Königreich der süßen Versuchung
habe gestern Abend jemandem am Telefon davon erzählt.“
„Wem denn?“, wollte sie wissen, obwohl sie mit dem Namen wahrscheinlich sowieso nichts anfangen konnte.
„Maxi Rivenshnell. Sie … sie ist … eine Freundin der Familie.“
Andi zog die Brauen zusammen. Irgendwie rief der Name eine böse Vorahnung in ihr hervor. Aber vielleicht lag das auch nur daran, dass Jake ihn so verächtlich ausgesprochen hatte. „Vielleicht erzählt sie ja keinem davon.“
„Im Gegenteil. Ich fürchte, sie erzählt jedem davon, ganz egal, ob er es wissen will oder nicht.“ Er wandte sich ab und ging im Raum hin und her. Dann drehte er sich wieder zu Andi um und nahm sie bei den Händen. „Sei’s drum. Das Wichtigste ist jetzt erst mal dein Verlobungsring. Den will ich heute kaufen, und du sollst ihn dir aussuchen. Warte, ich hole dir deine Schuhe.“
Für die Limousine des Königs war im Zentrum von Ruthenia immer ein Platz reserviert. Jake konnte sich frei und ohne Leibwächter bewegen, und er brauchte auch keinen Chauffeur. Er stieg aus und wollte Andi helfen, aber sie schlug bereits die Beifahrertür zu, als er um die Kühlerhaube herumgekommen war. Mit großem Appetit hatte sie in seiner Suite ihr Frühstück verzehrt – Obst und Gebäck. Glücklicherweise wusste er, was sie gern aß. An diesem Morgen wirkte sie relativ gefasst, was ihn erleichterte, auch wenn sie sich nach wie vor nicht zurechtfinden konnte.
Dass sie sich sträubte, die Verlobung jetzt schon bekannt zu geben, passte nicht ganz in seinen Plan. Denn er wollte all den Frauen, die hinter ihm her waren, möglichst bald klarmachen, dass sie sich keine Hoffnungen mehr zu machen brauchten. Andererseits war er davon überzeugt, dass Maxi die Nachricht schneller verbreiten würde als ein Lauffeuer. In diesem Fall konnte ihm das nur recht sein.
Gemeinsam überquerten sie den Marktplatz. Die Steinfassaden der alten Häuser und der mit Schiefer verkleidete Kirchturm glänzten in der Morgensonne. Auf dem Rand des großen Brunnens saßen ein paar kleine Mädchen und plauderten, während ihre Hunde miteinander spielten.
„Das ist die Stadt“, sagte Andi leise.
„Kommt sie dir bekannt vor?“
„Irgendwie schon. Allerdings ist mir so, als habe ich sie eher im Traum gesehen als im wirklichen Leben. Sehr hübsch.“
„Ja, finde ich auch. Vor drei Jahren waren wir zum ersten Mal hier.“
Überrascht sah sie ihn an. „Dann bist du nicht hier aufgewachsen?“
„Nein, ich bin genau wie du in den USA groß geworden. Erst als das kommunistische Regime zusammenbrach und der Ruf nach der Monarchie immer lauter wurde, habe ich mir überlegt, nach Ruthenia zurückzukehren. Anfangs habe ich die Leute für verrückt erklärt, aber dann wurde mir klar, dass ich wahrscheinlich etwas für das Land tun konnte.“ Er warf einen Blick auf Andi, die ihm atemlos zugehört hatte. „Aber ohne dich hätte ich das nie geschafft.“ Und das war nicht übertrieben. Denn dank Andis Einsatzbereitschaft und unbeirrter Zuversicht hatte er fast alles erreichen können, was er sich vorgenommen hatte. Es war undenkbar, ohne sie zurechtzukommen.
„Wie war ich denn als deine Assistentin? Gut?“ Beinahe ängstlich sah sie ihn an. „Ich kann mich an nichts mehr erinnern.“
Gerührt und beruhigend lächelte er sie an. „Du warst fantastisch. Du warst mehr als meine Assistentin. Einfach unverzichtbar.“
„Gott sei Dank! Ich hoffe, dass du als mein Ehemann genauso empfinden wirst.“
„Ganz bestimmt.“ Aber was wird sie von mir denken, wenn sie das Gedächtnis wiedererlangt und ihr klar wird, dass wir nie etwas miteinander hatten?
Schließlich liebte sie ihn nicht wirklich. Würde sie die sogenannte Verlobung lösen? Sicher nicht, denn ihr war klar, dass diese Eheschließung durchaus im Interesse des ruthenischen Volkes lag.
Und ihr Kuss … war ziemlich temperamentvoll gewesen. Wenn er ehrlich war, hatte er so etwas trotz seiner langjährigen Erfahrung noch nie erlebt. Vielleicht hatte das aber auch damit zu tun, dass der ganzen Sache das erregende Element des Verbotenen anhaftete. Noch nie war ihm auch nur im Traum eingefallen, seine Assistentin zu küssen. Und auch jetzt hatte er irgendwie ein schlechtes Gewissen. Denn schließlich hatte er ihre Situation ausgenutzt und ihr vorgeschwindelt, sie seien ein Paar. Aber wenn sie erst seinen Ring am Finger trug, waren sie offiziell verlobt, und alles war ausgestanden.
Bis ihre Erinnerung zurückkehren würde.
„Der Juwelier
Weitere Kostenlose Bücher