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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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Mädels, ich hab mal ganz gut ausgesehen, auch wenn ihr das heute kaum glauben könnt.« Kathy strich sich mit einer koketten Handbewegung die verfilzten Haare aus der Stirn.
    »Acht Jahre war ich auf der Plantage, drei Kinder habe ich geboren. Zwei sind gestorben, das dritte, ein kleiner Junge, Billy, den haben sie mir weggenommen. Er arbeitet jetzt auf der Plantage, und sie lassen ihn nur frei, wenn ich ihn kaufe.« Sie sah wehmütig auf Marys Bauch.
    »Manchmal denke ich, dass der Kummer mich verrückt macht. Ich habe meinen Kleinen seit einer Ewigkeit nicht gesehen. Mein bester Freund ist der Fustian. Nur wenn ich ordentlich Rum intus habe, kann ich den Schmerz ertragen.« Sie wischte sich eine Träne von der Wange.
    »Ich bin von der Plantage abgehauen und in die Stadt gegangen. Von meinem Ersparten habe ich mir einen Stuhl gekauft und mich zu den anderen Nutten vor die Kirche gesetzt. Das waren fabelhafte Zeiten damals. Mein Stuhl war mit blauem Samt gepolstert, so wie bei den reichen Leuten, und ich hatte tizianrot gefärbte Haare und mindestens fünf Freier am Tag. Wenn ein großes Schiff in den Hafen einlief, sogar mehr. Das gab gutes Geld. Ich habe ordentlich angeschafft und so viel wie möglich zurückgelegt. Damit ich meinen Billy zu mir holen kann.« Sie sah Anne von der Seite an und griff nach ihren Locken.
    »Deine Haare sind nicht gefärbt, das sehe ich sofort. Du erinnerst mich an eine Frau, die auf demselben Schiff war, mit dem ich Irland verlassen habe. Sie war während der ganzen Überfahrt seekrank, und ich habe ihre Kabine sauber gemacht. Sie hatte eine kleine Tochter, die hatte auch so schöne Haare wie du.« Anne sah sie erstaunt an.
    »Wie hieß das Schiff? Ich meine, wie hieß die Frau? Erinnerst du dich?« Kathy schürzte die Lippen.
    »Das Schiff? Keine Ahnung, aber die Frau, die hieß Mary oder Margaret, oder beides.« Anne unterdrückte einen Schrei.
    »Du kanntest meine Mutter! Margaret Mary war ihr Name! Ich
gäbe alles, was ich besitze, wenn ich sie wieder lebendig machen könnte.« Kathy legte tröstend ihren Arm um Annes Schulter.
    »Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Wenn deine Mutter mich damals angestellt hätte, säßen wir jetzt vielleicht beide nicht in diesem Loch.«
    »Da sitzen wir aber, und zwar alle drei«, unterbrach Mary.
    »Erzähl weiter, Kathy. Wie ist es dazu gekommen, dass du einmal in der Woche hier landest?«
    »Das kann ich dir ganz genau sagen, mein Schätzchen, daran ist nur einer schuld!« Kathy spie verächtlich aus.
    »Dieser verfluchte Nicholas Lawes! Als er Gouverneur wurde, hat er uns Frauen als Erstes verboten, unsere Stühle vor die Kirche zu stellen. Unseren Arbeitsplatz hat er uns weggenommen. Von einem Tag auf den anderen.« Fluchend erzählte Kathy, wie es von diesem Tag an immer weiter bergab ging, sie auf ihr Erspartes zurückgreifen musste, um leben zu können, und schließlich mehr Geld für Rumfustian als für Essen ausgab.
    »Na, und wenn ich ordentlich getankt habe, dann kann es schon mal vorkommen, dass ich etwas lauter als erlaubt werde, und dann sammeln sie mich ein und schaffen mich hierher. Und manchmal«, sie gluckste vergnügt, »manchmal, wenn es ordentlich regnet und ich kein trockenes Plätzchen zum Schlafen finde, dann liefere ich mich einfach selbst ein. Ich weiß ja, dass sie mich nicht hierbehalten.« Als hätte er auf dieses Stichwort gewartet, schob der Wachmann von draußen die Riegel der Zellentür zurück.
    »Kathy, aufstehen, schwing deinen fetten Arsch ins Freie und lass dich nicht so schnell wieder hier blicken«, rief er in die Zelle, und seine Stimme klang nicht halb so grob wie seine Worte.
    »Und für euch beide«, der Wächter wandte sich an Mary und Anne, »kommt Besuch.« Er trat ehrerbietig zur Seite und ließ die beiden Ärzte eintreten. Kathy quetschte sich an den Männern vorbei und schnalzte mit der Zunge.
    »Was für leckere Kerle ihr seid. Vor ein paar Jahren hätten wir uns noch woanders getroffen.« Sie drehte sich um und winkte.
    »Auf bald, ihr Hübschen, und lasst euch nicht unterkriegen.« Dann schnaufte sie mit schweren Schritten die schmale Treppe hinauf.

    Anne und Mary hatten sich erhoben und standen mit dem Rücken zur Zellenwand. Dr. Northrop Simmons hatte das Verlies als Erster betreten und verdeckte die Sicht auf Ben Hamilton.
    »Wärter, als Erstes brauchen wir mehr Licht. Man sieht ja die eigene Hand nicht vor Augen, wie sollen wir denn da arbeiten?« Der Wachmann gab den Befehl an seinen

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