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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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dem Auto zu befördern würde ohne Gewaltanwendung kaum möglich sein. Freiwillig würde er niemals in die dunkle und stürmische Nacht hinausgehen. Die einzige Alternative war, ihn umzubringen, aber das kam nicht infrage, solange er noch den Revolver hatte. Wie ich wusste, reagierte er in kritischen Situationen blitzschnell. Ich konnte ihm die Waffe nicht abnehmen, und ich wollte mich ganz bestimmt nicht mit ihm darüber streiten, wer die Waffe haben
sollte. Wenn ich verlor, würde er mir eine Kugel in die Wirbelsäule verpassen und mich am Straßenrand liegen lassen.
    Ich wurde langsam zu nervös, um ohne chemische Stimulation weiterzumachen. Ich griff unter den Sitz nach meinem Reiserucksack, in dem sich fünf oder sechs LSD-Kapseln befanden. Wie wunderbar, dachte ich. Das ist genau das, was ich brauche. Ich schluckte eine und widmete mich wieder dem Kartenstudium. Da gab es einen Ort namens Deeth, direkt vor uns, und eine sehr dünn eingezeichnete Nebenstraße schien sich aufwärts durch die Berge zu winden und dann entlang eines schroffen Grats Jackpot zu erreichen. Gut, dachte ich, das ist es doch. Wir könnten im Morgengrauen unbemerkt in Jackpot einlaufen.
    In dem Moment bekam ich einen leichten Schlag an den Kopf, denn der Richter schreckte mit einem heiseren Schrei aus dem Schlaf auf und fuchtelte dabei mit den Armen, als müsse er einen Albtraum abschütteln. »Was ist los, verdammt noch mal?«, fragte er. »Wo sind wir jetzt? Die verfolgen uns.« Er stammelte in einer fremden Sprache, die aber schnell in Englisch überging, als er mit seiner Waffe zu zielen versuchte. »Oh Gott!«, schrie er. »Sie sind schon über uns. Los doch, verdammt, fahren Sie schon. Ich bring jeden Schweinehund um, der mir vor Augen kommt.«
    Er erwachte tatsächlich aus einem Albtraum. Ich packte ihn im Nacken und nahm ihn in den Schwitzkasten, bis er schlaff wurde. Dann setzte ich ihn wieder auf und gab ihm eine Kapsel Acid. »Hier, Richter, nehmen Sie«, sagte ich. »Das wird Sie beruhigen.«
    Er schluckte die Kapsel und sagte nichts, als ich auf den Highway fuhr und aufs Gas stieg. Wir hatten bereits hundertfünfzehn drauf, als plötzlich ein grünes Ausfahrtsschild, auf dem DEETH/KEINE TANKSTELLE stand, im Regenschleier vor uns aufragte. Ich schlug scharf nach rechts ein und gab mir alle Mühe, den Wagen auf Kurs zu halten. Aber es hatte keinen Zweck. Ich habe noch den Schreckensschrei im Ohr, den der Richter ausstieß, als wir völlig die Kontrolle verloren, uns um
volle dreihundertsechzig Grad drehten und dann mit fünfundsiebzig oder achtzig Meilen durch einen Zaun brachen und auf einer Weide landeten.
    Aus irgendeinem Grund hatte dieser Unfall auf den Richter eine beruhigende Wirkung. Oder vielleicht lag es auch an dem Acid. Mir war es jedoch gleich, woran es lag, denn ich hatte ihm bei der Gelegenheit die Waffe aus der Hand nehmen können. Er hatte sie mir ohne Widerstand überlassen und schien auch mehr daran interessiert zu sein, die Straßenschilder zu lesen und die Nachrichten im Radio zu hören. Wenn es uns gelang, von hintenrum in Jackpot einzufahren, war ich sicher, dass ich es schaffte, den Wagen innerhalb von dreiunddreißig Minuten in eine von mir gewünschte Farbe umlackieren zu lassen und den Richter in ein Flugzeug zu setzen. Ich kannte dort einen kleinen Privatflugplatz, wo keine überflüssigen Fragen gestellt wurden und man mit Barscheck bezahlen konnte.
    Im Morgengrauen fuhren wir über die Piste und hielten neben einer schäbigen Bürobaracke, die sich mit dem Schild AIR JACKPOT EXPRESS CHARTER COMPANY schmückte. »Das wär’s dann, Richter«, sagte ich und klopfte ihm auf den Rücken. »Hier wird ausgestiegen.« Er schien sich in sein Schicksal zu ergeben, bis ihm die Frau am vorderen Schalter sagte, dass es erst zur Mittagszeit einen Flug nach Elko gab.
    »Wo ist der Pilot?«, verlangte er zu wissen.
    »Der Pilot bin ich«, sagte die Frau, »aber ich kann hier nicht weg, bevor Debbie mich ablöst.«
    »Scheiß drauf!«, brüllte der Richter. »Scheiß auf die Mittagszeit. Ich muss jetzt fliegen, blöde Schlampe!«
    Sein plötzlicher Stimmungsumschwung schien die Frau extrem zu ängstigen, und als der Richter sich vorbeugte und ihr eine kräftige Kopfnuss versetzte, brach sie zusammen und weinte hemmungslos. »Wo das herkam, wartet noch jede Menge mehr davon«, sagte er zu ihr. »Komm jetzt hoch! Ich muss auf der Stelle hier weg.«
    Er zerrte sie hinter ihrem Schalter hervor und schleppte sie zum

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