Koenigin der Meere - Roman
skeptisch den Kopf.
»Die Erbse fängt an, das Wasser zu trinken, und hört erst auf, wenn sie einen ganz dicken weichen Bauch hat.«
»Zeigen«, forderte Anne und hockte sich neben Tess.
»Wenn deine Mummy erlaubt, zeige ich es dir gerne, aber erst müssen wir die anderen Erbsen einsammeln, denn sonst werden sie auf dem Boden zertreten, und wenn sie dann eines Tages Durst bekommen und Wasser möchten, sind sie kaputt und können nicht mehr trinken.«
Zehn Minuten später war die Schale unter Annes eifriger Mithilfe wieder gefüllt, Tess engagiert, und eine Erbse lag in einem Wasserglas.
Es dauerte nicht lange, und die Erzieherin bemerkte, dass Margaret dienstags und freitags großen Wert darauf legte, dass sie das Haus pünktlich verließ. Tess nahm ihren Korb, winkte Anne zum Abschied, ging bis zum Ende der kleinen Gasse und versteckte sich zwischen zwei Häusern. Nachdem sie Cormac das vierte Mal in Folge kurz darauf gesehen und aus ihrem Schlupfwinkel beobachtet hatte, wie er in Margarets Haus verschwand, konnte sie Mrs. Cormac eine genaue Beschreibung des Fremden geben und die versprochene Belohnung einstreichen.
Gwendolyn hörte ihr aufmerksam zu, verzog keine Miene.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie ihren Plan mit kühlem Kopf verfolgt. Jetzt, da es ernst wurde, war ihr schwindlig. Sie legte sich auf ihr Bett und schloss die Augen. Wie konnte ihr Leben nur so anders verlaufen, als sie es sich vorgestellt hatte.
»Ich werde dich vernichten! Zertreten wie eine Schabe werde ich dich!«, dachte sie und wusste auch schon wie.
Der folgende Tag war ein Freitag. Mrs. Cormac ließ Tom die Kutsche anspannen und nannte ihm die von Tess angegebene Adresse.
»Hol Mr. Cormac am Nachmittag um vier dort ab, und nimm den
Stallknecht mit, dass er das Pferd meines Mannes nach Hause bringen kann.«
Margaret öffnete die Tür und erbleichte, als Tom ihr mitteilte, Mrs. Cormac schicke ihn, seinen Herren abzuholen.
»Ich weiß nicht, wann ich das nächste Mal kommen kann. Aber ich komme wieder, verlass dich darauf.« Ohne ein weiteres Wort stieg William in die Kutsche.
Gwendolyn erwartete ihn in seinem Arbeitszimmer. Sie trug ein hochgeschlossenes Kleid, eine lange Perlenkette und hatte die Haare streng aus dem Gesicht frisiert. Streng war auch ihr Ausdruck, als ihr Mann den Raum betrat.
»Ich werde dir keine Szene machen, und sorge dich nicht! Du wirst auch keine Tränen sehen. Und vor allem werde ich dir keine Erklärung und keine Entschuldigung abfordern. Denn alles, was du sagen würdest, wäre ohnehin gelogen. So wie du mich seit Jahren belügst.« Sie sah ihn kalt an.
»Aber ich will, dass du dich auf der Stelle an deinen Schreibtisch setzt und mir das Haus mit allem Inventar sowie dein gesamtes Vermögen überschreibst. Jetzt! Hier und sofort!« Cormac hob abwehrend die Hände.
»Setz dich hin und schreib! Wenn du dich weigerst, weiß morgen die ganze Stadt, was für ein hinterhältiger Schurke du bist, dass du seit Jahren ein Doppelleben führst und nicht nur mich, sondern alle Bürger zum Narren hältst!«
»Gwendolyn, bitte, sei doch vernünftig, lass uns in Ruhe über alles sprechen!«
»Es gibt nichts zu sprechen. Du hast mich zum Gespött der Stadt gemacht, du hast mich gedemütigt und verletzt! Und dafür wirst du bezahlen, und zwar in barer Münze!« Ihr Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass sie ihre Drohung wahr machen würde.
»Aber nicht meine Bücher und Akten!«
»Bücher habe ich selbst genug, und auf deine Akten pfeife ich! Die kannst du mitnehmen, aber die Möbel im Arbeitszimmer gehören mir!«
Anwalt Cormac tauchte die Feder in das Tintenfass und vermachte
bis auf Bücher und Akten sein gesamtes Hab und Gut seiner Frau. Triumphierend nahm sie das Schriftstück entgegen und erhob sich.
»Ich warne dich, eine falsche Silbe, ein falscher Schritt, und ich bringe dich um, ohne dich zu berühren!« Erhobenen Hauptes rauschte sie aus dem Zimmer.
Noch in der Nacht suchte William Cormac aus verschiedenen Verstecken seine Goldmünzen zusammen, legte sie alle in das kleine Kästchen, das er für seine Tochter verwahrte, schnürte ein Päckchen und schickte Tom am frühen Morgen damit zu Margaret.
Gwendolyn erwachte aus unruhigem Schlaf und stellte fest, dass ihre Rachsucht keineswegs befriedigt war. William hatte nicht nur eine feste Mätresse, er hatte sogar eine Tochter mit diesem Weibsstück. Wenn es auch für die Tochter nichts mehr zu erben gab, nachdem alles ihr gehörte, so war
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