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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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Preiselbeersaft fiel auf die Bodenfliesen. Die Plastikflasche hüpfte und kullerte umher und behinderte dadurch ihren Ansturm. Ich beschimpfte sie: »Blöde Scheißtante, was, zum Teufel, machst du da?« Ich wollte aufstehen, und sie attackierte mich, diesmal wütend, so richtig wütend  – sie hatte sich wehgetan, als sie gegen das Schneidebrett geprallt war.
    Ich erinnerte mich an den »präfrontalen Heber«, meine verlässlichste Methode, einen Streit zu beenden, besonders wenn man tätlich angegriffen wird. Bei dieser Abwehraktion stößt man den Gegner mit den Handballen gegen beide Schultern und schiebt mit einer leichten Hebebewegung nach. Da meine Widersacherin mit hoher Geschwindigkeit auf mich zukam, setzte ich etwas mehr Kraft ein, sodass beträchtliche Bewegungsenergie frei wurde. Gewöhnlich ist die Dynamik des Angreifers sehr hilfreich, und man kann einen präfrontalen Heber eh nur erfolgreich bei demjenigen anwenden, der direkt auf einen losgeht. Ansonsten bleibt dieser Heber sinnlos und wirkt wie schwules Gefuchtel.
    Dieser präfrontale Heber jedenfalls stoppte sie, aber ihre Füße bewegten sich weiter, und so landete sie mit Karacho auf ihrem fetten Hintern und saß schließlich auf dem Fußboden, den Rücken gegen den Kühlschrank gelehnt. Ich war zufrieden. Ich hatte sie seit einer Stunde beschimpft. Alles, was sie tat, war ekelhaft, ihre Fragen waren selten dämlich. »Ich will, dass Sie hier verschwinden«, verlangte ich und verhehlte zu keinem Zeitpunkt, dass ich es ernst meinte. Sie hatte die nervtötende Neigung, mir in die Quere zu kommen und mich zu belästigen. Sie war völlig verblödet, plump und verblödet, und ich wusste nie so genau, ob sie im Auftrag der Polizei unterwegs war oder nicht.
     
     
    Fünf Tage später, ungefähr um zehn Uhr morgens, tauchte mein Nachbar vorm Küchenfenster auf. Er war sehr erregt und machte den Eindruck, eilig herbeigehetzt zu sein. Ich ging hinaus und sagte: »Hi, komm doch rein. Trink ein Bier.« Er antwortete: »Nein, das geht jetzt nicht.« Er habe den Motor seines Wagens nicht ausgemacht. Er wirkte verstört und schien sich vor mir zu fürchten. Er parkte viel weiter entfernt als sonst und hatte den Wagen rückwärts bis fast ins Buschwerk gelenkt.
    »Sie kommen, um dein Haus zu durchsuchen«, sagte er. Ich ging ihm entgegen, und er stammelte: »Diese Drecksäcke sind … sie kommen hier raus … sie kommen mit einem Durchsuchungsbeschluss, um dich zu holen.« Ich konnte mir das nicht zusammenreimen und fragte daher: »Um was für ein Verbrechen geht es? Weswegen kommen die? Wovon redest du überhaupt?«
    Der Nachtmanager, 1985 (Michael Nichols/Magnum Photos)

Nutze die Nacht
    Die Nacht gehört nicht Michelob; die Nacht gehört Hunter Stockton Thompson.
    Curtis Wilkie, The Boston Globe

Der Nachtmanager
    Die Mittagsmaschine aus Denver fliegt heute verspätet ab, weil es wieder mal einen hirnrissigen Stau auf den Startbahnen vom Stapelton International gibt – aber egal. Die Passagiere sind hauptsächlich Geschäftsreisende – gestresst aussehende Männer mittleren Alters, die blaue Hemden mit weißen Kragen tragen und Fotokopien vierteljährlicher Umsatzberichte studieren.
    Auf der anderen Seite des Gangs sitzt ein zerknittert aussehender Wicht mit Schmerbauch. Er sieht aus wie der »Handlungsreisende« Willy Loman, hängt in seinem Sitz wie ein Schluck Wasser und trinkt Diet Coke. Er liest den Finanzteil von USA Today.
    Vor mir sitzen zwei aufgedrehte junge Burschen mit zwei gleichen »Walkman«-Geräten mit eingebauten Mikrofonen, sodass die beiden sich über Kopfhörer miteinander unterhalten können. Sie haben die Armlehne zwischen sich weggeklappt, knutschen schamlos und zicken gelegentlich die Stewardess an, weil sich unsere Ankunft verzögert … Der Flughafen von San Francisco ist wegen eines Unwetters momentan geschlossen, und wir werden in eine lange Warteschleife geleitet, wodurch die beiden einen wichtigen Geschäftstermin versäumen …
    Na und? Geschäftsleute sind wir doch heutzutage alle. Ray Stevens sagte es vor zwanzig Jahren – »Kümmern Sie sich ums Geschäft, Herr Geschäftsmann.«
     
     
    Bei mir klingelte gestern Abend – genauer gesagt gegen Mitternacht  – der Wecker, und jetzt hänge ich quer über zwei Sitzen in der Ersten Klasse des UAL-Flugs #70 von Denver nach San Francisco und bin nervös wie ein Eisbär, der sich im Urwald verirrt hat. Das Geschäft, dessentwegen ich diese Reise mache, hat definitiv

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