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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Pferd die Sporen, die anderen folgten seinem schnellen Galopp. Trotzdem waren sie völlig durchnässt, als sie die kleine Hütte erreichten. Pferde und Menschen drängten sich in die Unterkunft, die offenbar schon seit längerer Zeit verlassen war. Aber das Dach war dicht, und das einzige Fenster konnte mit einem Holzladen verschlossen werden. Bei jedem Donnerschlag stampften die Pferde unruhig auf, während die Männer das Ende des Gewitters herbeisehnten. Endlich wurden die Abstände zwischen Blitz und Donner größer, und das Grollen wurde leiser. Der heftige Regen ging in ein kontinuierliches Nieseln über.
»Wir werden heute hier rasten«, entschied Sir Norman. »Es lohnt sich nicht mehr, einen neuen Lagerplatz zu suchen, zumal die Wege aufgeweicht und matschig sein werden.«
Hinter der Hütte entdeckte Roger einen kleinen Stall, dort hinein wurden die Pferde geführt.
Norman Powderham setzte sich auf den lehmgestampften Boden und streckte Antonia die Füße entgegen. »Hilf mir aus den Stiefeln!«
Das nasse Leder war glitschig, und Antonia rutschte immer wieder ab. Erst beim vierten Versuch gelang es ihr, und Sir Norman stand grinsend auf und öffnete seinen Gürtel. Als Antonia bemerkte, dass er sich entkleiden wollte, huschte sie zur Tür.
»Wo willst du hin?«, hielt seine Stimme sie auf.
»Äh … nach dem Feuer sehen … Ich meine, wenn man trockenes Holz findet, kann man hier im Kamin ein Feuer entzünden.« Sie deutete auf die Feuerstelle, die eine Längsseite des Raumes einnahm. Es war offensichtlich, dass darin seit Monaten kein Feuer mehr gebrannt hatte.
Sir Norman wiegte wohlwollend den Kopf. »Das ist eine gute Idee, aber darum sollen sich meine Männer kümmern. Darf ich dich daran erinnern, dass du mein Knappe und darum für mein Wohlbehagen verantwortlich bist? Jetzt hilf mir aus den nassen Sachen.«
Obwohl Sir Norman freundlich gesprochen hatte, war es keine Bitte, sondern ein Befehl. Also holte sie aus seinem gut verschnürten Bündel eine trockene Decke, und es blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm beim Entkleiden behilflich zu sein. Währenddessen wurde von den Männern ein Feuer entzündet und aus den Fleischresten des Vortages eine Suppe bereitet. Antonia war froh, dass die Männer in dem einzigen Raum der Kate um sie herumwuselten. So beachtete niemand, wie sie sich erneut vor Verlegenheit wand und errötete, bis Sir Norman sich endlich in die kratzige Decke wickelte und damit seine Blöße bedeckte.
Unvermittelt scheuchte er alle Männer hinaus. Antonia war bereits an der Tür, als sein scharfer Ton sie innehalten ließ. »Du bleibst!«
Unsicher wandte sie sich um. »Sir?« Sie senkte den Kopf, damit er nicht das Flackern in ihren Augen sah. Antonia fühlte sich in der Gegenwart des beinahe nackten Mannes von Sekunde zu Sekunde unbehaglicher.
Sir Norman musterte sie von oben bis unten. »Du solltest auch endlich deine nassen Sachen ausziehen, sonst erkältest du dich noch.« Er kramte eine zweite Decke hervor und drückte sie Antonia in die Arme. Die Wolle war zwar etwas feucht, aber immer noch trockener als Antonias Kleidung. Tatsächlich fror sie erbärmlich und konnte ein Zittern nur schwer unterdrücken. Unsicher presste sie die Decke an den Körper und blieb stocksteif an der Tür stehen.
Norman runzelte die Augenbrauen. »Worauf wartest du noch? Los, raus aus den Sachen!«
»Ja, Sir … sicher … wo kann ich mich umziehen?«
Ungläubig schüttelte Norman den Kopf. »Du fragst
wo
? Na, hier natürlich! Du erwartest doch nicht ernsthaft von mir, dass ich den Raum verlasse, damit sich mein Knappe ungestört entkleiden kann?« Jede Freundlichkeit war aus Normans Augen verschwunden. Er hatte Antonias Spielchen langsam satt und bereute sein Versprechen, das er Lord Fenton gegeben hatte. Bisher war er auch ohne Knappen ausgekommen. Das war allemal besser, als dieses verweichlichte Jüngelchen an seiner Seite zu ertragen. Drohend, die Hände zu Fäusten geballt, baute er sich vor Antonia auf. »Ich habe keine Lust, Lord Thomas ein todkrankes Kind zu überbringen! Folglich wirst du dich jetzt ausziehen, in die Decke hüllen und vor dem Feuer aufwärmen. Hast du verstanden?«
»Ich bin kein Kind!«, begehrte Antonia auf, ohne auf seine Anweisungen einzugehen.
»O doch, das bist du. Noch dazu ein sehr kleines und verzogenes! Ich habe wahrlich schon Jüngere gesehen, die sich nicht so angestellt haben wie du!«
In Anbetracht seiner Wut und wegen der Tränen, die ihr in die Augen stiegen,

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