Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Aber darüber hinaus ist der vom D. A. angeordnete Sturm auf Thompsons Haus etwas, das dem abendländischen Rechtsempfinden selbst der konservativen Kräfte Aspens nicht geheuer ist. Letztlich gibt es doch wohl noch den Vierten Zusatz der Verfassung der Vereinigten Staaten.
    (Aspen Daily News)
    Vor ein paar Jahren hätte McCrorys richterliche Anordnung weder juristisch noch moralisch eine Chance gehabt, aber die Auswirkungen der Nixon/ Reagan-Ära auf den Supreme Court bewirken, dass seine Anordnung eine mehr als fünfzigprozentige Chance hat, der Anfechtung standzuhalten, die Thompsons Anwälte vorbereiten. Und das bedeutet letztendlich, dass die Cops deine Tür schon auf der Basis einer unbestätigten Aussage aufbrechen dürfen, dass du in deinen eigenen vier Wänden Drogen genommen (bzw. die Fahne verbrannt/einen Aufstand vorbereitet/eine möglicherweise illegale Demonstration geplant/widernatürliche Unzucht begangen/Pornografie besessen/eine Abtreibung arrangiert) hast ...
    THE VILLAGE VOICE, 15. MAI 1990,
VOL. XXXV, NR. 20
     
     
    Ich musste das gesamte nationale und internationale Netzwerk mobilisieren. Ich rief bei den Zeitungen an. Ich hatte Beziehungen zur Times in London … ich konnte Leute aktivieren. Und Haddon sah, dass wir es plötzlich mit einer gerechten Sache zu tun hatten, für die es sich zu kämpfen lohnte. Für ihn war es so, dass er zusammen mit jemandem ins Feld zog, vom dem er wusste, dass er gut war und Recht hatte; aber obwohl er der Anwalt war und der andere sein Mandant fing dieser an, Pressemitteilungen zu verbreiten, keiner seiner Schritte war anwaltlich abgesegnet … Den ganzen juristischen Kram überließ ich einfach ihm.
    THOMPSON LEHNT SCHULDHANDEL AB;
NIMMT KABRIO AN
Ref 11
     
    VON DAVID MATTHEWS-PRICE
TIMES DAILY REDAKTION
22. MAI 1990
    Am Vorabend seiner Anhörung wegen Drogenmissbrauchs schlug der Autor Hunter S. Thompson einen Schuldhandel mit den Anklägern aus und nahm ein rotes Kabrio entgegen, das ihm Unterstützer schenkten, die aus San Francisco angereist waren.
    Seine Sympathisanten, angeführt von Jim und Art Mitchell, den Besitzern eines Pornotheaters, brachen in einem Konvoi von einem halben Dutzend Fahrzeugen am Sonntag um drei Uhr in der Frühe auf – oder “gleich nach der Arbeit”, wie sie sich ausdrückten. Am Montagmorgen erreichten sie Thompsons Haus in der Nähe von Woody Creek.
    Als der Konvoi sich näherte, telefonierte Thompson gerade mit seinem Anwalt über den Schuldhandel, den der Bezirksstaatsanwalt angeboten hatte.
    Thompson zeigte sich Montag unnachgiebig und überzeugt, dass es wichtig war, das Angebot des Bezirksstaatsanwalts abzulehnen – er hätte sich nur eines einzigen minderen Delikts für schuldig erklären müssen, und darüber hinaus wäre bei einer eventuellen Verurteilung die Straftat nach zweijähriger Bewährungszeit aus dem Vorstrafenregister getilgt worden.
    “Erstens bin ich unschuldig”, sagte Thompson. “Und zweitens, wenn ich auf schuldig plädiere, bedeutet das, deren Durchsuchung war rechtens, und die sind damit davongekommen.”
    Er sagte, überall im Land seien unschuldige Angeklagte gezwungen, in Drogenfällen solche Schuldabsprachen zu treffen, weil sie es sich nicht leisten können, gegen das System zu kämpfen. Er sagte, das käme für ihn nicht infrage.
    “Es wird immer schlimmer, weil die Leute klein beigeben. Jemand muss endlich sagen: ‘Schluss damit’”, erklärte Thompson.
    Diese Ansicht teilten auch die Gebrüder Mitchell, Besitzer des O’Farrell Theatre in San Francisco und langjährige Freunde Thompsons. Sie sagten, sie seien nach Aspen gekommen, um Thompson zu unterstützen. Dieser hatte mehrfach Artikel über die elf Jahre dauernden, erfolglosen Versuche der Regierung geschrieben, ihr Etablissement zu schließen, auf dessen Programm unter anderem Nackttanz steht. “Es muss endlich jemand Rückgrat beweisen”, sagte Art Mitchell.
    “Genau”, kommentierte Roxy, eine Tänzerin, die für die Mitchells arbeitet und nur ihren Vornamen preisgeben wollte. “Die Durchsuchung bei Hunter S. Thompson kommt einer polizeilichen Vergewaltigung gleich.”
    “Mir würde eine solche Durchsuchung ganz bestimmt auch nicht gefallen”, fügte Gigi hinzu, die ebenfalls bei den Gebrüdern Mitchell angestellt ist und bei ihrer Ankunft in Aspen nur ein ganz knappes Shirt und einen Minirock trug.
    “Gigi, du wärest auch etwas anders gekleidet an die Tür gekommen als Hunter”, warf Alex Benton, ein weiteres