Koenigin der Meere - Roman
fehlt, sagt Ian, dass beinahe täglich Schiffe mit neuen Waren einlaufen. Hier können wir wohnen, bis ich mich etabliert und ein Grundstück gefunden habe. Dann bauen wir uns was Größeres.«
»Aber wir brauchen doch nichts Größeres, können wir nicht einfach hierbleiben?«
»Nicht für immer, Peggy. Die Leute in der Siedlung sind nett, aber einfach. Auf die Dauer muss unser Platz woanders sein. Du hast sie auch gesehen, die Häuser unten in der Stadt an der Promenade, da gehören wir hin.« Er küsste Margaret auf den Scheitel. Mit Tränen in den Augen schmiegte sie sich an ihn.
»William, ich bin keine Dame der Gesellschaft. Ich bin vor Gott ja nicht einmal deine Frau. Ich fürchte mich weniger vor Einbrechern, als vor dem, was ich nicht kann und weiß. Was, wenn sie mir auf die Schliche kommen?«
»Peggy! Gott sieht, wie sehr ich dich liebe, und dass wir nicht verheiratet sind, liegt einzig daran, dass Gwendolyn nicht in die Scheidung eingewilligt hat. Aber hier bis du meine Frau, die Mutter meiner wunderschönen Tochter. In Charleston bist du Mrs. Cormac, und niemand wird es wagen, dir Schwierigkeiten zu machen.«
Ein Jahr später zog die Familie in ein prächtiges Haus an Charlestons belebter Promenade.
Anne, die gerade ihren fünften Geburtstag gefeiert hatte, bewohnte zwei Zimmer. Eines zum Schlafen, in dem anderen spielte sie mit ihren Freundinnen, wenn sie nicht bei ihrem Hauslehrer Unterricht hatte.
Mr. Cox war ein schlaksiger junger Mann, der von Montag bis Freitag an jedem Vormittag ins Haus kam. Er liebte seinen Beruf, vergötterte seine kleine Schülerin und verehrte ihre Mutter.
»Mrs. Cormac, ich will Ihnen wahrhaftig nicht schmeicheln, aber ein so talentiertes Mädchen wie Ihre Anne habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht unterrichtet. Die Auffassungsgabe Ihrer Tochter ist ganz außergewöhnlich. So außergewöhnlich wie die Schönheit der gnädigen Frau Mutter, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.«
Margaret errötete und bot Mr. Cox ein Glas gekühlte Zitruslimonade an.
Ihre Tage in Charleston waren einsam. Aus Unsicherheit mied sie die Gesellschaft der Damen, deren Männer wie William den ganzen Tag arbeiteten. Außer einer Köchin hatte sie bisher kein Personal eingestellt. Tilly hatte vier Jahre Fronarbeit geleistet und war erst seit wenigen Wochen ein freier Mensch. Sie hatte ein pfannkuchenrundes Gesicht und schaute mit offenem, ehrlichem Blick aus blassblauen Augen in die Welt.
»Will, ich brauche keine weiteren Angestellten. Bitte, lass mir die Freude. Es macht mir Spaß meinen Haushalt selbst zu führen.« Wenn ihr Mann geschäftlich außer Haus war, setzte sich Margaret oft in seinen großen ledernen Sessel in der Bibliothek und las in einem der schweren, ledergebundenen Bücher. Anfangs hatte die Lektüre ihr große Schwierigkeiten gemacht, doch inzwischen bereitete ihr das Lesen Freude.
Wenn er keine aushäusigen Termine wahrzunehmen hatte, war der kleine Warteraum vor Williams Arbeitszimmer von morgens früh bis spät am Nachmittag überfüllt. Er hatte sich auf Kaufverträge und alle damit verbundenen rechtlichen Feinheiten spezialisiert. Nebenbei war er selbst ein wenig in das Handelsgeschäft eingestiegen und hatte ein paar Quadratmeter des großen Kontors am Hafen gemietet. Dort lagerten die Waren, die er auf Auktionen zu löschender Schiffsladungen mit Geschick und Gespür billig erstand, um sie zu einem günstigen Zeitpunkt und weitaus höheren Preis wieder zu verkaufen.
»Wenn das so weitergeht, werde ich irgendwann nur noch als Kaufmann tätig sein«, sagte er eines Abends zu Margaret. »Das wirft ein Vielfaches dessen ab, was ich als Anwalt verdiene.«
»Ach, Will, dann musst du noch mehr arbeiten und wirst noch öfter fort sein. Ich fände es schöner, wenn wir ein bisschen mehr Zeit füreinander hätten.« Margaret fasste sich an die Schläfe. Seit einigen Wochen, genau genommen, seit sie das neue Haus bezogen hatten, litt sie wiederholt unter heftigen Kopfschmerzen. William beobachtete sie mitfühlend.
»Peggy, mein Liebling, diejenige, die zu viel arbeitet, bis du. Blass und durchsichtig scheinst du mir.« Margaret hob abwehrend die Hände und wollte etwas entgegnen, doch er schnitt ihr das Wort ab:
»Nein, diesmal lasse ich keine Widerrede gelten. Morgen ist eine große Auktion am Hafen, und dort werde ich dir Hilfe besorgen.«
»Ich will keine Sklaven!« Es klang wie ein erstickter Schrei.
»Hier gehören Sklaven dazu. Ich bin der einzige
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