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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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wieder ein Schiff betreten«, flüsterte Jubilo und versuchte ein mattes Grinsen, als Mary ihm das Blut eines eben gefangenen Fisches einflößte.
    Ben Hamilton lehnte an einer Ruderbank und hielt noch immer seine Kiste und die Ledertasche mit eisernem Griff fest. Sonne und Salzwasser hatten seine Haut so verbrannt und ausgetrocknet, dass sie sich in Blasen von Stirn, Nase und Kinn löste. Mühsam öffnete er die verklebten Augen und stierte nach vorn.
    »Read! Read!« Der Arzt umklammerte Marys Arm und krächzte mit letzter Kraft. »Entweder habe ich Halluzinationen, oder ich sehe Land.«
    Mary folgte seiner Blickrichtung und stieß einen Jubelschrei aus.
    »Land in Sicht! Wir sind gerettet! Der Doktor hat Land gesichtet!
« Die eben noch apathischen Freibeuter mobilisierten ihre letzten Kräfte und schafften es, die Boote mit ihren Rudern, wenn auch langsam, in Richtung des gesichteten Landes zu bewegen. Schon von Weitem war zu erkennen, dass es sich um eine Insel handelte. Mary kniff die Augen zusammen.
    »Da leben Menschen! Ich sehe Rauch am Himmel aufsteigen. Männer, wir müssen vorsichtig sein. Wenn das Wilde sind, schlachten sie uns ab und rösten uns!« Mary hatte ihr Versprechen wahr gemacht und ihre ohnehin dürftige Ration mit Jubilo und Kisu geteilt. Durch die Entbehrungen hatte sie so viel Gewicht verloren, dass die Kleidung um ihren mageren Leib schlotterte. Doch ihr Blick leuchtete energisch.
    Auf der Suche nach einem Anlegeplatz fuhren die Boote in sicherem Abstand um die Insel herum. Die Zweige der dichten Mangroven reichten tief ins Wasser, als Mary zwischen den Pflanzen eine kleine Schneise entdeckte.
    »Da rein! Und keinen Laut!« Sie zückte ihr Messer und ging zum Bug. Geräuschlos glitten die Boote zwischen den Mangroven hindurch. Das Gehölz wurde lichter, öffnete sich und gab den Blick auf eine kleine Bucht frei. Mary sah sie als Erste und reckte die rechte Faust siegessicher gen Himmel.
    »Es sind unsere Leute! Jungs! Da vorne liegen die Boote der Juliana !« Während einige der Piraten auf die Knie sanken und beteten, sprangen andere in das seichte Wasser und zogen die Boote zum Strand. Virgin lag gefesselt in einer Ecke und wusste nicht, ob er dankbar für die Rettung sein oder den Tag verfluchen sollte.
     
    Zehn Besatzungsmitglieder der Juliana , die mit dem Ausnehmen von Fischen beschäftigt gewesen waren, trauten ihren Augen nicht, als sie das Boot der Bladen sahen. Sie halfen den Neuankömmlingen an Land.
    Der Marsch zum Lager war beschwerlich. Keiner der Männer war in der Lage, den Weg ohne Hilfe zurückzulegen. Gestützt von ihren Kameraden schleppten sie sich mit kleinen Schritten und großen Pausen bis zu der Quelle.
    Es wurde schon dunkel, als sie ihr Ziel endlich erreichten. Als Anne ihn erkannte, fiel sie Hamilton um den Hals. Sie ließ dem Arzt keine
Zeit, sich zu erholen, brachte ihm etwas zu essen und zu trinken und führte ihn zu Rackham.
    »Doktor, Sie müssen ihm helfen. Es geht ihm von Tag zu Tag schlechter. Er redet im Fieberwahn, und die Hand sieht so furchtbar aus, dass ich kaum noch hinsehen mag.« Sie legte Calicos eiternde Wunde frei. Hamilton warf einen kurzen Blick darauf, zeichnete mit dem Zeigefinger den roten Strich auf Rackhams Arm nach und flüsterte: »Die drei zerquetschten Finger sind verloren. Jetzt ist es zu dunkel, aber morgen, wenn die Sonne aufgeht, werde ich sie abnehmen müssen. Wenn ich das nicht tue, stirbt er.« Anne schlug die Hände vor das Gesicht und brach in Tränen aus.
    »Wird er denn leben, wenn Sie es tun?« Hamilton zuckte mit den Schultern.
    »Das weiß nur der Herrgott. Zumindest hat er dann eine Chance. Aber erst muss ich schlafen.«
    Am nächsten Morgen bereitete er die Operation vor und winkte Anne zu sich.
    »Ich brauche ein glattes Stück Holz, auf das ich die Hand legen kann. Außerdem einen Keil, so scharf geschliffen, dass ich Knorpel, Sehnen und Hautfetzen damit zertrennen kann.«
    »Wir haben Enteräxte hier, ist das nicht besser?« Anne schüttelte sich bei dem Gedanken, was Calico bevorstand.
    »Eine Axt ist zu groß. Wenn der Schlag auch nur einen Millimeter danebengeht, verliert er die ganze Hand.« Anne brachte das gewünschte Holzstück und fertigte einen Keil mit ihrem Messer. Hamilton saß neben Rackham und kramte in seiner Kiste.
    »Ich werde ihm Opium geben, dann spürt er den Schmerz nicht.« Anne hob abwehrend die Hände.
    »Aber dann fängt ja alles von vorne an.«
    »Er hat es einmal geschafft, davon

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