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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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sagen – wie ich.
    Das erste Mal begegnete ich dem Richter, vor langer Zeit und aus seltsamen Gründen, in einer dunklen und regnerischen Nacht in Elko, Nevada, als wir beide rein zufällig in demselben schäbigen Motel landeten … Großer Gott! Was für eine Nacht!
    Ich hätte es fast vergessen, bis ich ihn letzte Woche im Fernsehen sah … und sofort stellte sich alles wieder ein. Der Horror! Der Horror ! Jene Nacht, als die Straße unterspült wurde und wir alle da draußen festsaßen – irgendwo in der Nähe von Elko, in einer Absteige namens Endicott’s Motel dicht am Highway – und beinahe allesamt echt durchgedreht wären.
     
    Dein HST
     
     
    Es war kurz nach Mitternacht, als ich auf einmal die Schafe sah. Ich hatte etwa achtundachtzig bis neunzig Meilen die Stunde drauf und raste im strömenden Regen und mit einem kaputten Scheinwerfer im Blindflug über die U.S. 40 zwischen Winnemucca und Elko. Ich war völlig durchnässt vom Wasser, das durch ein Loch im vorderen Wagendach hereinsprühte, und meine Finger am Lenkrad fühlten sich an wie verdammte Eiszapfen.
    Die Nacht war mondlos, und ich merkte, dass ich die Bodenhaftung verlor: gefährliches Aquaplaning. Meine Vorderräder berührten weder den Asphalt noch sonst etwas. Mein Schwerpunkt lag viel zu hoch.Von der Straße war nichts zu sehen, absolut nichts. Ich hätte einen flachen Stein viel weiter schleudern
können, als ich durch den Regen und den Bodennebel nach vorne zu sehen vermochte.
    Na und?, dachte ich. Ich kenne diese Straße – eine einsame Strecke, immer geradeaus durchs Nirgendwo, auf der Karte von wenigen Punkten gesäumt, die allesamt nur Geisterstädte und Raststätten für Trucker markierten und Namen wie Beowawa und Lovelock und Deeth und Winnemucca trugen …
    Gütiger Gott! Wer hat bloß diese Karte gezeichnet ? Nur ein komplett Durchgedrehter konnte sich eine Liste von Orten ausgedacht haben wie Imlay, Valmy, Golconda, Nixon, Midas, Metropolis, Jiggs, Judasville – sämtlich menschenleer, ohne Tankstellen und in der Wüste verwitternd wie eine Reihe ehemaliger Raststationen des Pony Express. Das Land hier gehört zu neunzig Prozent der Bundesregierung, doch der größte Teil ist völlig unbrauchbar oder allerhöchstens für Waffentests und Experimente mit Giftgas zu benutzen.
    Ich hatte jedenfalls vor, unbeirrt weiterzufahren. Absolut nicht langsamer zu werden. Den Wagen stur geradeaus durch den Regen zu lenken wie einen Marschflugkörper … Ich fühlte mich wohl. Eine bestimmte Seelenruhe und ein beruhigendes Gefühl der Sicherheit stellen sich ein, wenn man nachts mit einem sehr schnellen Wagen auf einer leeren Straße fährt … Scheiß auf dies Gewitter, dachte ich. Je schneller, desto sicherer. Nichts kann mir etwas anhaben, solange ich mein schnelles Tempo beibehalte. Und keine Angst vor den Cops: Die haben sich sowieso alle in irgendeinen Truckstop verzogen oder holen sich an einem Abzugskanal hinter irgendeinem Dynamitschuppen in der Wildnis jenseits des Highway heimlich einen runter … Aber wie auch immer, sie wollten nichts von mir, und ich wollte nichts von ihnen. Dabei würde nämlich nichts als Ärger rauskommen. Bestimmt waren sie nette Leute, und ein netter Kerl war ich auch – aber wir waren einfach nicht füreinander geschaffen. Die Menschheitsgeschichte hatte das schon vor langer Zeit so bestimmt. Es existieren Beweise über Beweise für die Ansicht, dass
ich und die Polizei in die Welt gesetzt wurden, um extrem verschiedene Dinge zu tun und niemals professionell miteinander in Kontakt zu geraten, außer zu offiziellen Anlässen, wenn wir alle Krawatten tragen und mächtig einen hinter die Binde kippen und schwer einen draufmachen wie die gut aufgelegten Rabauken, die wir von Natur aus sind, wie wir doch im Grunde unserer Herzen wissen … Diese Gelegenheiten sind selten, aber es gibt sie – trotz des Schicksals, dessen gespaltene Zunge uns in alle Ewigkeit auf verschiedene Wege geschickt hat … Aber, was soll’s? Eine so richtig wilde Geburtstagsfeier mit Cops kann ich ab und zu ganz gut verkraften. Oder auch eine spontane Orgie bei einer Waffenausstellung in Texas. Warum denn nicht? Verdammt, ich hab doch sogar mal für das Amt des Sheriffs kandidiert und wäre beinahe auch gewählt worden. Das verstehen die Jungs, und mit den smarten unter ihnen komme ich glänzend zurecht.
     
     
    Aber nicht heute Nacht, dachte ich, während ich durch die Dunkelheit raste. Nicht bei hundert Meilen

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