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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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sechzig Meter gehen, weil die Hotels ihre Privatstrände abgeriegelt hatten … und die »öffentlichen« Bereiche waren kaum mehr als steinige Sandstreifen hinter den Hotelparkplätzen, widerwillig und als Zugeständnis an das Gesetz aufrechterhalten, das den Hotels das Recht absprach, der Öffentlichkeit den Zugang zum Ozean zu versperren. Das war damals in Miami ein heikles Thema, weil viele der Hoteleigner bereits so dicht an die Flutmarke gebaut hatten, dass sich ihre Pools und Cabanas auf öffentlichem Grund befanden, und sie sich nichts weniger wünschten als eine gerichtliche Auseinandersetzung um die Grundstücksgrenzen.
    Das Doral zum Beispiel – Hauptquartier sowohl von George McGovern als auch Richard Nixon während jenes miesen »Parteikongress-Sommers« 1972 – war so dicht ans Wasser gebaut worden, dass sich mindestens ein halbes Dutzend seiner Strandcabanas und wahrscheinlich die Hälfte seines so genannten Olympia-Pools auf öffentlichem Grund und Boden befanden. Ein Musterprozess zu dieser Problematik hätte für die Besitzer des Doral unweigerlich eine finanzielle Katastrophe höllischen
Ausmaßes heraufbeschworen, aber den Schlaf raubte es ihnen noch lange nicht. In vier aufeinander folgenden Augustnächten während des damaligen Parteikongresses der Demokraten ließen sie mich in Gewahrsam nehmen, weil ich »außerhalb der Badezeit« im Pool geschwommen war. Gewöhnlich gegen drei oder vier Uhr morgens.
    Nach den ersten beiden Tagen wurde es zum Ritual. Ich erschien im Mondlicht auf der Terrasse, begrüßte den schwarzen Cop vom privaten Sicherheitsdienst mit einem »Hallo«, zog meine Sachen aus und stapelte sie auf einem Plastikstuhl in der Nähe des Sprungbretts. Unser Dialog in der ersten Nacht wurde zum Muster sämtlicher folgender Unterhaltungen.
    »Sie sind nicht befugt, sich hier draußen aufzuhalten«, sagte der Privatbulle. »Dieser Bereich ist nachts geschlossen.«
    »Warum das?«, fragte ich und setzte mich, um mir die Schuhe auszuziehen.
    »Es ist gegen das Gesetz.«
    »Welches Gesetz?«
    »Das, für dessen Einhaltung ich sorgen muss. Wofür man mich bezahlt, verflucht noch mal. Das Gesetz, das nächtliches Schwimmen hier draußen verbietet.«
    »Na ja …«, sagte ich, nahm meine Uhr ab und stopfte sie in einen meiner dreckverkrusteten weißen Basketballschuhe …, »und was passiert, wenn ich trotzdem ins Becken springe und schwimme?«
    »Das haben Sie vor?«
    »Ja«, erwiderte ich. »Tut mir Leid, wenn ich Ihnen dadurch Unannehmlichkeiten bereite, aber es ist unbedingt nötig. Ich bin ein einziges Nervenbündel und kann mich nur entspannen, wenn ich hier rauskomme und ganz allein ein paar Bahnen schwimme.«
    Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Okay, aber dadurch werden Sie das Gesetz brechen.«
    »Möchte ich bezweifeln.«
    »Was?«
    »Wie ich die Sache sehe«, sagte ich, »befinden sich gute sechs Meter der Ozeanseite des Pools auf öffentlichem Grund und Boden.«
    Er zuckte die Achseln. »Darüber werde ich mich mit Ihnen bestimmt nicht streiten. Ich weiß nur eins – das Gesetz besagt, dass Sie draußen nachts nicht schwimmen dürfen.«
    »Schön, ich werde es aber tun«, sagte ich. »Und was passiert dann?«
    Er wandte sich ab. »Ich werde die Cops rufen«, sagte er. »Wenn ich’s nicht tue, wird man mich nämlich feuern. Jedenfalls können Sie einen drauf lassen, dass ich nicht hinter ihnen herspringe.«
    »Sie könnten doch auf mich schießen«, sagte ich und ging an den Rand des Pools. »Mich aus dem Wasser ballern und behaupten, Sie hätten mich für einen Hai gehalten.«
    Er schmunzelte und drehte sich weg, als ich in den Pool sprang … und als ich fünfzehn oder zwanzig Bahnen später den Kopf hob, sah ich zwei Cops, die mich mit ihren Taschenlampen anleuchteten. »Okay, Freundchen«, sagte einer, »Sie kommen da jetzt raus. Sie sind festgenommen.«
    »Weswegen?«
    »Das wissen Sie ganz genau«, sagte der andere. »Gehen wir.«
    Sie nahmen mich mit hinauf in die Lobby zum Nachtportier. Er verzichtete darauf, mich anzuzeigen, als er feststellte, dass ich zahlender Hotelgast war und es inzwischen auf eine Tagesrechnung von fünfundachtzig Dollar brachte. Zudem war ich auch noch als »Pressemitglied« eingetragen. Also wurde die gesamte Angelegenheit ohne böses Blut beigelegt, als ich einwilligte, auf mein Zimmer zu gehen.
    Vierundzwanzig Stunden später zogen wir dieselbe Nummer ab, und desgleichen auch in der dritten & vierten Nacht … aber in der fünften

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