Koenigin der Meere - Roman
ihr beruhigend über die Stirn.
»Ich tue für dich, was ich kann. Aber du musst auch mithelfen. Du bist sehr mitgenommen von der Geburt. Schlaf so viel du kannst, und versuch etwas zu essen.« Er zog Anne zur Seite.
»Es sieht nicht gut aus. Ich fürchte, sie hat eine schwere Infektion. Ihre Brüste sind beide entzündet, ihr Bauch ist geschwollen, ihr Wochenfluss riecht nach Fäulnis. Kühl ihr die Stirn mit feuchten Lappen und bete für sie.« Er griff in seine Tasche und gab Anne ein paar Stoffstücke.
»Ich versuche so bald wie möglich wiederzukommen. Dem Gouverneur werde ich sagen, dass es euch beiden gut geht, die Schwangerschaften fortschreiten, die Entbindungen aber noch nicht unmittelbar bevorstehen. Das gibt uns Zeit.« Er drückte Annes Hand.
Marys Zustand verschlechterte sich stündlich. Glühend vor Fieber litt sie unter Krämpfen und Schüttelfrost. Anne pflegte die Freundin, so gut sie konnte. In ihre Freude, dass es Kathy gelungen war, das Kind in die Freiheit zu bringen, mischte sich Verzweiflung. Wie sollte Mary die Flucht gelingen, wenn sie zu schwach zum Essen war. Anne grübelte Tag und Nacht, fand jedoch keine Lösung für das Problem.
Ben Hamilton verließ jeden Morgen den Gouverneurspalast und besuchte Kisu. Unter ihrer Fürsorge entwickelte sich Mike prächtig. Mit gierigen Zügen trank er die Ziegenmilch, schlief viel und weinte selten. Strahlend präsentierte Kisu ihren Schützling dem Arzt.
»Doc, sehen sie selbst. Er wächst und gedeiht, ich hätte nie gedacht, dass Kinderhaben so leicht ist.« Hamilton schmunzelte.
»Wenn man sie nicht gebären muss, ist es tatsächlich um einiges einfacher, habe ich mir sagen lassen.«
Der zweite Gang führte Hamilton zu Kathy. Sie öffnete die Tür des kleinen Hinterzimmers, das sie in einer Schenke gemietet hatte.
»Doktor, was für eine Freude, Sie zu sehen. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie wunderbar es ist, nach so langer Zeit auf der Straße endlich wieder in einem Bett zu schlafen. Na, was sagen Sie?« Kathy drehte sich einmal im Kreis. Sie hatte sich mit dem Geld, das Hamilton ihr gegeben hatte, nicht nur eine Unterkunft besorgt, sondern auch zwei neue Kleider gekauft. Heute trug sie ein hellrotes Gewand, das an Ausschnitt und Ärmeln mit Spitze eingefasst war. Ihre ehemals schmutzig verfilzten Haare waren zu einem ordentlichen Knoten frisiert. Auf ihrer rechten Wange prangte ein großer Schönheitsfleck, mit dem sie von ihrem zahnlosen Mund abzulenken versuchte.
»Kathy, du siehst fabelhaft aus. Wenn ich nicht wüsste, dass du es bist, ich hätte dich nicht erkannt.« Kathy drückte dem Arzt einen schmatzenden Kuss auf die Wange.
»Morgen fahre ich auf die Plantage und hole mir meinen Billy zurück. Bitte, Doktor, könnten Sie mich begleiten? Es ist einfacher, wenn ein Mann dabei ist.« Hamilton versprach ihr, sie am späten Vormittag mit dem Zweispänner abzuholen.
»Ich kann verstehen, dass deine Gedanken bei deinem Sohn sind. Aber jetzt lass uns überlegen, wie wir es anstellen, dass Mary und Anne möglichst bald aus diesem entsetzlichen Gefängnis kommen. Ich mache mir große Sorgen. Wenn wir sie nicht schnell herausholen, kann es für Mary zu spät sein.« Kathy bot dem Arzt einen Stuhl an und setzte sich auf ihr Bett.
»Das Problem ist, dass wir es ohne Helfer nicht schaffen können, und Sie sagen mir immer wieder, ich soll mit niemand darüber sprechen. Aber wenn ich mit niemand rede, kann ich auch niemand finden, der uns zur Seite steht.« Hamilton verschränkte die Hände.
»Du hast recht, aber solange wir keinen wirklich guten Plan haben, hat es keinen Sinn, Fremde einzuweihen. Jeder unnötige Mitwisser ist eine Gefahr.«
Ein Monat war seit der Geburt verstrichen. Mary hatte vor einigen Stunden das Bewusstsein verloren. Bleich und auf die Knochen abgemagert, lag sie auf dem Stroh. Anne hatte seit Tagen kaum etwas zu sich genommen und beinahe das ganze Trinkwasser dafür verwendet, Marys aufgesprungene Lippen zu benetzen und ihre heiße Stirn zu kühlen. Sie befeuchtete ein Tuch mit der Neige des Kruges und wusch der Ohnmächtigen das Gesicht. Mary erwachte, öffnete die geschwollenen Lider, warf unruhig den Kopf von rechts nach links und flüsterte heiser: »Lieber Gott hilf mir, schick den Teufel fort.« Anne nahm ihre Hand.
»Ich bin bei dir, hier ist kein Teufel. Niemand tut dir etwas. Du hast nur schlecht geträumt.« Mary sah sie aus glasigen Augen an.
»Der Teufel hat gesagt, ich werde
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