Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)
Kriegsspielen und Zielschießen auf Neger wird schnell verstummen. Man hört doch die Leute hier schon allenthalben sagen, wir sollen diesen Dreckskerlen den Prozess machen. Okay, wir werden euch einen gottverdammten Prozess liefern. Wir werden uns Bernie Coard vornehmen und Hudson Austin hängen, und wir werden auch Liam James hängen und Abdullah und Redhead und all die anderen kommunistischen Hundesöhne. Die haben so viel Schiss, dass sie alle auspacken werden. Den Mythos New Jewel Movement werden wir ausradieren. Und dazu brauchen wir nicht mal die Leiche von Maurice Bishop. Es gibt eine Menge Zeugen, und die haben wir alle an den Eiern.«
Ich war schockiert von seinem Ton.
Er sprach von der gesamten Führungsmannschaft des so genannten Militärcoups, der Maurice Bishops neo-marxistische, vom Limbo inspirierte Revolutionsregierung gestürzt hatte. Diese hatte viereinhalb Jahre lang auf Grenada geherrscht, bis eine schockierende Gewaltorgie die Insel in den letzten Oktobertagen in einen Schauplatz verwandelte, der sich nur mit Uganda in den schwärzesten Tagen von Idi Amin vergleichen lässt … Bernard Coard war der Stellvertretende Premierminister, ein ehemals respektierter marxistischer Theoretiker und persönlicher Freund von Bishop. Hudson Austin war der General, der die Revolutionäre Volksarmee kommandierte. Abdullah, James und Sergeant Lester »Goat« Redhead waren die Soldaten, denen
man die Tötungen zur Last legte. Nicht nur Bishop, sondern auch vier seiner Minister, seine Geliebte und Dutzende, vielleicht sogar Hunderte unschuldiger Zivilisten waren von der Armee niedergeschossen worden, als eine Massendemonstration Maurice Bishop wieder zurück an die Macht bringen wollte.
Wer die Schuld trug, stand außer Frage, aber es waren einige juristische Finessen zu beachten. Die Leichen waren verbrannt worden, und nach britischem Commonwealth-Gesetz ist es zumindest heikel, einen Mordprozess ohne Leiche zu führen. Landesverrat war eine weitere Möglichkeit, aber die einzigen Zeugen waren entweder tot oder von der CIA ins Richmond-Hill-Gefängnis gesperrt worden. Der Beginn des Prozesses war für Februar angesetzt, aber ohne Leichen oder Zeugen würde es auf eine »Zitterpartie« hinauslaufen, wie Tony Rushford es ausdrückte.
»Dass wir sie nicht sofort umgelegt haben, war unser Fehler«, sagte ein Colonel der US-Armee im Red Crab, einem schicken Roadhouse vor der Stadt. »Standrechtliche Exekution – auf der Flucht erschossen – das wär’s gewesen!« Er lachte grimmig und trank noch einen Schluck Bier. Der Bürgermeister von Fort Lauderdale stand am anderen Ende der Bar und ließ es ordentlich krachen. Sein Saufkumpan war ein Geschäftsmann aus New Jersey, der am Hals einer schwarzen Frau nagte.
»Ihr Leute seid einfach schamlos«, sagte ich zu dem Colonel.
»Wir sind Krieger«, erwiderte er und stopfte Mixture 79 in seine Pfeife.
»Das Tausendjährige Reich dauerte nur zwölf Jahre und acht Monate«, sagte ich.
»Eine lange Zeit«, erwiderte er. »Heute in zwei Jahren gehe ich in den Ruhestand, und zwar mit vollem Pensionsanspruch.«
Es gibt Kunst, die braucht man nicht zu signieren.
Psy-Ops
Die Yanqui-Presse auf Grenada mit Zensoren der U.S.-Army, Winter 1984 (HST Archiv)
Samstagabend war es ruhig auf Grenada. Zum ersten Mal seit drei Wochen befanden sich keine Soldaten auf der Straße nach Grand Anse. Keine Patrouillen der 82. Luftlandedivision, keine Straßensperren mit M16-Sturmgewehren und roten Warnlichtern, kein Dröhnen von großen Cobra-Hubschraubern über unseren Köpfen; ein unternehmungslustiger Mann könnte in einem schnellen kleinen Mini-Moke-Cabrio auf dieser Straße fahren, ohne mit irgendetwas anderem Schwierigkeiten zu bekommen als mit streunenden Hunden und Schlaglöchern.
Es war ein Abend wie jeder andere seit dreihundert Jahren auf Grenada. So lange ist es ungefähr her, dass die Menschen, die hier leben, keinen Ärger mit betrunkenen Ausländern hatten. Zuerst waren es Bootsladungen bösartiger karibischer Indianer, die in Kriegskanus am Horizont auftauchten, dann waren es Piraten und Spanier und Mauren – allesamt trunken von Grog. Danach kamen die Franzosen, die Gefängnisse bauten, und zweihundert und mehr Jahre voller besoffener und schwitzender
Engländer. Schließlich folgten 1974 die Unabhängigkeit und ein Voodoo-wahnsinniger Premierminister, der vor der UNO von Fliegenden Untertassen faselte. Sir Eric Geary, aberwitziger noch als Papa Doc, hielt
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