meiste Zeit in einem Dämmerzustand, war nicht ansprechbar und reagierte kaum, wenn Anne oder der Arzt ihn versorgten.
    »Doktor, geben Sie ihm doch bitte etwas weniger von dem Zeug, vielleicht wacht er dann für ein paar Minuten auf, sodass ich mit ihm reden kann«, bat sie. Hamilton hatte seine morgendliche Untersuchung beendet und willigte zögernd ein.
    »Es geht ihm nicht gut, aber der Arm ist abgeschwollen, die Entzündung ist zurückgegangen, und die frischen Wunden eitern nicht. Wir können es versuchen. Wenn er zu starke Schmerzen hat, kann ich die Dosis wieder erhöhen.«
    Als Calico das erste Mal aus seiner Betäubung erwachte, war sein Blick trüb, seine Augen lagen in tiefen Höhlen, die trockene Haut spannte über seinen Wangenknochen. Anne saß neben ihm, stützte seinen Kopf und flößte ihm einen Kräutersud ein, den Hamilton gebraut hatte. Rackham spuckte den ersten Schluck wütend aus.
    »Was ist denn das für ein Schweinetrank! Willst du mich umbringen? Meine Zunge klebt wie eine alte Socke an meinem Gaumen, und du vergiftest mich. Was ich brauche, ist ein anständiger Schluck Rum.« Anne lächelte glücklich.
    »Willkommen bei den Lebenden, Calico. Wie schön, dich wieder fluchen zu hören. Aber mit Rum kann ich dir leider

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