Königliche Republik (German Edition)
hinsetzen und sich das Hemd
ausziehen. Mirella ging wieder hinaus auf die Straße.
Dario
war fort; sie atmete erleichtert auf. Einer der Milizionäre
hatte sich der scheuenden Tiere angenommen. Selber zu Pferd, war es
ihm leichter, sie zu bändigen.
Enzo
stand neben Varese, geduckt und durchnässt. Sie schlugen mit
Äxten ein Fenster ein, hinter dem es qualmte. Andere Nachbarn
hatten eine Eimerkette gebildet und begannen, Wasser
hineinzuschütten. Der Rauch wurde dunkler; es zischte laut. Dann
aber züngelte neben dem Rauch eine Flamme hoch; durch das offene
Fenster hatte das Feuer richtig Luft bekommen. Die Leute wichen
zurück.
Mirella
wollte ins Haus zurück, um sich gleichfalls einen Eimer zu
holen. Da kam der zweite Milizionär auf sie zu. „Signorina,
können wir die Pferde bei Ihr unterstellen? Ist Ihr Vater da?“
Mirella
deutete auf Enzo. „Dort!“
Das
Gesicht des Mannes verfinsterte sich. „Signor Scandore?“
„Passt
es Ihm nicht?“
Er
sah sie überrascht an; mit dieser Reaktion hatte er nicht
gerechnet. „Ich wollte bloß wissen ...“
Mirella
feixte. Arroganz zahlte sich aus. Sie ging das Tor für Vareses
Pferde öffnen. „Der Stallknecht wird sie unterbringen.“
Besser freilich, er würde weiter draußen helfen; Dario
konnte die Pferde übernehmen. Wo war er?
Sie
lief durch den Kücheneingang ins Haus zurück. „Gina,
hast du ...“ Der Anblick Cesares ließ sie
verstummen.
„Du
könntest deinem Vater und den Helfern etwas Heißes zu
trinken bringen. Auch wenn es brennt ...“
„Gleich,
Gina. Ich komme gleich wieder.“
Sie
lief hoch; Dario war nicht in seinem Zimmer. Sie hatte auch nicht
erwartet, dass er sich in dieser Situation ganz zurückzöge.
Er würde eher Rita Gesellschaft leisten, wenn er schon nichts
tun konnte.
Rita
saß im Salon am Fenster, über ihren Stickrahmen gebeugt.
Sie musste ihr begreiflich machen, das ihre Arbeit unnütz war.
Aber jetzt gab es Wichtigeres.
„Wo
ist Dario?“
„Ich
habe ihn nicht gesehen. Ist er nicht mehr draußen?“
„Er
musste vor der Miliz verschwinden!“
„In
solch einer Lage wird gewiss niemand auf dem Arrest bestehen. Wenn
sie überhaupt davon wüssten.“
„Sie
wissen, Mamma; dessen kann Sie sicher sein.“ Sie presste die
Lippen zusammen und stand einen Augenblick nachdenklich da. „Man
kennt unseren Namen.“
Rita
legte den Stickrahmen beiseite, zog sie ans Fenster und musterte sie.
„Was ist es, worüber du dir Sorgen machst?“
Der
Druck in Mirellas Magen verstärkte sich. „Ich weiß
nicht genau ... Aber wenn Dario nicht bei Ihr ist?“
„Du
denkst ... Nein, das würde er Vater nicht antun, dass er das
Durcheinander ausnutzt.“
Mirella
blieb skeptisch. „Bislang hat niemand kontrolliert, ob Dario
tatsächlich Tag und Nacht zu Hause ist.“
„Weil
de Guise deinem Vater vertraut.“
„Eben;
das ist auch Dario klar.“
„Es
wird bestimmt niemandem auffallen; warum auch gerade jetzt?“
Das war Mutter; ein Problem wegschieben, so lange es nicht unbedingt
nötig war, sich damit zu befassen. Mit einem Schulterzucken ging
sie zu ihrem Stickzeug zurück. „Wir sollten langsam eure
Hochzeiten planen. Stefanias Eltern haben ihr Einverständnis
doch nicht zurückgezogen, oder?“
Mirella
flüchtete in die Küche und holte sich einen Eimer zum
Löschen.
Es
dämmerte schon, als der Brand gelöscht war. Sie hatten das
Feuer so weit unter Kontrolle halten können, dass es nur in
einem Teil des Hauses gewütet hatte. Aber das Gebäude sah
aus, als würde es gleich einstürzen.
Enzo
brachte Varese und seine Familie sowie deren gesamtes Personal ins
Haus. Gina und Fabrizio begannen Wasser zu erhitzen, sodass sich
nacheinander alle waschen konnten. Wasser war fast das Einzige, was
sie in diesen Tagen noch in Überfluss hatten.
Mirella
und Rita sichteten ihre Schränke und brachten halbwegs passende
Kleider für die Frau und die beiden halbwüchsigen Töchter.
Varese dagegen war so viel breiter gebaut als Enzo und Dario, dass
sie nichts für ihn hatten. Auf dem Hof wurde das wenige
gelagert, was aus Vareses Haus gerettet werden konnte, ohne die
Helfer in Gefahr zu bringen. Für seine Dienstboten wurden
Schlafplätze im Stroh und in einem der Kellerräume
hergerichtet.
Mehrfach
traf Mirella auf einen suchenden oder fragenden Blick Enzos. Jedes
Mal gelang es ihr, schnell zu verschwinden, bevor er sie nach Dario
fragen konnte. Die ersten beiden Male reagierte er mit einer
mürrischen Miene; danach wurde sein Blick
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