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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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was sich in der Zelle befand. Der Boden war mit Stroh bedeckt, das keinen Deut sauberer war, als das, auf dem sie bisher gesessen hatten. In einer Ecke stand ein Eimer, der dem Gestank nach für die Notdurft gedacht war. Auf der anderen Seite lag ein Haufen dunkler Lumpen. Anne wollte ihn sich später ansehen, vielleicht war etwas dabei, das sie über das verschmutzte Stroh breiten konnte. Erstaunt nahm sie zur Kenntnis, dass der Wachmann keinerlei Anstalten machte, sie an die Wand zu ketten. Im Gegenteil, er nahm ihnen sogar die Handfesseln ab. Anne rieb sich die wundgescheuerten Knöchel und sah den Mann erstaunt an.
    »Weiber werden nur an den Füßen gefesselt«, knurrte er, nahm seine kleine Laterne und schloss die Tür hinter sich. Aufgeregt und
erschöpft zugleich, zitterte Anne wie im Fieber. Sie würden zwar eingesperrt bleiben, aber immerhin waren sie hier bis zur Entbindung vor dem Henker geschützt. Lawes hatte ein gesondertes Verfahren angekündigt und bestimmt, dass die beiden Frauen vorher von einem Arzt untersucht werden sollten. Das Ergebnis seiner Untersuchung sollte die Grundlage für sein Urteil bilden. Während Mary ihren wachsenden Bauch kaum mehr verbergen konnte, war Anne nicht sicher, ob sie wirklich schwanger war.
    »Der Mond ist zweimal vorübergezogen und hat mein Blut nicht mit sich genommen, aber ich fühle mich ganz anders als bei Jack. Mir ist überhaupt nicht schlecht wie damals, und nur ganz selten erfasst mich Schwindel. Aber eines weiß ich sicher. Diesmal wäre mir ein Kürbisbauch höchst genehm.« Mary kratzte sich am Kopf und knackte eine Laus zwischen ihren Fingern.
    »Ich gäbe ein Vermögen, wenn sie uns nur einmal ein heißes Bad erlauben würden. Ich komme mir schlimmer vor als ein Affe, wo immer ich hinfasse, krabbeln Insekten. Ekelhaft! Und was den Kürbisbauch betrifft, wenn das so weitergeht, passe ich bald nicht mehr in meine Hose.« Sie sah skeptisch an sich herunter.
    Aus der dunkelsten Ecke des Kerkers kam ein Geräusch, das die beiden aufmerken ließ.
    »Wahrscheinlich Ratten.« Anne war noch immer damit beschäftigt, ihre malträtierten Knöchel abzutasten. Das Geräusch wiederholte sich.
    »Das sind keine Ratten.« Mary stand auf und ging mit Schritten, so wie sie ihre Fußketten erlaubten, in die Richtung, aus der der Laut gekommen war. Plötzlich bewegte sich das, was Anne für einen Lumpenhaufen gehalten hatte. Mary wich zurück. Der Lumpenhaufen richtete sich auf, hustete und spuckte einen dicken Batzen Auswurf hinter sich. Trotz der Dunkelheit konnte Anne einen grinsenden Mund ausmachen, der bestenfalls noch drei Zähne aufwies.
    Die Frau stand auf und stützte sich an der Mauer ab. Schwankend ging sie zu dem Eimer und erleichterte sich. Dann ließ sie ihren schmutzigen Rock wieder herabfallen.
    »Was seid ihr denn für zwei Galgenvögelchen? In Hosen hier in dieser Zelle?« Ihre heisere Stimme klang nach Rum. Anne und Mary stellten sich vor.

    »Wir warten hier auf unsere Verhandlung. Sie wollen uns an den Galgen bringen, aber wir sind beide in anderen Umständen, deswegen muss uns erst ein Arzt untersuchen. Und du? Was hat dich in dieses Drecksloch gebracht?« Die Alte lachte. Ihre verfilzten Haare hingen ihr wirr ins Gesicht. Sie klemmte eine Strähne hinter das rechte Ohr und musterte die beiden Neuankömmlinge neugierig.
    »Ich bin regelmäßig hier zu Gast. Einmal in der Woche sperren sie mich für eine oder zwei Nächte ein. Dann schlafe ich meinen Rausch aus, und wenn ich wieder bei klarem Verstand bin, schmeißen sie mich raus.«
    Wenn die Frau die Wahrheit sagte und tatsächlich einmal in der Woche in den Kerker kam, um ihn am nächsten Tag wieder zu verlassen, barg das die Möglichkeit auf Kontakt zur Außenwelt. Aber zunächst galt es zu überprüfen, ob die Frau vertrauenswürdig war, und das schien in Anbetracht ihrer Erscheinung äußerst frag würdig. Anne horchte auf. Schritte näherten sich.
    Nicholas Lawes folgte dem Wachmann in das Verlies, ließ sich die Tür aufsperren und blinzelte in den Kerker.
    »Bonny und Read, vortreten!«, schnarrte der Wächter. Anne und Mary standen auf und gingen mit kleinen Schritten dem Licht der Laterne entgegen. Lawes musterte sie mit unverhohlenem Hass.
    »So, ihr beiden, nur damit ihr wisst, dass ich mich nicht zum Narren halten lasse. Eure Kameraden sind alle tot. Und wenn es nach mir geht, wird es auch bei euch nicht mehr lange dauern, bis ich eure Hälse mit einer Hanfkette schmücke.«
    Die Frauen

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