Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)
Tussis und Schmarotzern … Ich kenne diese Leute. Mehr und mehr von ihnen ziehen in diesen schrecklichen ersten Jahren unseres neuen Jahrhunderts in meine Nachbarschaft …
Es herrscht nie Mangel an Aspiranten für Jobs als Lohn-Polizisten im Roaring Fork Valley. Alle ehrgeizigen jungen Cops hoffen, an Orten wie Palm Beach und Sausalito und Aspen angeheuert zu werden. Sie geiern nach ihren fünfzehn Minuten Ruhm, und ihre Polizeirecherche hat ergeben, dass sie ihn eher in Aspen als an jedem anderen Ort ernten können …
Was für diese Stadt durchaus normal ist. Sie gilt schon seit langem als eine Oase für sybaritische Outlaws und andere Soziopathen, wenn sie nur eine gute Story aufzutischen hatten und ihren Nachbarn nichts antaten – nicht wirklich ein Asyl, aber zumindest doch eine Art retro-legale Grauzone, in der Wörter wie Verbrechen und Schuld für verschiedene Menschen verschiedene Bedeutungen haben, manchmal sogar innerhalb ein und desselben Haushalts.
Küsschen, Küsschen
»He, Süßer, willst du nicht herkommen und nackt mit mir schwimmen?«
»Was war das?«
»Du weißt schon, was ich meine, Baby. Ich möchte auf der Spitze deiner Nadel tanzen. Wie wär’s?
»Mein Gott, du verrücktes Luder! Ich hätte dich schon vor langer Zeit umbringen sollen.«
»Du lügst«, sagte sie. »Komm her und rauch eine Marihuanazigarette mit mir.« Sie ließ ihr dünnes Kleidchen fallen und hob die makellosen Arme über die Schultern. Dann löste sie ihr Haar und schüttelte es nach vorn und warf es hinter sich, sodass es den
Ansatz ihrer Oberschenkel berührte. »Ich bin Xania«, sagte sie, »Göttin des Windes und der Muschi.«
Ich war fassungslos. Es war kaum zu glauben, dass dieses Mädchen erst acht Jahre alt sein sollte. Sie sah mindestens doppelt so alt aus.
»Ich finde dich ungeheuer schön«, sagte ich zu ihr. »Ich muss verrückt sein.«
Sie lachte und tanzte aus meiner Reichweite. Ich hatte an dem Abend sehr viel getrunken, und bei einem Autounfall hatte ich mir kürzlich den Daumen gebrochen. Der Schmerz war tierisch. Er durchzuckte meinen Arm wie ein weiß glühender Blitz von der Lebenslinie auf meiner Handfläche bis hinauf unter meine Achsel, und daher konnte ich das Mädchen nicht berühren und noch nicht mal küssen, ohne dass mich Schmerzen quälten.
Wer war nur dieses wilde kleine Flittchen? Und warum ich ? Mag ja sein, dass ich ein Teenagermädchen bin, das im Körper eines ältlichen Drogenliebhabers steckt … Aber zu einem Perversling macht mich das noch lange nicht. »Keine Sorge«, sagte ich zu ihr. »Ich will ja gar nicht in dich eindringen, meine Liebe – ich möchte nur an deinem Rücken lutschen.«
Sie erschauerte und schien im spärlichen Licht dieser kalifornischen Morgendämmerung zu glitzern …
Heute geht es im Fernsehen um O. J. Simpson. Man möchte, dass die Berichterstattung über seinen Prozess tagsüber im Fernsehen wiederholt wird. Achtundachtzig Prozent der Erwachsenen, die an dieser Befragung teilnahmen, waren ausdrücklich dafür, dass CBS ungekürzte Bänder vom Prozess gegen O. J. Simpson weltweit im Fernsehen sendet.
Achtundachtzig Prozent der Amerikaner befürworten angeblich auch die dauernde Anwesenheit US-amerikanischer Truppen in Afghanistan und die Todesstrafe für alle Ausländer, die
beschuldigt werden, »Terroristen« zu sein. Es handelt sich um patriotische Amerikaner, die gerne töten. Genau wie du auch, Doc. Und? Sie lieben eben ihr Heimatland.
Klar tun sie das, Bubba. Wir werden ja sehen, wie sehr sie ihr gottverdammtes Heimatland lieben, wenn sie eingebuchtet werden, weil sie in der Öffentlichkeit einen Joint geraucht haben – oder sogar in ihren eigenen vier Wänden, wenn Bush seinen Willen durchsetzt. Sie werden sich in Handschellen in einem Bundesgerichtssaal wieder finden, angeklagt wegen Mitschuld an der Tötung eines Richters . Ho ho. Und findest du noch immer, dass da eine schützende Hand über dir schwebt? Wir werden diejenigen töten, die uns fressen, und die fressen, die wir töten. Vorwärts, Soldaten Christi. Mahalo.
Ich dachte über diese Dinge nach und zerbrach mir gleichzeitig den Kopf darüber, welcher schreckliche Gott es wohl zu verantworten hatte, dass ich ohne die geringste Vorwarnung in meinem eigenen Heim diesem nackten Kind leibhaftig gegenüberstand, obwohl ich doch an einem friedlichen Samstagmorgen nichts lieber getan hätte, als mir ein Basketballspiel anzusehen. Es war nicht in
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