Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)
fünf Jahre durch. Er wurde 1979 von einer Clique hausgemachter Marxisten und internationaler Trotzkisten gestürzt. Vier Jahre danach trafen die U.S.-Marines ein.
Es ist eine Geschichte vom Krieg, aber es ist anders als in Vietnam. Das hier ist nicht Indochina, und hier verlieren die USA nicht.
Die Leute, die im Weißen Haus den Ton angeben, haben zusammen mit dem Pentagon und der CIA endlich das hingekriegt, wofür wir sie bezahlen, und sie haben es ziemlich gut gemacht. Wenn Amerikas Geschäft das Geschäftemachen ist – wie Mr. Coolidge mal gesagt hat –, dann werden viele Leute für das, was hier im wüsten Jahr des Herrn 1984 bewerkstelligt wurde, eine fette Weihnachtsgratifikation einstreichen. Wir mussten erleben, dass Amerikas Interessen im karibischen Raum bedroht wurden, und wir haben diese Bedrohung ausgemerzt, wie wir eine Kakerlake zertreten. Vor den Augen der Öffentlichkeit hat das Pentagon endlich einen Krieg gewonnen, und die Sieger frohlocken angesichts der Beute.
Und warum auch nicht? Sie sind Krieger, und manche von ihnen haben hier gekämpft und sind hier gestorben, Kubaner und Grenadianer ebenso wie achtzehn amerikanische Soldaten. Alles in allem war es nämlich doch nicht nur ein Kriegsspiel. Die Kriegshandlungen waren rasch und teilweise undurchsichtig, die wahren Umstände bleiben unbekannt, und die Zukunft ist fraglos düster.
Aber wen interessieren solche Dinge schon. Sie sind müßig, bloße Nebenerscheinungen im Vergleich zu der Erfolgswelle, auf der wir in diesen Tagen an der Südküste von Grenada reiten.
Früher am Abend war es zu einer Reihe recht barscher und im Verlauf eskalierender Diskussionen mit Angehörigen der 21. Militärpolizei-Einheit auf dem Rasen des ehemaligen Calabash Hotels
gekommen, weit draußen am Strand hinter Grand Anse. Mit Sandsäcken, MG-Nestern und Stolperdrähten zwischen den Palmen hatten sie das ganze Gelände zum Kriegsschauplatz gemacht. Zudem zogen sie dann auch noch Rollen von Natodraht über den Rasen vor dem Bungalow des Fotografen vom Time -Magazin, was zu heftigem Streit führte. Das alles war Werk des berüchtigten »Captain Calabash«, eines Befehlshabers der Militärpolizei. Der Mann mit dem manischen Blick hielt seine Männer gnadenlos auf Trab und sorgte mit ständig anberaumten grundlosen Sicherheitsübungen im Umkreis des Hotelgeländes dafür, dass sie in schlaflose Hektik verfielen. Wie ein verrückter heimatloser Hund war er ständig und aus absolut unerfindlichen Gründen davon besessen, sein Revier zu erweitern. Wenn seine Männer nicht im Mondschein am Strand patrouillierten, mit Nachtsichtgeräten ausgerüstet und ausreichend bewaffnet, um sämtliche Fische zwischen Grenada und der Südseite von Barbados abzuknallen, dann ließ er sie mit Kampfmesser und zwölf Kilo schweren Stahlkugeln exerzieren oder den Strand aufgraben, um Sandsäcke zu füllen, die dann auf seinen Befehl zu riesigen Haufen an den Einfahrten und Gehwegen bis hinunter zum Meer gestapelt wurden … Sogar den CIA-Spitzeln war das peinlich.
DINNER AUF GRENADA … MORGAN SPIELT PIANO IM »RED CRAB« … DIE BOMBARDIERUNG DER IRRENANSTALT UND DER PROZESS GEGEN BERNARD COARD WERFEN ERNSTE FRAGEN AUF … WAS SOLL MAN NUR MIT BERNIE MACHEN?
Manche Leute werden euch erzählen, dass die Armee inzwischen moderner, differenzierter und anspruchsvoller geworden ist, und sie werden Beweise dafür vorlegen. Sie werden T-Shirts
aus dem Kriegsgebiet mitbringen und Dias vom Strand an der Prickly Bay vorzuweisen haben, wo das nackte Mädchen mit Captain Henegans Wachposten getanzt hat. Oder vielleicht haben sie auch Videobänder, auf denen man sieht, wie F-14 Tomcats der Navy im Tiefflug eine Irrenanstalt bombardieren, die oberhalb des Hafens gegenüber vom St. George’s Hotel liegt.
Morgan sei sein Name, sagten sie. Im Red Crab, einem typisch karibischen Roadhouse nicht weit vom Calabash Hotel in einem Palmenhain, spielte er zu später Stunde Piano. Kurz nach der Invasion tauchte er eines Abends auf, und nachdem er ein paar Stücke wie zum Beispiel »Fandango« und »Way Down upon the Swanee River« geklimpert hatte, war man allgemein von ihm angetan. Wenn der Laden voll war, spielte er so lange, wie sie wollten, und manchmal animierte er die Leute vom Außenministerium oder Militärpolizisten zum Mitsingen.
Sie versammelten sich um sein Klavier, hoben ihre Bierkrüge und brüllten einander heiser krächzend an wie die jungen Löwen. An manchen Abenden erschien
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