Königin der Schwerter
auf ihrem Gesicht zu erkennen.
»Ich mache uns gleich ein Feuer.« Hákon erw i derte das Lächeln und bot ihr etwas zu trinken aus seinem Wasserschlauch an. Sie trank gierig und u n beholfen. Wasser lief ihr über die Wangen und das Kinn, die Decken wurden nass. Vermutlich hatte sie auch Hu n ger, aber das musste warten. Zuerst galt es das e r schöpfte Pferd mit Wasser und Hafer zu ve r sorgen. Als Hákon damit fertig war, machte er sich daran, das Feuer zu entzünden.
Die Fremde beobachtete schweigend, wie er im spärlichen Mondlicht trockene Gräser und dürres G e äst zusammensuchte. »Ich habe dir noch nicht g e dankt«, sagte sie leise.
»Wofür?« Hákon sah nicht auf.
»Dass du mir das Leben gerettet hast.« Die Stimme der Fremden bebte. »Das … das war ganz schön knapp.«
»Du hattest großes Glück, dass ich in der Nähe war.« Hákon schlug zwei Feuersteine so kräftig anei n ander, dass Funken stoben. »Und du hattest Glück, dass ich noch unter dem Schutz der Hüteri n nen stehe. Einen Tag später hätte ich es nicht g e wagt, mich dir zu nähern.«
»Also bist du kein Held?« Das klang fast ein w e nig spöttisch.
»Ich bin vernünftig. Ach, jetzt komm schon.« Hákon ärgerte sich, weil das Gras nicht brennen wol l te. Wütend schlug er die Steine aneinander.
»Hast du keine Streichhölzer?«, fragte die Fremde belustigt.
»Streichhölzer?« Hákon sah sie fragend an.
»Na ja, du weißt schon, diese kleinen Hölzchen mit dem Schwefelkopf, die man nur an einer Pappschac h tel entlangziehen muss, damit sie entfla m men.«
»So etwas habe ich nicht.« Hákon schüttelte den Kopf und widmete seine Aufmerksamkeit wieder dem Feuer. Die Gräser begannen zu glühen, und er blies kräftig hinein, um eine Flamme aufspringen zu lassen.
Minuten später verströmte ein kleines Lagerfeuer eine spärliche, aber willkommene Wärme. Hákon öf f nete seine Provianttasche und reichte der Fre m den ein Stück trockenes Brot und einen kleinen A p fel. Sie besah es misstrauisch, biss dann aber hinein und fragte kauend: »Wie heißt du?«
»Hákon.«
»Du bist wohl so etwas wie ein Einsiedler«, meinte die Fremde mit einem Seitenblick auf seine Kleidung. »Oder machst du hier vielleicht so eine Art Survival-Training?«
»Ich bin ein Waldläufer«, erklärte Hákon knapp und fuhr etwas leiser fort: »Das heißt, ich war es. Jetzt bin ich es wohl nicht mehr.« Er wollte nicht darüber sprechen und wechselte das Thema. »Und du?«, fragte er.
»Ich bin Manon«, stellte die Fremde sich vor. Die Wärme, das Essen und Trinken schienen ihr gut zu tun, ihre Lebensgeister kehrten langsam zurück. »Ich war mit meiner Freundin Sandra in Newgrange in diesem Keltengrab. Da hat sich plötzlich die Wand geöffnet, und Sandra ist hineingegangen. Sie rief um Hilfe. Da bin ich ihr hinterher in so einen Tunnel. Irgendwann war ich hier. Klingt verrückt, aber es war so.« Sie legte den Kopf schief und fragte: »Ist es weit von hier bis Newgrange?«
»Es gibt hier keinen Ort mit diesem Namen.«
»Nicht?« Manon erbleichte. »Welche Orte liegen dann in der Nähe?«
»Keine.« Mit einem Messer schnitt Hákon eine dünne Scheibe Dörrfleisch ab und reichte es Manon. »Das hier ist das Hochland von Benize. Hier wohnen nur die Hüterinnen und die Dashken.«
»Benize?« Manon runzelte die Stirn. Ihr war, als hätte sie das Wort schon einmal irgendwo gehört. Nur wo? »Was sind Dashken?«, fragte sie.
»So nennen wir die gefährlichen Elementargeister des Hochlands«, erklärte Hákon. »Die Wölfe, die dich verfolgt haben, waren Dashken. Sie dienen den Hüt e rinnen und können jede beliebige Gestalt a n nehmen. Ihre Aufgabe ist es, die Hüterinnen zu b e schützen. Sie töten jeden, der das Hochland unbefugt betritt. Kaum zu glauben, dass du sie nicht kennst. Hat dir deine Mutter nie davon erzählt?«
Manon schüttelte den Kopf und schaute sich furchtsam um. »Werden sie wiederkommen?«, fra g te sie.
»Nein.« Hákon gab sich gelassen. »Ich genieße noch bis morgen Nacht den Schutz der Hüterinnen. Bis dahin müssen wir das Hochland verlassen haben. Wenn du bei mir bleibst, wird dir nichts geschehen.« Manon erwiderte nichts. Sie wirkte verwirrt und i r gendwie traurig. Hákon erinnerte sich, dass sie von einer Freundin gesprochen hatte. »Wo ist deine Freundin?«, fragte er.
Manon seufzte. »Ich weiß es nicht. Wir …« Sie ve r stummte, dann sagte sie schnell: »Wir wurden g e trennt.«
»Hm.« Hákon schaute sie
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