Königin der Piraten
wirbelte Gray den Rum in seinem Glas herum. »Außerdem, was machen ein, zwei Tage mehr schon für einen Unterschied?«
Nelson platzte der Kragen. »Verdammt, Gray, müsst Ihr Euch unbedingt so unbekümmert geben? Wisst Ihr, was für Ängste ich in den letzten Tagen wegen Euch ausgestanden habe? Durch welche Hölle ich gegangen bin? Ich schwöre Euch, das kostet mich zehn Jahre meines Lebens! Ein Mann Eures Standes lebt nicht einfach seine Piratenfantasien aus und glaubt, das hätte kein Nachspiel!«
Gray grinste verlegen. »Also wisst Ihr von meiner ... äh, Bekanntschaft mit Lady Catherine?«
»Ich weiß von Lady Catherine, ich weiß von Mistress Delaney, ich weiß von General Walsinghams Gattin, von den Somersby-Schwestern, und ich habe das Gefühl, ich weiß auch von Maeve Merrick! Und nun schaut mich nicht so verblüfft an«, sagte Nelson bissig. »Euer treuer Kapitän Warner war bereit, das Blaue vom Himmel herunterzulügen, um den letzten Rest Eures guten Rufes zu retten, aber Kapitän Lord - Gott sei seiner Seele gnädig - ist grundehrlich. Er hat mir die Wahrheit gesagt, auch wenn ihm das nicht leicht gefallen ist.«
»Der arme Colin. Ich hoffe, Ihr wart nicht zu streng mit ihm.«
»Herrgott noch mal, Gray, wie konntet Ihr nur in einer so kritischen Situation, in solcher Gefahr, Euer Kommando im Stich lassen?«
Schlagartig verging Gray die Lust zu scherzen. »Sir, ich kann Euch versichern, ich habe es nicht im Stich gelassen. Ich habe veranlasst, dass mehrere Fregatten strategisch günstig positioniert liegen und ein angemessenes Flottengeschwader um die Inseln unter dem Winde patrouilliert, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Aufgrund von widrigen Winden und einer Angelegenheit, die ich mit dem Gouverneur von Jamaika regeln musste, habe ich schändlicherweise weder von Eurer noch von Villeneuves Ankunft erfahren. Dem wird es übrigens nicht gut bekommen, wenn er in meinen Gewässern für Unruhe sorgt; das kann ich Euch sagen! Und was die Frauen angeht ...« Nun grinste Gray wieder ungeniert. »Tja, Sir, ich bin eben ein Seemann ... und habe sozusagen seemännische Gelüste. Die Frauen sind nur ein amüsanter Zeitvertreib für mich, ebenso wie ich für sie. Das wissen sie auch so gut wie ich. Manchmal ist es hier in den Tropen einfach ziemlich langweilig, verstehen Sie?«
»Die Piratenkönigin wirkte aber ganz und gar nicht amüsiert. Ich hoffe, Ihr beabsichtigt, die arme Kleine in Zukunft glücklicher zu machen, als dies anscheinend ohnehin schon der Fall war.«
»Da seid unbesorgt, Mylord. Im Zuge meiner Verpflichtungen Euch und meiner Flotte gegenüber lasse ich mich von Colin zu ihrer Insel bringen, um ihr die Ehe anzutragen und alle Unklarheiten zu beseitigen.« Mit einem verschmitzten Grinsen hob er sein Glas. »Ich versichere Euch, die Tage, an denen sie plündernd über die Karibische See gezogen ist, sind bald vorbei.«
»Das will ich aber auch sehr hoffen«, blaffte Nelson. »Wenn die Admiralität in London von Euren Possen erfährt, wäre das schon schlimm genug, aber wenn Ihr Euch mit einer Piratin einlasst, würden sie Euch ohne zu zögern auffordern, Euren Rücktritt einzureichen, gleichgültig, wie viele Lorbeeren Ihr in Eurer Laufbahn bereits geerntet habt.«
»Ein Grund mehr, um den piratischen Raubzügen Ihrer Majestät schleunigst ein Ende zu setzen.«
»Nun, ich wünsche Euch viel Glück dabei - um Euretwillen. Ich mag zwar fast blind sein, aber noch kann ich so gut sehen, dass mir nicht entgangen ist, wie spinnefeind Euch die Lady ist. Wenn ich Euch einen Rat geben darf, sagt ihr die Wahrheit darüber, wer Ihr wirklich seid.« Der lebhafte, kleine Admiral kniff die Lippen zusammen und warf Gray einen vernichtenden Blick zu.
»Ein Verräter«, fauchte er. »So etwas Absurdes habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehört.«
»Es war eben Vorsicht geboten. Wenn die Lady gewusst hätte, wer ich bin, hätte sie mich womöglich an Villeneuve verkauft. Dieses Risiko konnte ich nicht eingehen, also habe ich durch eine List ihren Zorn erregt, damit sie mich zu Euch bringt. Ich bin sicher, dass Monsieur Villeneuve ein vollendeter Gastgeber ist, aber ich habe kein Verlangen danach, die französische Gastfreundschaft aus erster Hand kennen zu lernen.«
»Ja, wie immer sind die Würfel zu Euren Gunsten gefallen.« Nelson nippte an seinem Champagner und musterte Gray über seine kühn hervorspringende Nase hinweg halb unwillig, halb bewundernd. »Nun, führt Euer Kommando so, wie
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