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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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Lachen fast vom Wagen, als er sah, wie ein Bauer sie erbost mit seiner Forke jagte und viel zu langsam war, um die flinken Tiere zu erwischen.
     
    Spanish Town war seit 1655 Sitz der britischen Gouverneure. Sie residierten in einem prächtigen Palast. Über die Jahre hatten viele der Engländer hinter dem Rücken ihres Königs Geschäfte mit den Piraten gemacht, doch Gouverneur Nicholas Lawes war aus anderem Holz geschnitzt als seine Vorgänger. Lieber hänge ich die Kerle, als mit ihnen zu handeln, lautete sein Wahlspruch.
    Calico, Anne, Mary und die zehn Männer, die Barnett mit ihnen nach Spanish Town gebracht hatte, waren nicht die Einzigen, die schmerzhaft erfuhren, was es bedeutete, dem strengen Gouverneur ausgeliefert zu sein.

    Schwer bewacht waren sie auf einen Karren verfrachtet und von Kingston nach Spanish Town befördert worden. Anne, die seit der Festnahme von James Brady kaum noch Hoffnung hegte, ihren Häschern entkommen zu können, dachte über einen Fluchtversuch nach, als sie den Wagen verließen. Doch Fesseln und die Musketen der Soldaten zwangen sie, den vorgeschriebenen Weg einzuhalten. Im Gänsemarsch schleppten sich die Häftlinge in schweren Eisenketten zum Gefängnis. Die Passanten auf der staubigen Straße beäugten sie neugierig. Widerstand war zwecklos. Die Fußketten ermöglichten nur winzige Schritte. Anne bemühte sich, ihrem Vordermann nicht in die Fersen zu treten.
    Ein Wächter öffnete das Tor und übernahm die Führung zum Verlies. Die Piraten wurden eine schmale Treppe hinuntergebracht. Die Luft war feucht und roch nach Schimmel. Das unverputzte Mauerwerk schwitzte. Kleine Tropfen glitzerten auf den Steinen. Anne dachte an die Tränen, die hier schon geweint worden waren, und beschloss, ihr Schicksal nicht hinzunehmen. Der Wachmann öffnete eine niedrige Tür und stieß die Gefangenen grob in einen finsteren Raum. Anne kniff die Augen zusammen, um sich schneller an die Dunkelheit zu gewöhnen.
    Eingesperrt in dem düsteren Kerker, saßen die Piraten einzeln mit schweren Ketten an eiserne Haken im Mauerwerk gefesselt und konnten sich kaum bewegen.
    Die Wände ihres unterirdischen Verlieses waren so feucht, dass das Wasser in kleinen Rinnsalen auf den Boden lief. Für die Gefangenen unerreichbar, befand sich an der Decke ein kleiner, vergitterter Schlitz in der Wand. Hier fielen wenig frische Luft und ein spärlicher Lichtstrahl hinein. Er tauchte den Raum in dämmriges Licht. Draußen machten sich von Zeit zu Zeit ein paar junge Burschen aus der Stadt einen Spaß daraus, unter großem Gelächter durch die kleine Öffnung in den Kerker zu urinieren.
    Der gestampfte Lehmboden war bedeckt mit modrigem Stroh, das nur zweimal im Jahr gewechselt wurde. Es stank nach Urin und Exkrementen. Die Versorgung der Gefangenen war zum Gotterbarmen. Einmal täglich brachte ein missmutiger Wärter brackiges Wasser. Trotz des schummrigen Lichtes sah man, dass es vor Insektenlarven
wimmelte. Die einzige Mahlzeit des Tages bestand aus gekochten Abfällen.
    Mary verbrachte die meiste Zeit betend und hob den Kopf nur, wenn sie angesprochen wurde.
    Anne hatte sich vier Tage geweigert, etwas zu sich zu nehmen. Dann siegte ihr knurrender Magen.
    »Eigentlich ist es egal, woran ich sterbe. Vermutlich vergifte ich mich mit diesem Dreck hier, dann brauche ich wenigstens nicht an den Galgen.« Sie stocherte angeekelt mit dem Löffel in dem Brei aus Reis und fauligem Gemüse.
    Calico Jack Rackham lehnte apathisch an der feuchten Wand und seufzte: »Womit habe ich das nur verdient? Ich gäbe alles, was ich jemals besessen habe, dafür, wenn ich aus diesem Loch heil herauskommen könnte.« Die anderen schwiegen.
    »Einmal noch eine anständige Mahlzeit, einmal noch den Himmel sehen und das Meer.« Er klaubte sich eine Laus aus dem verfilzten Bart. Anne, die neben ihm saß, sah ihn zornig an.
    »Wenn du nicht dein halbes Leben lang gesoffen hättest wie ein Tier und auf der Dragon gekämpft hättest wie ein Mann, müsstest du jetzt nicht hängen wie ein Hund.«
    Draußen näherten sich Schritte. Nicholas Lawes kam mit vier Soldaten, um seinen Gefangenen einen Besuch abzustatten. In seinem Brokatrock und mit dem gefilzten Dreispitz auf dem Kopf hob sich seine Erscheinung königlich von dem schmutzigen Raum ab. Er blieb in der Tür stehen, klopfte mit seinem Ebenholzstöckchen gegen die Zarge und rümpfte die Nase.
    »Meine Herren, ich brauche Sie wohl nicht nach Ihrem Befinden zu fragen. Es ist so, wie Sie es

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