Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)
Absichten, und er saß mir während meiner gesamten High-School-Zeit im Nacken. Das war mir lästig und auch peinlich, und es hat mich kriminalisiert, noch bevor ich Marihuana kennen lernte.
Alle möglichen Menschen, die nicht den geringsten Grund hatten, mit dem Jugendgericht in Berührung zu kommen, wurden von diesem Dreckschwein kontaktiert, und darauf gründete ein Gutteil meines schlechten Rufs. Dotson besaß nicht einen Deut Selbstkontrolle, und solche Menschen dürften mit ihrer Neigung zum Machtmissbrauch nicht davonkommen.
Besonders nicht, weil ich kein Verbrechen begangen hatte. Mehr als ein paar Zigaretten hatten wir doch gar nicht gewollt.
Auf der Heimfahrt vom Cherokee Park gingen uns die Zigaretten aus. Ich schlief auf dem Rücksitz, weggetreten oder vielleicht auch nur halb weggetreten, und ich kann mich entsinnen, dass ich nur dachte: Zigaretten, Zigaretten. Zigaretten .
Max und Eric (wie ich sie hier nennen möchte) saßen vorn. Eric fuhr, und ich nehme an, es war Max, der sagte: »Seh’n wir doch mal nach, ob die Typen da welche haben.«
Die Idee hätte auch von mir sein können: Hier im Park von Necker’s Knob parkten die Liebespärchen, knutschten und machten rum. Oder sogar noch mehr. Warum sollten wir sie nicht nach einer Zigarette fragen? Jedenfalls war das die Logik von Max.
Also hielten wir ganz in ihrer Nähe, was durchaus einige von ihnen erschreckt haben mochte. Max stieg aus und ging zu einem Wagen, in dem zwei Pärchen saßen. Er fragte nach Zigaretten, und der Fahrer antwortete: »Wir haben keine.«
Das schien ehrlich und ganz in Ordnung zu sein, aber es fielen noch andere Worte. Der Wagen war zwei Meter entfernt, und Max war ein ziemlich jähzorniger Bursche. Ich weiß noch, dass er auf einmal brüllte: »Also gut, Arschgesicht! Entweder du gibst mir ein paar Zigaretten, oder ich hol dich aus deiner Karre!«
Daraufhin griff er in den Wagen und sagte: »Ich zieh dich raus und schlag dich windelweich. Anschließend nehm ich mir die beiden Tussis vor und vergewaltige sie.« Mehr war da nicht.
Weil Eric hinterm Steuer saß, musste ich aussteigen, um Max einzusammeln. Dabei sagte ich: »Scheiß drauf. Wir brauchen keine Zigaretten.« Was ich meinte war, wir brauchten keine Schlägereien.
Also stiegen wir wieder in den Wagen und fuhren davon. Mehr war da nicht, aber die merkten sich unsere Autonummer und meldeten alles. … es folgte – wie die Cops eben so sind – eine Anzeige wegen Vergewaltigung.
Mag sein, dass Gott dir vergibt, aber ich nicht
Mein Bewährungshelfer wusste, dass es nicht stimmte, und gab das irgendwann viel später in abendlichen Gesprächen mit meiner Mutter auch zu. Diese war inzwischen Leitende Bibliothekarin an der Louisville Public Library und sorgte dafür, dass meine Bücher in ihren Regalen standen. Mein Erfolg war für sie eine freudige Überraschung, aber sie fürchtete, dass er eine deprimierende Wirkung auf meine alte Nemesis Mr. Dotson haben würde. Er schaute oft auf eine Tasse Kaffee bei uns zu Hause vorbei und flehte verzweifelt, sie möge ihm vergeben, dass er ihr so viel Kummer und Sorgen bereitet hatte.
Sie vergab ihm noch rechtzeitig, aber ich tat es nicht. Ich werde in alle Ewigkeit auf sein Andenken spucken. Der letzte der vielen Briefe, die ich von ihm bekam, war im Staatsgefängnis von Kentucky in Eddyville abgestempelt worden. Ich hatte jedoch nicht das geringste Interesse, ihn zu lesen und zu erfahren, ob er dort Insasse war oder nur Wärter. Auf mich warteten andere Lektionen. Meine Unterweisung in die Natur des Strafjustizsystems machte kontinuierliche Fortschritte.
Ich weiß noch, wie Judge Jull vom Jugendgericht zu mir sagte: »Nun, Hunter, Sie haben vier Jahre lang mein Leben zu einem einzigen Albtraum gemacht. Sie sind in diesem Gericht ein- und ausgegangen. Sie haben es verhöhnt. Und jetzt werden Sie bald
meinem Zugriff entzogen sein. Heute bietet sich mir also die letzte Gelegenheit. Und deswegen verdonnere ich Sie zu einer sechzigtägigen Haftstrafe im Bezirksgefängnis.« Er nutzte seine letzte Chance.
Es wurde zu einem absoluten Skandal. Die »Opfer« und ich waren gute Freunde geworden, und sie waren derselben Meinung. Aber das Sagen hatten Mr. Dotson und Judge Jull, wenngleich sie hauptsächlich bewirkten, dass sich eine Menge Sympathisanten um mich scharten. Ich wollte nicht ins Gefängnis, aber damals durfte in Kentucky für Minderjährige keine Kaution gestellt werden.
Der einzige Grund, warum ich schon nach
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