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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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fünf riesige Patronen in die Magnum lud. Er war sehr beherrscht und konzentriert, und von dem Drogenkoma, das ihn kurze Zeit zuvor noch lahm gelegt hatte, war keine Spur mehr zu entdecken. … Ich war beeindruckt. Der Mann war unzweifelhaft ein Krieger. Ich schlug ihm auf die Schulter und grinste. »Immer mit der Ruhe, Richter«, sagte ich. »Wir sind schon fast zu Hause.«
    Natürlich wusste ich es besser. Ich war tausend Meilen von meinem Zuhause entfernt, und wir beide waren wohl sowieso geliefert. Es bestand keine Hoffnung, der Menschenjagd zu entkommen, die ausgerufen würde, sobald die armen Narren Leach in einer brennenden Blutlache und mit weggeblasener Schädeldecke entdeckt hatten. Der Streifenwagen war nur noch ein unbrauchbares Wrack – dank der instinktiven Gerissenheit des Richters –, aber ich wusste, dass sie nicht lange brauchen würden, eine Großfahndung einzuleiten. Schon bald würden wutentbrannte Polizisten an jeder Ausfahrt zwischen Reno und Salt Lake City Straßensperren errichtet haben …
    Na und?, dachte ich. Es gab viele Nebenstraßen, und wir hatten ein mächtig schnelles Auto. Ich musste nur den Richter aus seinem Killerwahn holen und eine Fernfahrerraststätte finden, wo wir ein paar Spraydosen in Mattschwarz kaufen konnten. Dann könnten wir vor Morgengrauen über die Staatsgrenze entwischen und ein Versteck finden.
    Aber leicht würde die Flucht bestimmt nicht werden. In der kurzen Zeitspanne von vier Stunden hatten wir zwei Autos demoliert und waren an der Tötung zumindest eines Menschen beteiligt gewesen – abgesehen von all den anderen nicht vorsätzlich begangenen kriminellen Handlungen wie Geschwindigkeitsüberschreitung und Brandstiftung und Betrug und dem Mordversuch an Beamten der Staatspolizei während der Flucht vom Tatort eines Mordes … Nein. Wir hatten ein ernstes Problem. Wir waren mitten in Nevada gefangen wie räudige Ratten, und wenn die Cops uns sahen, würden sie uns gezielt erschießen. Kein Zweifel. Für die waren wir geisteskranke Kriminelle … Ich lachte und schaltete hoch auf »Drive«. Der Wagen fand schon bald die ihm genehme Reisegeschwindigkeit von hundertfünfzehn …
    Der Richter war versessen darauf, zu seinen Frauen zu kommen. Er fuchtelte immer noch mit seiner Magnum herum, ließ nervös die Trommel rotieren und sah immer wieder auf seine Uhr. »Können Sie nicht schneller fahren?«, murmelte er. »Wie weit ist es noch bis Elko?«
    Zu weit, dachte ich. Und das stimmte. Elko war fünfzig Meilen entfernt, und sie würden Straßensperren errichtet haben. Unmöglich. Sie würden uns in die Falle locken und vermutlich massakrieren.
    Elko kam nicht infrage, aber es widerstrebte mir, den Richter darüber zu informieren. Er zählte zu den Menschen, die schlechte Nachrichten nicht duldeten. Nein, wenn es mal nicht so lief, wie es ihm passte, hatte er die Neigung, total auszurasten und auf alles einzuschlagen, was sich in Reichweite befand.
    Es wäre bestimmt klüger, dachte ich, ihn bei Laune zu halten. Er würde eh bald einschlafen.
    Ich drosselte das Tempo und überlegte. Unsere Möglichkeiten waren begrenzt. An jeder geteerten Straße, die aus Wells herausführte, würden sie Sperren errichtet haben. Der Ort war eine große Kreuzung von Hauptstraßen, ein Truck Stop, wo man rund um die Uhr alles bekommen konnte, wonach einem der Sinn stand – natürlich in gewissen Grenzen. Aber was wir brauchten, war etwas anderes. Wir mussten verschwinden. Das war eine Möglichkeit.
    Wir konnten auf der 93 südlich nach Ely fahren, aber das war es auch schon. Genauso gut hätten wir mitten in ein Stahlnetz hineinfahren können. Eine ganze Herde von Bullen würde uns erwarten, und dann ab ins Staatsgefängnis von Nevada. Auf der 93 nach Norden lag Jackpot, aber das würden wir auch niemals schaffen. Östlich nach Utah zu fahren war hoffnungslos. Wir saßen in der Falle. Sie würden uns verfolgen und einfangen wie Straßenköter.
    Es gab noch andere Möglichkeiten, aber wir konnten uns auf keine einigen. Der Richter hatte seine Prioritäten, ich hatte andere. Ich begriff, dass sich meine Wege und die des Richters bald trennen mussten. Das machte mich nervös. Die Möglichkeiten, die uns sonst noch blieben, waren allesamt höchst riskant. Ich fuhr rechts ran und studierte erneut die Karte. Der Richter schien zu schlafen, aber sicher konnte ich mir nicht sein. Die Magnum hatte er jedenfalls noch auf dem Schoß.
    Der Richter wurde langsam zum Problem. Ihn aus

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