Koenigin der Meere - Roman
ist ein bisschen so, als ob ich besoffen wäre, aber das kann nicht von dem einen Schluck Rum kommen, den du mir gegeben hast, Doc.«
»Nein, davon kommt es nicht, nimm noch einen und sei still.«
Benzon flößte Griffith das scharfe Getränk ein und sagte bedauernd: »Mach dich darauf gefasst, dass du wahrscheinlich auf dem linken Auge nicht mehr richtig sehen wirst. Aber eine Hirnblutung ist es nicht.« Dann grinste er und setzte nach: »Was soll da auch schon groß bluten bei einem wie dir!« Jubilo hielt die Hautlappen über dem Schädel zusammen, und Benzon schloss die Wunde mit sechs flinken Stichen.
Rackham stand neben Anne und begutachtete das provisorische Lazarett, das sie errichtet hatte.
»Furzdonnerschlag! So ein komfortables Krankenlager hat es noch auf keinem Piratenschiff gegeben! Fehlt nur noch eine Krankenschwester, aber Frauen haben wir ja leider nicht an Bord.« Anne sah ihn warnend an.
»Werd bloß nicht übermütig, und bring niemand auf dumme Gedanken«, flüsterte sie.
Nachdem die wenigen Überlebenden des italienischen Handelsschiffes in einem kleinen Beiboot die Küste erreicht hatten, machte die Geschichte von Rackhams unerbittlichem Überfall schnell die Runde.
Gouverneur Woodes Rogers rüstete eine Fregatte aus, die Rackham und seine Mannschaft aufbringen und ausliefern sollte.
Auf der Treasure herrschte Hochstimmung. Ausgelassen feierten die Männer ihren siegreichen Kampf und prahlten bis in die tiefe Nacht mit ihren Heldentaten.
»Wenn man das hört, könnte man glauben, es war eine ganze Flotte und nicht nur ein Schiff, gegen das sie gekämpft haben«, stellte Jubilo zu fortgeschrittener Stunde fest.
Am nächsten Morgen trafen sie auf einen Schildkrötenfänger.
»Bei dem ist außer ein paar Informationen nichts zu holen«, erkannte Calico Jack und winkte das kleine Schiff heran. Die Piratenflagge war eingeholt, die Signale der Treasure freundschaftlich, und so näherte sich das kleine Segelschiff, ohne Verdacht zu schöpfen. Rackham lud die Besatzung ein, an Bord zu kommen.
»Ein gutes Frühstück und einen kräftigen Schluck unter Seeleuten werdet ihr doch nicht ablehnen.« Die Männer nahmen dankend
an. Sie kamen aus Jamaika und hatten tatsächlich interessante Neuigkeiten.
»Wir sind wieder im Krieg mit Spanien. Der Gouverneur hat ein Pardon für alle angeboten, die der Piraterie abschwören und ehrbar werden wollen«, erzählte einer der Fischer. Rackham beriet sich mit seinem Quartiermeister.
»Furzdonnerschlag! Das ist die Gelegenheit, unsere Westen weiß zu waschen. Wir schicken den Fischer nach Jamaika, geben ihm ein paar Geschenke mit und sagen ihm, er soll dem Gouverneur ankündigen, dass wir ab sofort brave Bürger werden wollen.« Calico grinste breit.
»Und wie lange wir das dann wirklich bleiben, entscheiden wir später.« Der Schildkrötenfänger fuhr gegen eine ordentliche Belohnung zurück nach Jamaika.
Die Kaperer hatten ihre Rechnung ohne den Gouverneur gemacht. Die Erzählungen von Rackhams grausamem Gemetzel hatten den Vertreter der britischen Krone in einem Maße empört, dass er nicht gewillt war, die Mannschaft der Treasure ungestraft davonkommen zu lassen. Nachdem der Fischer ihm die Position des Schiffes präzise beschrieben hatte, ließ er noch am selben Tag zwei Schaluppen bemannen und mit schweren Waffen ausrüsten.
Als Rackham die Schiffe erblickte, vermutete er, dass der Gouverneur sie geschickt hatte, um sein Einverständnis mitzuteilen. Beruhigt legte er sein Fernglas zur Seite und sah nicht, dass auf den Schaluppen Vorbereitungen zu einem Kampf getroffen wurden. Die beiden Segelschiffe näherten sich mit unverminderter Geschwindigkeit und nahmen die Treasure in ihre Mitte. Als die ersten Schüsse fielen, schien den überraschten Piraten nichts anderes zu bleiben, als sich zu ergeben. Rackham war außer sich vor Wut und leerte einen ganzen Krug Rum. Anne konnte ihn nur mit Mühe davon abhalten, sich besinnungslos zu betrinken.
»Calico! Wenn du besoffen bist, setzt du alles aufs Spiel. Du musst deine sieben Sinne beieinander haben, wenn du mit dem Gouverneur sprichst. Biete ihm die Beute und die Treasure und lass dir dafür Pardon geben. Du kannst doch nicht die ganze Mannschaft ausliefern.
Die Männer haben hart gekämpft, zwei haben sogar ihr Leben gelassen.«
»Der Gouverneur ist ein harter Knochen, ich fürchte, er wird nicht mit sich reden lassen, aber wenn es mir gelingt, vorher mit den Hafenbeamten zu sprechen, haben
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