Koenigin der Meere - Roman
eine erhöhte Talgbildung der Gesichts- und Kopfhaut. Ich möchte auch erwähnen, dass die Ergebnisse einer innerlichen Untersuchung mit meinen Ergebnissen übereinstimmen.
Was meine Untersuchung an Anne Bonny betrifft, so habe ich nicht feststellen können, dass sie schwanger ist, noch habe ich feststellen können, dass sie nicht schwanger ist. Möglicherweise ist es zu früh für eine Diagnose. Meine Aussage ist daher notgedrungen vorbehaltlich. Meiner Unterredung mit besagter Frau konnte ich entnehmen, dass es vor zwei Monaten noch zum Verkehr gekommen ist, des Weiteren gibt es ein oder zwei Anzeichen, die, wenn der Frau zu glauben ist, tatsächlich bezeichnend wären. Ich kann dem Gericht nur versichern, dass die Zeit es an den Tag bringen wird, so ihr Zeit
bleibt. Mit diesen Worten schließe ich meinen Bericht in vorzüglicher Hochachtung.«
Der Beisitzer senkte den Blick. Talgbildung und Blähungen waren nicht die Details gewesen, die er sich erhofft hatte. Nicholas Lawes nickte dem Arzt zu und erhob sich, um den Schuldspruch zu verkünden.
»Im Namen Seiner Majestät König Georges I. und dieses Gerichts verurteile ich Anne Bonny und Mary Read zum Tod durch den Strang. Sie sollen hängen, bis sie tot, tot, tot sind. Gott sei ihren Seelen gnädig.«
Die Vollstreckung des Urteils wurde ausgesetzt, bis Mary ihr Kind zur Welt gebracht hatte und Annes Zustand eindeutig festgestellt worden war.
Hamilton hielt es für ratsam, ein paar Tage verstreichen zu lassen, bevor er sich zum Gefängnis begab. Er zermarterte sich den Kopf darüber, wie er Anne und Mary befreien sollte.
Lawes saß in seinem Arbeitszimmer und gab Audienzen für die Bürger von Spanish Town. Seine Schwester war mit den Vorbereitungen für ein Diner beschäftigt, das zu Ehren eines britischen Kapitäns gegeben werden sollte. Auf ihre Bitte hatte Hamilton zugestimmt, dass Jubilo beim Eindecken der Tafel half.
Der Arzt nutzte die günstige Gelegenheit und verließ das Haus. Sein erster Gang führte ihn zu Kisu, die allein in dem gemieteten Kämmerchen saß und nähte. Stolz zeigte sie ihm einen Stapel Windeln und mehr als ein halbes Dutzend winziger Hemden und Jacken, mit feinen Hohlsäumen und Stickereien verziert. Hamilton lächelte.
»Das reicht für eine ganze Kompanie. Es sind doch nur zwei Säuglinge, auf die wir warten.« Kisu zwinkerte ihm vergnügt zu.
»Was nicht gebraucht wird, hebe ich für meine eigenen Kinder auf. Was soll ich denn sonst den ganzen Tag machen, Doc? Was meinen Sie, wie langweilig es ist, hier eingesperrt zu sein. Wie geht es Jubilo? Kann er mich bald besuchen?« Die schwarzen Augen des Mädchens leuchteten hoffnungsvoll.
»Nein, Kisu, das geht nicht. Du weißt, warum wir hier sind. Wir dürfen nichts tun, das unsere Mission gefährden könnte. Lawes denkt, dass Jubilo mein Sklave ist. Wie glaubst du, würde er gucken, wenn
er einen Ausflug in die Stadt macht? Hab Geduld. Ich gehe jetzt zu Anne und Mary, und auf dem Rückweg schaue ich am Hafen, ob ich noch ein bisschen Stoff für dich bekomme, damit dir die Zeit nicht allzu lang wird.«
Hamilton ging, die Hauswirtin zu suchen, um die Miete für die nächsten Wochen im Voraus zu begleichen.
Im Gefängnis hatte Kathleen Briggs ihren Rausch ausgeschlafen. Mit glühenden Wangen hörte sie, was Anne zu sagen hatte.
»Es ist deine ganz große Chance, Kathy. Wenn du uns hilfst, kannst du dir nicht nur etwas Ordentliches zum Anziehen besorgen, du wirst vor allem genug Geld haben, um deinen Billy freizukaufen. Und damit nicht genug, du wischst Nicholas Lawes eins aus! Stell dir bloß mal vor, wie die Leute über ihn spotten werden, wenn er zwei Gefangene der britischen Krone entwischen lässt.«
Kathy rieb sich vergnügt die Hände.
»Da weiß ich ja gar nicht, worauf ich mich am meisten freuen soll.« Sie sah auf ihren zerrissenen Rock und steckte den Finger in eines der Löcher.
»Den Fetzen hier trage ich schon mehr als drei Jahre, ob ihr es glaubt oder nicht.« Mary hielt sich die Nase zu und feixte: »So wie du riechst, glaube ich das sofort.«
Am späten Nachmittag betrat Ben Hamilton das Verlies. Er befahl dem Wärter, die Laterne in der Zelle zu lassen und die Tür hinter sich zu schließen.
»Ich melde mich, wenn ich mit der Untersuchung fertig bin«, sagte er so streng, dass der Wachmann keinen Widerspruch wagte. Anne stellte ihm Kathy vor, die sofort Vertrauen zu ihm fasste.
»Doktor, ganz egal, was Sie von mir wollen, ich besorge es Ihnen. Sie
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