Koenigin der Meere - Roman
Mary und Anne tatsächlich in anderen Umständen sind. Vielleicht kann ich ihm entlocken, was er vorhat.«
Als Hamilton den Raum betrat, saß Nicholas Lawes hinter seinem großen Schreibtisch und sprach mit Northrop Simmons.
»Wir sind uns einig, dass diese Mary Read auf jeden Fall ein Kind erwartet. Was die andere betrifft, ist es noch etwas zu früh, um eine eindeutige Diagnose zu stellen, aber der Kollege hat einschlägige Erfahrungen, und ich schließe mich seinem Befund an. In zwei Wochen wissen wir es genau.« Der Gouverneur runzelte die Stirn.
»Das heißt, wir müssen die beiden Weiber tatsächlich für ein paar Monate verköstigen, bis wir sie endlich ihrer gerechten Strafe zuführen können. Was meinen Sie, Mr. Hamilton, ist das im Sinne von Gouverneur Rogers, oder würde er nicht auch befürworten, wenn wir etwas nachhelfen und die leidige Angelegenheit früher beenden?« Hamilton schluckte.
»Sir, das kann ich schwer beantworten. Als Arzt habe ich den Eid geschworen, Leben zu erhalten. Es widerspricht allen Prinzipien, diesen Eid zu brechen. Ich denke, wir sollten uns nicht versündigen und der Natur ihren Lauf lassen. Das sehen Sie doch ebenso, Mr. Simmons?« Simmons Gesichtsausdruck verriet unzweifelhaft, dass er ganz und gar nicht Hamiltons Ansicht war, doch seine Medizinerehre erlaubte ihm nicht, seine wirkliche Meinung zu äußern. Mit einem verräterischen Seitenblick auf Lawes pflichtete er seinem Kollegen halbherzig bei.
»Wir werden abwarten, was eine zweite Untersuchung bei dieser Anne Bonny ergibt. Was Read betrifft, bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als uns in Geduld zu fassen, bis sie ihren Bastard auf die Welt gebracht hat.« Lawes nickte und entließ die beiden Ärzte.
Anne und Mary hatten die ganze Nacht kein Auge zugetan. Aufgeregt warteten sie auf den Morgen.
»Es ist das erste Mal, dass ich mich darauf freue, dass dieser Wächter uns ein Stück schimmeliges Brot und einen Krug faules Wasser bringt.« Anne nahm ihre Position neben der Tür ein. Sie hielt Hamiltons Zettel fest in der Hand. Als die schwere Holztür sich endlich quietschend öffnete, krümmte sie sich zusammen. Der Wachmann betrat die Zelle und leuchtete mit seiner Laterne in ihr Gesicht.
»Was ist los? Geht es dir nicht gut? Stell dich nicht so an, sonst sorge ich gleich dafür, dass es dir wirklich nicht gut geht.« Er versetzte Anne einen schmerzhaften Tritt in die Rippen.
»Lass sie in Ruhe, sie hat Krämpfe.« Marys Ketten rasselten, als sie ein paar Schritte nach vorne tat. Sie zwang sich zu einem Lächeln.
»Was bringst du uns denn heute? Vielleicht einen schmackhaften Eintopf, etwas frisches Obst und einen Krug Rum?« Der Wächter tippte sich mit dem Finger an die Stirn.
»Dir ist wohl dein letztes bisschen Verstand in den Bauch gerutscht! Rum, Obst, Eintopf! Seid froh, dass ihr überhaupt etwas zu essen kriegt. Wenn es nach mir ginge, würde ich euch hier unten einfach verrecken lassen. Er warf das Brot auf den Zellenboden und stellte den Wasserkrug daneben.
»Da hast du deinen Eintopf! Halt dein Maul und friss!« Brummig stapfte er zurück zur Tür und schloss sie hinter sich. Kaum waren seine Schritte auf der Treppe verhallt, erhob sich Anne und umarmte Mary. Tränen liefen über ihr Gesicht.
»Hamilton ist hier mit Jubilo und Kisu. Er wohnt im Haus von Lawes und wird versuchen, uns herauszuholen. Mary, wir sind gerettet!« Sie biss herzhaft in das schimmelige Brot und hielt es Mary entgegen.
»Wir müssen essen. Sonst sind wir nicht bei Kräften, wenn es so weit ist.« Mary schüttelte den Kopf.
»Wir sind noch lange nicht gerettet. Wie soll er uns denn hier aus diesem Loch befreien? Niemals kommen wir unentdeckt hier heraus.«
»Was soll denn das! Sie sind zu dritt, und sie haben Geld. Was willst du noch mehr? Wir müssen nur einen guten Plan entwickeln.«
»Drei Fremde in einer Stadt, die unseren Tod will, und ich mit einem Bauch, der schon jetzt jeden Schritt beschwerlich macht. Anne, du träumst! Es wird nicht gehen.« Mary setzte sich in eine Ecke, vergrub das Gesicht in den Händen und schluchzte.
Anne legte den Arm um ihre Schulter.
»Hör auf zu weinen, Read. Wenn Kathy nicht gelogen hat, sehen wir sie in spätestens einer Woche wieder. Sie kennt Gott und die Welt, und sie braucht Geld, um ihren Sohn freizukaufen. Wir werden sie überreden, uns zu helfen.« Mary nahm die Hände vom Gesicht, zog die Nase hoch und trocknete die Augen mit dem Ärmel.
»Kathy kommt nur hierher,
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