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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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Haare.
    Lucinda Lawes erkannte Anne sofort. Sie fuhr hoch, verdrehte die
Augen und sank mit einem spitzen Schrei in Ohnmacht. Nachdem man sie mit Riechsalz wieder unter die Lebenden geholt hatte, verließ sie auf zwei Wachleute gestützt den Saal.
    »Wir können nicht zum Tode verurteilt werden, Sir, wir sind beide guter Hoffnung!« Annes Stimme war fest und klar. Nicholas Lawes verlor für einen Moment seine Fassung. Seine beherrschten Gesichtszüge entgleisten. Mit offenem Mund starrte er Mary und Anne ratlos an. Die beiden Frauen erwiderten seinen Blick. Aufrecht standen sie vor ihm und triumphierten.
    »Habe ich recht gehört, Sie behaupten beide, schwanger zu sein, das heißt, Sie sind keine Männer?« Lawes hörte seine törichte Formulierung, als spräche ein anderer an seiner Stelle. Wie konnten sie Männer sein, wenn sie schwanger waren. Er schlug mit der Faust auf den Tisch, um das Kichern im Saal zu unterbinden.
    »So ist es, Sir, wir sind Frauen, und wenn Sie es wünschen, beweisen wir es hier an Ort und Stelle.« Annes Augen blitzten, als sie Anstalten machte, ihr Hemd zu öffnen. Lawes wehrte mit einer entsetzten Handbewegung ab.
    »Unterlassen Sie das, hier ist nicht der Ort dafür. Ein Arzt wird zu bestätigen haben, was Sie sagen.« Bevor der Gouverneur die Verhandlung schloss, ordnete er an, dass Anne und Mary von den Männern zu trennen und in einem separaten Verlies unterzubringen waren.
    Calico Jack Rackham beugte sich vor und sagte halblaut und voller Respekt: »Du traust dich was!« Es waren die letzten Worte, die Anne von ihm hörte.

-43-
    D rei Tage später war auf dem Richtplatz alles vorbereitet. Neben dem Hafen war eilig ein Podest gezimmert worden. Darauf standen die Galgen, an denen Rackham und seine Männer ihr Leben verlieren sollten. Am Tag der Hinrichtung wurden die Verurteilten durch die Stadt geführt. Ein hochdekorierter Offizier leitete die traurige Prozession. Der Kaplan sprach ein Gebet und versäumte nicht, die anwesenden Schaulustigen vor den Sünden der Piraten zu warnen und sie mit eindringlichen Worten zu einem gottgefälligen Leben zu ermahnen.
    John Davies, John Howell und Thomas Brown betraten das Podest. Sie machten keinen Gebrauch von ihrem Recht, letzte Worte zu sprechen.
    Schweigend schlossen sie die Augen, als der Henker ihnen die Schlinge um den Hals legte.
    Nicholas Lawes stieg aus seiner Kutsche und rückte den Dreispitz über der hohen Stirn zurecht. Majestätisch näherte er sich dem Podest. Die Zuschauer bildeten eine Gasse, um ihm den Weg zur Treppe freizumachen, und verneigten sich vor dem Vertreter ihres Königs. Der Gouverneur trug eine wallende Perücke und einen reich bestickten Gehrock. Der goldene Griff seines Ebenholzstöckchens funkelte in der Sonne. Reglos sah er zu, wie sich die Sterbenden in Zuckungen wanden, bis ein letzter Atemzug sie von ihren Qualen erlöste.
    Der Henker schnitt die Stricke durch, die Schlingen lagen noch um die Hälse der Toten, als sie ins Wasser geworfen wurden. Dort, so verlangte es der Brauch, mussten sie an Pfähle gebunden liegen bleiben,
bis die Flut dreimal über sie hinweggespült war, erst dann sollten sie hinter dem Friedhof auf einem Acker verscharrt werden.
    James Dobbins zerrte an seinen Fesseln und schrie: »Ich will nicht sterben, lasst mir mein Leben, ich bereue meine Taten!« Wahnsinnig vor Angst, versuchte er die eisernen Ketten zu sprengen. Zwei Gehilfen des Henkers schleppten ihn unbarmherzig unter den Galgen. Die Zuschauer stießen Verwünschungen und Buhrufe aus. Es gab Piraten, die mutig und tapfer starben. Viele von ihnen gingen den Weg zum Galgen mit der gleichen Eleganz und Beherztheit, die sie auch im Leben ausgezeichnet hatte. Manche warfen sogar Münzen oder Juwelen in die Menge. Dann wurde ihnen Respekt gezollt, und nicht selten wurden sie mit Applaus in den Tod begleitet. Doch wer sich so gebärdete wie Dobbins, bekam die Verachtung der Schaulustigen zu spüren.
    Dobbins gab nicht auf. Er wand und krümmte sich so lange, bis der Henker ihm schließlich einen Schlag mit der Keule versetzte. Dobbins brach in die Knie. Benommen, aber bei Bewusstsein, hörte er, wie die Menge johlte.
    »Schlagt ihn bloß nicht ohnmächtig. Er soll merken, was ihm geschieht.« Seite an Seite mit Noah Harwood, Patrick Carry und Thomas Earl hauchte der verzweifelte Dobbins sein Leben aus.
    Wie ihre Kameraden, wurden auch sie ins Hafenbecken geworfen, an einen Pfahl gekettet und mit dem Gesicht nach unten auf dem

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