Königin des Lichts: Drei Romane in einem Band (German Edition)
Entscheidung, voller Hoffnung, aber nicht ohne Überlegung. Die langen, fließenden Ärmel verbargen den Dolch, den sie an ihr Handgelenk geschnallt hatte. Trotz Cyras Protest trug sie ihr Haar offen und ließ es schmucklos bis zur Taille fallen. Und als Geste
stolzer Herausforderung steckte sie sich die Brosche ihrer Mutter an die Brust.
»Vielleicht erkennt er sie«, wandte Rhiann ein.
»Selbst wenn, wird es zu spät sein.« Aurora nahm Kugel und Stern. »Die werde ich brauchen.« Sie ließ beides in einen weißen Samtbeutel gleiten. Dann wandte sie sich vom Spiegel ab und hielt Cyra und Rhiann je eine Hand hin. »Ihr wart mir Mutter und Schwester. Was auch immer heute Nacht geschieht, daran wird sich nichts ändern. Ich bitte euch darum, Mutter und Schwester meines Liebsten in Sicherheit zu bringen. Wenn das Licht der Mitternachtsstunde nicht scheint, müsst ihr sie zu Leia ins Tal der Geheimnisse bringen und dort um Zufl ucht bitten. Schwört mir das.«
»Aurora …«, begann Rhiann.
»Ich brauche euren Schwur«, beharrte Aurora. »Ich kann meine Aufgabe nur erfüllen, wenn mein Herz und Verstand unbelastet sind.«
»Dann hast du ihn. Aber das Licht wird scheinen.«
Thane wartete, bis sich der berittene Jäger direkt unter seinem Ast befand. Dann sprang er und riss den Mann vom Pferd. Das verstörte Tier scheute.
Bevor der andere zu Atem kam, hatte Thane ihm schon das Schwert an die Kehle gesetzt. »Nur ein Wort«, warnte er leise, »und es ist dein letztes.«
»Thane? Der Stallbursche?« Die Überraschung in seiner Stimme war fast ebenso groß wie seine Angst. »Was ist das für ein Irrsinn? Ich bin im Auftrag des Königs unterwegs.«
»Ein neuer Tag bricht an.« Thane zog den Mann auf
die Füße. »Bringt ihn zu den anderen.« Er stieß den Jäger in den Schutz der Bäume, wo zwei der Rebellen warteten. »Sein Bogen und Köcher werden uns nützlich sein. Richtet Gwayne aus, ich sei zurückgegangen. Ich werde auf das Signal lauschen.«
Mit entschlossenem Schritt eilte er zurück zum Stall. Was auch immer geschah, er würde nie wieder eine Nacht dort verbringen, wo er wie ein Tier auf dem Boden schlafen musste. In dieser Nacht würde seine Familie befreit werden, und er würde im Dienst seiner Herrin leben oder sterben.
»Du bist spät dran«, schimpfte Kern, als Thane aus dem Tunnel kam.
»Ich hatte zu tun.«
»Das hast du hier auch, aber ich habe mich darum gekümmert. Es treffen immer noch Gäste ein, deren Pferde versorgt werden müssen. Wäre ich nicht hier gewesen, um das zu übernehmen, hätte man dich vielleicht vermisst.«
»Ich versorge die Pferde, aber es ist das letzte Mal. Ich schwöre dir, falls ich irgendwas zu sagen haben sollte, bekommt mein Nachfolger eine anständige Unterkunft und Bezahlung für seine Arbeit.«
Widerwillig löste er den Gurt, an dem sein Schwert befestigt war.
»Ich habe doch gesagt, ich habe mich um alles gekümmert. Es hat keinen Sinn, dass du die Arbeit noch einmal machst.« Mit gespitzten Lippen ging der Elf um Thane herum. »Es wird schon genug Arbeit sein, dich anständig herzurichten.«
»Wieso? Was stimmt mit mir nicht?«
Kern ergriff mit zwei Fingern einen von Thanes zerlumpten Ärmeln. »Nichts, was sich nicht durch ein Bad, eine Rasur und ein paar neue Kleider beheben ließe. Leider bleibt nicht viel Zeit, also muss ich mich selbst darum kümmern.«
»Ich brauche mich doch vor einer Schlacht nicht zu rasieren!«
»Aber vor einem Maskenball sehr wohl. Zuerst das Bad. Glaub mir, das ist dringend nötig.«
Kern schnippte zweimal mit den Fingern, und schon stand eine Kupferwanne mit dampfend heißem Wasser vor ihnen.
»Ich gehe nicht auf den Ball, sondern ins Verlies, um die Gefangenen zu befreien. Denen dürfte es egal sein, wie ich rieche.«
»Die Gefangenen werden bereits befreit.«
»Jetzt?« Thane griff nach seinem Schwert, aber Kern wedelte kurz mit der Hand und seine Kleider waren verschwunden. »Bei den Göttern!«
»Du bist dort überflüssig. Mein Volk versteht es ausgezeichnet, durch verschlossene Türen zu gehen.« Kern grinste. »Für uns ist das ein Vergnügen. Dafür wirst du auf dem Maskenball gebraucht. Wenn du nicht anständig aussiehst, kommst du an den Wachen nicht vorbei. In die Wanne, Junge.«
»Ich soll doch auf Gwaynes Seite kämpfen, die Männer führen …« Bevor er es sich versah, saß er in der Wanne und war im Wasser verschwunden. Prustend kam er wieder hoch.
»Du verschwendest deine Energie. Hast du Angst
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