Koenigin der Meere - Roman
entgegen. Bevor sie etwas sagen konnte, fand sie sich an Mollys üppigem Busen und musste einen Schwung verschwitzter Küsse über sich ergehen lassen.
»Jimmys Freunde sind meine Freunde«, sagte Molly herzlich. »Da hat mein Kleiner also tatsächlich geheiratet, und noch dazu so was Hübsches. Auf die wirst du hier gut aufpassen müssen.« Sie grinste anzüglich und fügte mit einem Blick auf den verschüchterten Jubilo hinzu: »Und wen haben wir denn da? Gehört der etwa auch zu euch?« Sie sah Anne prüfend an.
»Seine Mutter bist du nicht, dazu bist du zu jung.« Anne lachte.
»Nein, seine Mutter bin ich nicht, seine Mutter ist tot. Er heißt Jubilo. Ich kümmere mich um ihn.« Molly strich Jubilo freundlich über den Kopf.
»Haare wie Seide. Nicht so ein Drahtgestrüpp, wie ich es auf dem Schädel habe. Hübscher Junge«, und dann zu Jubilo gewandt: »Hast du Hunger oder Durst?« Statt zu antworten sah der Knabe Anne fragend an, die sofort sagte: »Wir haben beide einen Riesenhunger, und etwas zu trinken wäre auch schön. Das Essen auf dem Schiff war nicht besonders, und James hat gesagt, dass man bei Ihnen ganz hervorragend speist.« Molly rollte die Augen und brach in schallendes Gelächter aus.
»Bei Ihnen … und speisen … was für eine Sprache sprichst du denn, Mädchen? Hier heißt es du und bestenfalls essen, wenn nicht fressen. Sucht euch einen Platz. Ich bringe Euer Hochwohlgeboren was zu speisen.« Kichernd ging sie zurück zu ihrem Kessel. Im Vorbeigehen versetzte sie einem beleibten Gast eine leichte Kopfnuss.
»Fettarsch! Rutsch ein Stück! Nur weil du für drei frisst, musst du nicht für drei sitzen. Mach meinen Freunden ein bisschen Platz, die kommen direkt vom Schiff und haben ein Loch im Magen.« Der Mann bewegte seinen massigen Leib gehorsam zur Seite.
Das Salamgundi erwies sich als Delikatesse. Anne bemühte sich, die Zutaten zu ergründen, und identifizierte Fleisch, Fisch, Palmherzen, Schildkrötenfleisch, Knoblauch, harte Eier, Zwiebeln, Kohl, Weintrauben und Oliven. Dazu gab es ein Gebräu aus Bier und Wasser, das Jubilo so müde machte, dass er im Sitzen einschlief.
»Jimmy, in deine Hütte kannst du nicht zurück. Ich dachte, du kommst jetzt für eine Weile nicht her, und habe sie Holzbein-Fred gegeben. Er hat im Voraus bezahlt, rausschmeißen kann ich ihn also nicht. Wenn du willst, könnt ihr fürs Erste bei mir wohnen. Ich habe noch ein freies Zimmer, und wenn du mir den Kleinen als Hilfe hierlässt«, sie deutete auf den schlafenden Jubilo, »müsst ihr nichts zahlen.«
»Das Angebot nehme ich gerne an. Wird nicht für lange sein. Ich will mir ein Schiff kaufen. Aber bis dahin bin ich dir dankbar, wenn wir unser Lager bei dir aufschlagen können.
»Du? Ein Schiff kaufen? Wovon willst du das denn bezahlen?«
James legte den Arm um Annes Schulter und gab zurück: »Ich habe eine gute Partie gemacht! Mrs. Bonny ist nicht nur eine Schönheit, sie hat obendrein auch noch einen reichen Daddy!«
Reisekiste und Seesack waren in Mollys Haus verstaut, Anne hatte sich das Gesicht gewaschen und stand in der Tür.
»Komm, James, steh auf«, sie zog an seiner Hand. »Schlafen können wir auch nachher noch. Jetzt möchte ich sehen, wo ich gelandet bin. Zeig mir mein neues Zuhause und stell mich deinen Freunden vor.« Sie sprühte vor Unternehmungslust. Ihr Mann rührte sich nicht.
»Ich bin satt und müde, leg dich lieber ein bisschen zu mir. Ich gehe später mit dir.« Anne zog verärgert ihre Hand zurück.
»Dann bleibst du eben liegen, und ich gehe allein«, sagte sie in der festen Überzeugung, dass er aufstehen und sie begleiten würde. Doch James drehte sich nur zur Seite und begann zu schnarchen. Anne steckte die kleine Pistole ihrer Mutter in den Bund ihres Rockes, verdeckte den zierlichen Griff mit den Falten der Bluse und verließ das Zimmer.
Mollys Hütte lag direkt am Hafen. Drei Schritte, und Anne befand sich in der Welt, von der sie immer geträumt hatte. Tausende von Gerüchen, Lärm, Lachen, Geschrei, das Grölen betrunkener Seemänner, und direkt vor ihrer Nase lagen zwei Frauen im Staub und prügelten sich. Anne sog die neuen Eindrücke auf. Sie beschloss, zunächst noch einmal nach Jubilo zu sehen. Sie war zwar sicher, dass er sich bei Molly in guten Händen befand, aber es würde ihn beruhigen, sie zu sehen.
Jubilo wieselte eifrig zwischen den vollbesetzten Bänken und Tischen hin und her, räumte leere Teller ab, füllte Bierkrüge nach und schenkte Rum
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