Königliche Republik (German Edition)
wachsamer: Er hatte
wohl begriffen, dass sie ein Problem hatten. Hoffentlich hatten die
Nachbarn und ihre Leute jetzt zu viele eigene Sorgen, um Darios
Verschwinden bewusst wahrzunehmen.
Gina
bereitete zusammen mit Vareses Köchin das Abendessen. Die
Speisekammer bot neben den Zutaten für eine fleischlose Minestra freilich nicht mehr als ein Stück Brot und etwas Käse für
jeden. Doch dann nahm Varese eine Sturmlampe und ging mit Cesare noch
einmal hinüber zu seinem Haus. Sie kamen mit einem Dutzend
angerusster Caciocavalli und zwei Fiaschi Anglianico zurück. Eine Flasche nahm Cesare hinaus zum Personal; die andere
ließ Varese von Gina säubern und stellte sie dann auf den
Tisch.
Enzo
holte die venezianischen Kristallgläser aus dem Schrank. „Dass
ihr alle unbeschadet an Leib und Leben davongekommen seid, dass ist
sehr wohl ein Grund zu feiern.“
„Ohne
eure schnelle Hilfe wäre es schlimm ausgegangen. Wenn Dario
nicht ...“ Varese blickte sich suchend an. „Wo ist er
eigentlich?“
Enzos
Blick ging zu Mirella. „Ich habe nicht darauf geachtet.“
„Vermutlich
hat er noch zu tun.“ Rita gelang es, beiläufig zu klingen.
„Es macht viel Mühe, in diesen schwierigen Zeiten den
Handel aufrecht zu erhalten.“
Enzos
Blick war ein Flehen; es war so absurd, was Rita sagte. In keiner
Familie dürfte Dario deswegen vom Tisch fern bleiben.
Mirella
erwiderte Enzos Blick und entschied sich für die Flucht nach
vorn. Sie mussten sich einfach auf den Dank der Nachbarn verlassen.
„Ich weiß auch nicht, wo er ist. Plötzlich war er
verschwunden.“
Varese
runzelte die Stirn. „Er steht immer noch unter Arrest, nicht
wahr?“
„Richtig.“
Mirella schlug Plauderton an. „Nur gut, dass er den Befehl
missachtet hat.“
Vareses
Blick ging zu seiner Frau; dann nickte er.
Enzo
lächelte Mirella anerkennend an. „Ich nehme an, Cesare
wird Seine Frau und die Kinder morgen aufs Land bringen. Wenn Er mag,
kann Er selber bei uns bleiben, um die Arbeiten an Seinem Haus zu
überwachen.“
Vareses
Blick ging hinüber zum Fenster, wo die Nacht inzwischen die
Trümmer seines Hauses verbarg. „Das ist sehr großzügig
von Ihm; aber ...“
„Es
macht keine Mühe“, sagte Rita schnell. Anscheinend hatte
auch sie nun begriffen, dass sie sich der Loyalität Vareses
versichern mussten. „Wir rücken ein wenig zusammen und so
ist heute Nacht Platz für alle. Und für Seinen Kutscher
haben wir genau wie für Ihn auch länger Platz.“
Vareses
Frau legte ihre Hand auf die seine. „Mach das, Antonio. Im
Landhaus sind wir weitab und in Sicherheit.“
Weitab,
ja, das war das Wichtigste. Dort würde niemand nach Dario
fragen.
Doch
ihre Sorge war unbegründet. Dario kam zurück, als Gina den
Kaffee servierte.
Varese
begrüßte ihn voller Herzlichkeit mit einem Klopfen auf die
Schulter. „Lieber Freund, ich habe mir Sorgen um Ihn gemacht.
Er war sehr leichtsinnig. Wenn Ihn jemand erkannt hätte dort
draußen?“
Dario
zuckte die Achseln. „Ich bin nicht in Neapel geblieben.
Stefania ...“ Absichtsvoll hörte er auf zu reden und
setzte sich an den Tisch.
Enzo
musterte ihn mit ausdruckslosem Gesicht, während Gina Dario
einen Teller Minestra brachte. „Du wirst lange genug mit
ihr leben und sie früh genug über haben. Dafür hast du
uns alle in Gefahr gebracht.“
Varese
wischte sich den Mund ab und faltete die Serviette bedächtig
zusammen, bevor er sie neben den Teller legte. „Ich wünsche
Euch allen einen schönen Abend.“
Als
die Varese gegangen waren, stand Enzo ebenfalls auf und bat Gina, den
Kaffee in die Bibliothek zu bringen. „Stefania hat die Stadt
nicht verlassen. Sie kam vor einer Stunde, um nach dir zu fragen.“
„Was
habe ich denn gesagt?“ Darios Blick ging zu Mirella; daraufhin
sah Enzo sie fragend an.
„Ich
habe nichts damit zu tun.“
„Mir
scheint, ausnahmsweise stimmt das sogar.“ Er packte Dario am
Arm und schob ihn aus dem Esszimmer. „Es wird Zeit, dass du mir
ein paar Dinge erklärst. Wenn ich schon hängen soll, dann
will ich wissen warum.“
Es
war spät in der Nacht, als es an Mirellas Tür klopfte. Sie
fuhr verwirrt hoch.
Enzo
betrat ihr Zimmer, gefolgt von Dario.
Schon
im Mondlicht erschien Enzos Gesicht geisterhaft bleich; aber nachdem
er die Lampe auf ihrem Nachttisch angezündet hatte, glich er
noch mehr einem, der ein Gespenst gesehen hatte.
Dario
blieb erst an der Tür stehen und schien zu lauschen, ob einer
ihrer Gäste wach war. Dann setzte er sich zu
Weitere Kostenlose Bücher