Königliche Republik (German Edition)
Stefania
verhielt sich wie ein normaler Mensch. Zuvor hatte Stefania sich nie
dafür interessiert, aber da auch Dario spielte, wenn er in
Neapel war, übte sie nun Tag für Tag. Inzwischen hatten sie
mit den jungen Männern des Herzogs eine Art Billard-Club
gegründet.
Auch
am Morgen vor Weihnachten holte sie Mirella ab.
„Warum
ist er immer noch nicht zurück?“, fragte sie wie
gewöhnlich. „Es ist doch gleich Weihnachten.“ Aber
sie sprühte trotzdem vor guter Laune, scherzte mit Gina, während
Mirella sich anzog, und summte ein Weihnachtslied, als sie dann das
Haus verließen.
In
der Kutsche fiel sie Mirella um den Hals. „Ich habe ein
wunderbares Geschenk für Dario!“
Schockiert
dachte Mirella an das Gespräch mit Rita. „Ihr habt doch
nicht etwa ...“
„Und
wenn?“ Stefanie lachte vergnügt. „Alle machen es.“
„Also
habt ihr ... Ihr seid doch nicht verheiratet!“
„Aber
bald!“ Stefania holte tief Luft. „Bald sind wir
Schwestern. Meine Eltern haben ja gesagt. Ich habe es endlich gewagt,
sie zu fragen.“ Sie kicherte und rückte ein Stück von
Mirella weg. „Sie haben es gewusst. Die ganze Zeit. Solche
Heimlichtuer.“
Mirella
lachte. „Aber das seid ihr doch auch gewesen.“
Die
Kutsche bremste abrupt. Tonio, der Kutscher der Oliveto, hatte wieder
einmal seinen „müden Tag“.
Stefania
lachte noch mehr. „Er hat wohl schon gestern Weihnachten
gefeiert.“
Mirella
fand das gar nicht komisch. „Eines Tages wird er jemanden unter
die Räder nehmen. Ihr solltet euch einen anderen Kutscher
zulegen.“
„Und
was wird aus ihm?“ Stefania hatte ja recht, aber trotzdem ...
Nebel
stieg vom Hafen hoch und zog in dichten Schwaden über den Largo.
Mirella überlief eine Gänsehaut und sie schüttelte
sich, als sie vor dem Palazzo Reale ausstiegen. Sie hatte
Nebel noch nie gemacht, aber an diesem Morgen verbarg er Böses –
die spanischen Schiffe draußen im Golf.
Edoardo
erwartete sie in der Eingangshalle. „Die Herren bitten die
Signorine um einen Augenblick Geduld. Sie kommen in den Billard-Saal,
sobald Seine Exzellenz sie entlässt.“
Er
schritt ihnen würdevoll voraus. Zu Zeiten des Vizekönigs
war er niemals so stolz gegangen.
„Die
Menschen haben sich verändert in den letzten Wochen. Man sieht
ihnen an, dass sie freier geworden sind.“
„Dabei
ist das Leben noch schwieriger geworden. Stell dir vor, Matilda hat
keine Gans mehr bekommen für morgen. So lange ich lebe, hat es
Gans gegeben als Weihnachtsessen.“
Mirella
grinste. „Dann müssen sich deine Eltern von de Guise
einladen lassen. Ich fürchte, er hat alle noch lebenden Gänse
der Stadt aufgekauft. Außer der einen, die Albert mir gelassen
hat.“
„Ich
bin froh, dass es keine Gans gibt. Ich mag das eklige Fett nicht.“
Kichernd
betraten sie den Billard-Saal.
Edoardo
legte die Kugeln auf den blau bespannten Tisch und reichte ihnen die
Billardschläger.
Stefania
zog eine dünne Schnur aus ihrer Manteltasche. „Zum Üben.“
„Wenn
du geradeaus schauen würdest, bräuchtest du die nicht.
Außerdem, wie willst du es nachher ohne können?“
„Wenn
du mir den Marquis de Montmorency überlässt, gewinne ich
auch einmal.“
„Aber
nicht alleine gegen mich.“
„Wir
werden ja sehen.“ Stefania warf einen schnellen Blick auf
Edoardo, der an der Wand stand und auf ihre Befehle wartete. Sie
verknotete ein Ende der Schnur in der Mitte des Tores, durch das sie
die Kugel spielen wollte. Anschließend spannte sie sie über
die Kugel hinweg bis an den Rand des Tisches, um die Stelle zu
finden, wo sie abschlagen musste. Danach stellte sie sich in
Position.
„Meine
Güte!“ Kopfschüttelnd verfolgte Mirella ihre
komplizierten Vorbereitungen. „Vielleicht solltest du die
Stelle noch mit Kreide markieren, damit du dich nicht vertust.“
Stefania
sah auf und strahlte. „Das ist eine gute Idee.“ Sie hatte
den Spott wahrhaftig nicht begriffen. „Haben wir Kreide,
Edoardo?“
„Nein,
Signorina. Und ich glaube auch nicht, dass es die irgendwo im Schloss
gibt.“ Vermutlich hatte er genauer zugeschaut als es den
Anschein gehabt hatte.
Mirella
feixte noch mehr. „Fang endlich an.“
Stefanie
packte den Schläger fester. So fest, dass sie keinen Schwung in
den Schlag legen konnte. Die Kugel rollte gemächlich über
den Stoff und blieb ein Stück vor dem angepeilten Tor liegen.
„Der Winkel stimmt. Jetzt hast du es einfach.“
Mirella
klopfte ihr im Vorbeigehen auf den Arm. „Beim nächsten
Spiel
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