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Königin der Piraten

Königin der Piraten

Titel: Königin der Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danelle Harmon
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seinen sechsunddreißig Jahren je gesehen hatte, und wartete geduldig ab, zu welchen gesetzesbrecherischen Unternehmungen seine Piratenbesatzung mit ihm aufbrechen wollte.
    Mit seiner schnittigen Bauweise schien der Schoner sich für solche Zwecke sehr gut zu eignen. In diesem Augenblick schwor Gray sich hoch und heilig, dass das gepflegte kleine Schiff ihm behilflich sein sollte, ihn aus seiner misslichen Lage zu befreien.
    Doch erst dann, wenn er bereit war zu gehen, fügte er mit verschlagenem Grinsen hinzu.
    Als sein Magen so heftig knurrte wie der eines wilden Tigers auf der Jagd, wurde ihm bewusst, dass er fast einen ganzen Tag lang nichts gegessen hatte. Ob Königin Maeve - der Titel war so absurd, dass er nur lachen konnte - vorhatte, ihn auszuhungern, bis er sich ergeben würde? Sich wem oder was ergeben würde? Ihr?
    Lachend warf er den Kopf zurück. Ihre Majestät, also wirklich! Sie war nichts als ein Flintenweib, eine skrupellose Halsabschneiderin, die höchstens die Schlinge am Ende eines Seils verdiente. Wenn er freikam, würde er überlegen, ob sie genau das bekommen sollte - dafür, wie sie ihn behandelt hatte.
    Es würde nicht schwer sein zu entkommen. Doch wollte er das? Gray dachte an die üppige Schönheit der Frau, die ihn gefangen genommen hatte - er hatte genug von ihrem Körper gesehen, um Lust zu bekommen, mehr davon zu entdecken, zu fühlen und zu genießen.
    Er nahm sich vor, zuerst zu fliehen und dann zu erobern.
    Gerade hatte er sich auf dem einzigen halbwegs bequemen Gegenstand im Raum, einer schmutzigen Strohmatte, niedergelassen, als er draußen ein leises Knirschen im Sand hörte, das rasch lauter wurde. Schritte kamen näher.
    »Hoch mit Euch, Lump.«
    Gray gähnte, verbarg die Hände hinter dem Rücken und machte keine Anstalten, sich zu erheben.
    »Ich habe gesagt, hoch mit Euch!«
    »Ich sitze lieber, vielen Dank«, sagte Gray gedehnt. »Vor allem, da Ihr mich am Boden verankert habt. Ihr versteht mich, oder?«
    Prompt hörte er, dass wütend ein Schlüssel in das alte Schloss gesteckt wurde, und im nächsten Augenblick protestierten die rostigen Scharniere quietschend, als das Tor nach außen aufschwang. Gray wartete. Die Hände hielt er immer noch hinter dem Rücken, damit seine Peinigerin nicht sehen konnte, dass sie frei waren und er daher durchaus in der Lage war, sie damit zu erwürgen.
    Doch Maeve ging kein Risiko ein. In der einen erhobenen Hand hielt sie eine Laterne, in der anderen eine Steinschlosspistole - Erstere, um ihn zu blenden, Letztere, um ihn, falls nötig, zu töten.
    »Steht auf.«
    Gray zuckte die Achseln und erhob sich.
    »Eine Bewegung, und ich puste Euch den verdammten Kopf weg.«
    Gray verfügte über eine große Bandbreite verschiedener Arten zu lächeln. Aufreizend, bezaubernd, einschüchternd, Unheil verkündend ... und verführerisch, um Frauenherzen zu gewinnen.
    Ein solches Lächeln schenkte er ihr nun, worauf sich ihr Gesicht vor Wut verfärbte.
    »Verflucht, habt Ihr überhaupt keinen Verstand? Habt Ihr keine Angst vor mir? Ich könnte Euch erschießen lassen! Ich könnte Euch an einen Baum nageln und Euch die Eingeweide herausreißen lassen. Ich könnte ...«
    »Warum tut Ihr es dann nicht?« Gray schaute sie mit geübter Sorglosigkeit an und ließ den Blick anerkennend über ihre üppigen Brüste schweifen.
    Einen schrecklichen Augenblick lang sagte sie nichts, und ihr Gesicht war ein bleiches Oval voller Zorn und Ekel. Endlich stellte sie die Laterne ab, warf sich das Haar über die Schulter und fauchte: »Weil Ihr mir vielleicht noch nützlich sein könnt.« Sie wandte sich ab, um ihre Bitterkeit zu verbergen, zupfte an ihrem Ärmel herum und fügte missmutig hinzu: »Weil ... Ihr mein Märchenprinz seid.«
    »Euer was?«
    »Mein Märchenprinz.«
    Er hätte nicht grinsen sollen. Er hätte auch nicht lachen sollen. Doch Gray konnte nicht anders, er tat beides. Die Ohrfeige, die er dafür erhielt, brachte ihn zum Schweigen.
    »Wagt es nicht, noch einmal über mich zu lachen«, fuhr ihn Maeve an.
    Gray musste sich beherrschen, um nicht mit der Hand an seine pochende Wange zu fassen - er konnte und wollte Maeve nicht zeigen, dass er ihr alles andere als ausgeliefert war. So stand er auf, die Hände immer noch hinter dem Rücken verschränkt, und zauberte ein weiteres Lächeln hervor: das für Damen, die man soeben gekränkt hatte und nun besänftigen musste.
    »Vergebt mir, Eure höchst Königliche Hoheit.« Galant verbeugte er sich. »Aber die

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